Weg da das ist mein Fettnapfchen
Schokolade im Bett«, protestierte ich und konnte nur staunen, wie er so etwas von mir denken konnte.
»Aber du tust es«, beharrte er und lachte. »Sieh dir mal mein Kopfkissen an. Überall sind Flecken von geschmolzener Schokolade, die dir bei einer deiner Valium-Schoko-Sessions aus dem Mund getropft ist. Ich bitte dich ja nur darum, deine Schokolade unten zu essen und nicht hier im Bett.«
Ich warf einen Blick auf sein Kopfkissen, und siehe da – auf der einen Seite prangten tatsächlich sternförmige braune Flecke, die verdächtig nach Schokolade aussahen.
»Aber das war ich nicht«, verteidigte ich mich. »Ich habe nichts damit zu tun.«
»Tja, ich wüsste nicht, wer es sonst gewesen sein könnte«, gab er zurück und schaltete das Licht ab.
Ich auch nicht, dachte ich. Ich aß tatsächlich keine Schokolade im Bett. Zumindest nicht wissentlich. Das war doch lächerlich. Müsste ich mich etwa nicht daran erinnern, wenn ich Schokolade im Bett verputzen würde, selbst wenn Val-Laurie an diesem nächtlichen Schoko-Schlachtfest beteiligt gewesen wäre? In diesem Fall würde es doch Beweise geben. Val-Laurie ist ein Schwein und lässt überall die Papierchen und Verpackungen herumliegen. Oder angebissene Stücke. Die Schokolade würde noch in meinem Haar kleben. Völlig ausgeschlossen, sinnierte ich, denn wenn es stimmen würde, wäre es zu traurig, um wahr zu sein. Man sollte sich grundsätzlich daran erinnern, wenn man Schokolade gegessen hat.
Am nächsten Morgen durchkämmte ich also das Haus auf der Suche nach Hershey’s-Papierchen oder Vergleichbarem, auf das Val-Laurie sich gestürzt haben könnte. Schlagartig fiel mir wieder ein, dass ich einen Riegel dunkle Schokolade im Gewürzschrank gebunkert hatte, den ich für einen Kuchenguss verwenden wollte. Von schwersten Gewissensbissen geplagt, ich könnte tatsächlich der Schokobandit sein, machte ich mich auf die Suche. Aber da lag er, jungfräulich und unberührt, in dem Gitter in der Schranktür.
Ich fand absolut nichts. Und wenn ich nichts fand, bedeutete das, dass sie auch nichts gegessen hatte.
Als ich am übernächsten Abend zu Bett ging, packte mein Ehemann sein Kissen und unterzog es einer eingehenden Musterung.
Dann sah er mich mit geschürzten Lippen an.
»Du magst das ja witzig finden«, sagte er. »Aber ich habe dich darum gebeten, keine Schokolade mehr im Bett zu essen. Wie es aussieht, nimmst du das Ganze allerdings nicht ernst. Auf meinem Kissen sind jetzt noch mehr Schokosterne.«
Ich hob die Hände und zuckte die Achseln.
»Ich habe keine Ahnung«, erklärte ich wahrheitsgetreu. »Außer Schokoguss ist nichts im Haus, und der ist unberührt. Ich habe gestern Morgen alles abgesucht, aber nichts gefunden. Ich weiß nicht, was du von mir hören willst. Ich kann dir nur versichern, dass ich es nicht war.«
»Sehr witzig. Ich hoffe, du lachst dich kaputt darüber«, schnauzte er, drehte sich um, rammte sich das Schokosternkissen unter den Kopf und löschte das Licht.
Egal, dachte ich. Ich wusste nicht, was ich sonst dazu sagen sollte. Oder was ich seiner Meinung nach tun sollte. Etwas zugeben, was ich gar nicht getan hatte, nur um meinen Mann glauben zu lassen, ich würde ihn nicht verarschen? Niemals, außerdem war dies nicht die erste Gelegenheit, bei der er etwas himmelschreiend fehleinschätzte.
Als Junge war es seine Aufgabe gewesen, den Müll rauszubringen, und da er damals erst sieben Jahre alt war, quoll der Abfalleimer unweigerlich das eine oder andere Mal beinahe über. Als seine Mutter ihn bat, endlich seinen Haushaltspflichten nachzukommen, gehorchte er, allerdings fiel auf dem Weg zur Mülltonne logischerweise die Hälfte heraus, weil der Eimer viel zu voll war. Bei einem dieser unerfreulichen Märsche zur Mülltonne entdeckte mein Mann, dass Abfallhinausbringen zwar eine unvermeidliche Last war, der er sich nun mal nicht entziehen konnte, der Müll selbst jedoch ein wahrer Schatz für seinen jugendlichen Entdeckergeist darstellte und massenhaft Anregungen für allerlei Spielzeug bot. Es gab Papprollen und Alubällchen, aus denen sich allerhand basteln ließ, und winzige weiße Teleskope. Massenhaft. So viele, dass er keine Ahnung hatte, wie ihm diese wunderbaren Dinger bislang hatten entgehen können. Offenbar stammten sie aus seinem eigenen Haus, und irgendwer warf diese genialen kleinen weißen Teleskope einfach weg. Mit was für Idioten lebte er eigentlich unter einem Dach? Wieso hatte man sie ihm vorenthalten? In
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