Weg da das ist mein Fettnapfchen
Klecks Butter fällte. Mehr nicht. Und nur der Vollständigkeit halber: Meine Mutter hätte angesichts meiner Ankündigung als Dreijährige, fortan ein Leben als Veganerin zu führen, garantiert bloß den Kopf geschüttelt und gesagt: »Tja, in diesem Fall solltest du dir lieber gleich eine neue Familie suchen, wenn du nicht ständig mit knurrendem Magen am Tisch sitzen willst, mein Fräulein, weil ich jetzt nämlich ein hübsches Stück Tier in die Pfanne werfen werde.«
Meine Nachbarin, die Gastgeberin an diesem Tag, und ihre Tochter, die den Vorfall mitbekommen hatten, kamen sofort herüber und schnappten sich einen Cupcake, wofür ich sie für den Rest meines Lebens lieben werde. Aber als ich eine Weile später wieder aufbrach, lagen immer noch schätzungsweise fünfundzwanzig Cupcakes auf dem Tablett – abgelehnt und ausgemustert wie kleine Mädchen, deren Oberschenkel aneinanderklatschen, die beim Softball grundsätzlich als Letzte in die Mannschaft gewählt werden und dann kaum eine Runde rennen können, ohne gleich zu jammern, sie müssten zur Schulkrankenschwester.
Meine Cupcakes sind definitiv »die einzig wahren«. Das lasse ich mir nicht nehmen. Ich finde Cupcakes ohne Eier und Butter eine echte Unart. Und als ich später in diesem Sommer wieder zu einer Party eingeladen wurde, brachte ich die Servietten mit. Bestimmt wundert es Sie kein bisschen, wenn ich Ihnen erzähle, dass jemand anderes Cupcakes gebacken hatte – wahrscheinlich aus glutenfreiem Mehl und mit Vollkorntopping. Ich habe einen gegessen, aus Rache und weil ich höflich sein wollte, und ich kann Ihnen versichern, dass er definitiv nicht lecker genug war, um deswegen das Lager zu wechseln. Denn aller Wahrscheinlichkeit nach trage ich eher eine Burka, als dass ich je zögern würde, mir eine anständige Portion Speck in den Mund zu befördern. Wenn Sie aber geglaubt haben, das Cupcake-Desaster sei ein typisches Eugene-Erlebnis, kann ich Ihnen eines garantieren: Das ist nichts im Vergleich zu dem, was ich Ihnen gleich erzählen werde.
Es war ein wunderschöner Abend. Eine Reihe Akademiker und Doktoranden nebst Ehefrauen, Lebensgefährten und Partnern (keine Gattung soll hier unerwähnt bleiben) hatten sich zusammengefunden, die Sonne ging unter, und die Leute unterhielten sich angeregt, als ich aufsah und beobachtete, wie eine junge Frau den Träger ihres Tops über die Schulter streifte, den Arm hindurchzog und ihre Brust entblößte. Einfach so. Brust. Nackt. Sie flutschte heraus wie ein Fisch und baumelte sich ungehindert ein, während sich die junge Frau scheinbar ungerührt weiter unterhielt. Und dort blieb sie, den Elementen ausgesetzt und jedem zugänglich, der sich mal die Hände daran abwischen wollte.
Ich hatte keine Ahnung, wo das dazugehörige Baby war. Jedenfalls nicht in ihrer Nähe, so viel stand fest. Und ich wusste auch nicht, ob jemals eines in Erscheinung treten würde. Jedenfalls war weit und breit keines zu sehen gewesen, als sie angefangen hatte, sich zu entblößen. Vielleicht hat das Baby ja einen eingepflanzten GPS -Peilsender, und das hier waren lediglich die notwendigen Vorbereitungsarbeiten. Aber ich hätte es für rücksichtsvoller gehalten, wenn sie das Baby zumindest in Sichtweite gehabt hätte, bevor sie mich dem Anblick ihrer nackten Brust aussetzte. Jedenfalls hing die Brust da. Sie hing da, und dann noch eine Weile länger. Ich muss zugeben, sie verhielt sich sogar recht ruhig während der zehn Minuten, die ich sie im Blickfeld haben musste, da ich mich gerade mit jemandem unterhielt, bis ich mich endlich abwenden konnte.
Offen gestanden wusste ich nicht, wie ich darauf reagieren sollte, also tat ich nichts. Stattdessen versuchte ich, den Gesprächen zu folgen, obwohl mein Blick alle paar Sekunden zu der freihängenden Brust wanderte, um zu sehen, ob sie endlich zum Rückzug geblasen hatte. Fehlanzeige. Ich dachte schon, ich bilde mir das nur ein, nach dem Motto »Ich glaube, ich habe zu viel Salz auf den Kartoffelsalat gegeben, und jetzt habe ich einen Schlaganfall mit grauenhaften Halluzinationen von nackten Hippiebrüsten« oder so, ehe ich zu der Überzeugung gelangte, dass ich meine Tabletten verwechselt haben musste und offenbar ein Mittel gegen Angstzustände anstelle von etwas gegen Völlegefühl geschluckt hatte.
Und ich kann es mir nicht verkneifen, aber wenn das eigene Baby noch nicht einmal in der Nähe ist und man keine Lust hat, sich ein Tuch umzuhängen, dann sollte man die Brust bitte
Weitere Kostenlose Bücher