Weddingplanerin mit Herz (German Edition)
Linse.
»Fotografieren ist bei uns nicht gestattet!«
Liane, Isabelle und ich verharren mitten in der Bewegung wie eingefroren und glotzen die Verkäuferin geplättet an. Liane fängt sich als Erste: »Wieso?«
»Unsere Modelle sind einzigartig und dabei würden wir es gerne belassen!«
Zuerst verstehe ich kein Wort. Gehört die einem afrikanischen Aberglauben an, der behauptet, Fotoapparate könnten die Seele der fotografierten Person rauben? Liane und ich wechseln einen Blick und zucken mit den Schultern. Nur Isabelle ist mal wieder schlauer. »Sie glauben ernsthaft, wir wollen Ihre Entwürfe stehlen?«
»Wäre nicht das erste Mal«, verkündet die Verkäuferin.
»Und dann?«, höhnt Isabelle. »Ein Fax an die Textilfabrik nach Bangladesch und ausgebeutete Kinderhände nähen das Kleid für uns zum Spottpreis nach? Ist es das, was Sie uns unterstellen wollen?«
Die Ausbeutung der Entwicklungsländer durch die Industrienationen ist eines von Isabelles Lieblingsthemen, gleich nach ökologischer Nachhaltigkeit undTierschutz. Meistens bewundere ich sie für ihr Engagement, aber hier und jetzt kippt sie damit Öl ins Feuer.
»Ich will Ihnen gar nichts unterstellen«, giftet die Verkäuferin. »Ich befolge nur meine Anweisungen.«
»Ist ja gut, dann schießen wir eben kein Foto«, rufe ich dazwischen, bevor Isabelle noch heftiger auf die Frau losgeht. »Können wir das Kleid wenigstens zurücklegen lassen?«
»Selbstverständlich, gegen eine Anzahlung von fünfzig Euro«, erklärt die Verkäuferin.
»Ich muss mich wohl verhört haben, sagten Sie Anzahlung!? « Diesmal ist es Liane, die kurz vorm Explodieren ist.
»Wie gesagt, unsere Kleider sind Einzelstücke, wir können sie nicht für andere Kundinnen blockieren, solange wir nicht sicher sind, dass sie gekauft werden.«
In mir macht sich eine ganz vage Verlustangst breit. Allen Unverschämtheiten der Verkäuferin zum Trotz, die es nicht verdient hat, ein Geschäft zu machen, hänge ich an meinem Traumkleid. Ich will nicht, dass eine andere kommt und es mir wegkauft.
»Dann kommen wir eben gleich morgen wieder!«, verkünde ich.
»Das ist nicht dein Ernst?«, raunt Isabelle mir zu.
Bevor ich meiner Freundin antworten und erklären kann, fällt der Verkäuferin eine weitere gemeine Hürde ein.
»Ich reserviere gerne einen weiteren Termin für Sie, muss aber darauf hinweisen, dass eine Beratungsgebührvon fünfzig Euro fällig wird, falls Sie sich auch bei einem zweiten Termin nicht zum Kauf eines Kleides entschließen können.«
Drei offene Münder und Minuten des Schweigens sind ihre Belohnung für diese Forderung. Die vage Angst verwandelt sich in handfeste Panik. Sie gönnt mir mein Kleid nicht!
»Das verlangen Sie nur von uns, weil Sie uns nicht für voll nehmen!«, bricht es aus mir heraus. »Wir werden uns beschweren!«
»Soll ich den Chef holen, damit er Ihnen unsere Geschäftspraxis, die in jedem Brautladen üblich ist, bestätigt?«
Inzwischen bemüht sie sich nicht einmal mehr um den Anschein von Höflichkeit, sondern stöckelt tatsächlich zu einer Tür im Hintergrund.
»Gibt es hier ’ne versteckte Kamera, oder was?«, meint Isabelle.
»Lasst uns gehen, ich habe genug!«, schlägt Liane vor.
»Nicht ohne mein Kleid!«, sage ich.
»Welche Gehirnwäsche hat dich denn erwischt? Was willst du mit dem Kleid?«, fragt Isabelle.
»Es ist das schönste Kleid des Universums!«, erkläre ich im Brustton der Überzeugung. »Wir können es nicht in diesem Laden lassen!«
»Aber wir wissen nicht einmal, ob es deiner Schwester gefällt«, gibt Liane zu bedenken.
»Was hat meine Schwes…?«
Ach du Schande, stimmt – das Kleid ist ja gar nicht für mich. Die Enttäuschung erwischt mich wie ein kalter Wasserschwall von hinten. Ich werfe meinem Spiegelbild einen wehmütigen Blick zu. Total albern, aber ich habe mich tatsächlich in ein Kleid verliebt und darüber vergessen, dass ich nur eine Auftragskäuferin bin! Verlegen räuspere ich mich.
»Ihr habt recht, den Ärger ist es nicht mehr wert. Kann mir jemand den Reißverschluss aufmachen?«
Aber Isabelle ruft: »Kommt nicht infrage. Das können wir uns nicht einfach gefallen lassen! Die Verkäuferin zwingen wir samt ihrem feinen Boss in die Knie!«
Liane schüttelt heftig den Kopf. »Soso, Jeanne d’Arc, und mit welchem Schwert willst du sie bitte schön bezwingen?«
»Wie wäre es mit …«, ruft Isabelle, wühlt in ihrer Tasche und fängt an zu glucksen, »… den Waffen einer
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