Weg da das ist mein Fettnapfchen
mit mir, dachte ich voller Hoffnung und wertete diesen Eingriff der Natur in letzter Sekunde als vielversprechendes Zeichen.
Eines Tages kam ich in den Supermarkt, um einzukaufen, als mir auffiel, dass neben dem Kaffeeautomaten am Eingang ein Tisch aufgebaut war, an dem jemand Gratisproben in kleinen Bechern verteilte. Allerdings ging das Ganze nicht so reibungslos über die Bühne, wie es sollte. Wann immer das Mädchen einen Becher gefüllt hatte, trat ein bärtiger alter Hippie, der sich strategisch günstig zwischen dem Joghurtregal und dem Kaffeeautomaten postiert hatte, vor, riss ihr den Becher aus der Hand und kippte den Inhalt wie einen Tequila hinunter, bevor irgendjemand Gelegenheit hatte, auch nur in seine Nähe zu kommen.
Fassungslos verfolgte ich, wie er sich sieben Stück nacheinander einverleibte, wobei er einige davon den Kunden förmlich aus den Händen riss, gerade als ihre Fingerspitzen den Becher berührten. Ich konnte mich über so viel Frechheit nur wundern, das musste ich zugeben, das Ganze lief jedoch definitiv aus dem Ruder. Aber das ist typisch Eugene: Gratisproben sind hier nichts anderes als die Einladung, sich einen Nachmittag lang ungeniert verköstigen zu lassen. Ich bin der festen Überzeugung, dass Eugene seine Gründung dem Tag verdankt, als jemand mit bösen Absichten eine Schüssel Dinkelcracker mit einem Schild, auf dem »gratis« stand, im Wald aufstellte und die Hippies sich wie die Ameisen darauf stürzten und dablieben. Sie lungerten herum, trommelten um die Wette und hängten ihre Titten ins Freie, während sie auf die nächste Gratisrunde warteten. Ich habe durchaus miterlebt, wie sich an einem Stand auf dem Bauernmarkt eine Schlange von fünfundzwanzig Leuten bildete, weil es eine einzige Gratishimbeere zum Probieren gab. EINE EINZIGE HIMBEERE ! Ich meine, wir reden hier von einer einzelnen kostenlosen Himbeere. Für zwei Mäuse kriegt man ein ganzes Körbchen davon, und in dieser Schlange steht kein Mensch.
Beim Anblick des gierigen Schluckspechts spürte ich die blanke Wut in mir aufsteigen. Als ich sah, wie das Mädchen sich an die Zubereitung der nächsten Gratisprobe machte, ließ ich meinen Einkaufswagen stehen, marschierte zu dem Tisch hinüber und riss ihm den Becher förmlich aus der Hand. »Das hast du nun davon«, lautete die Botschaft, und ich glaube, mein boshaftes Grinsen ließ keinen Zweifel daran, als ich mit meiner Beute in der Hand den Rückzug antrat. Allerdings wurde meine Schadenfreude jäh zunichtegemacht, als ich begriff, was ich da in der Hand hielt – Pfirsichsalsa und einen Tortillachip. Kein Wunder, dass die das Zeug verschenkten. Es sah absolut ekelhaft aus. Aber nur für den Fall, dass der Hippie mir zuschaute, nahm ich den Chip, tauchte ihn tief in die Salsa und schob ihn mir in den Mund. Schon beim ersten Bissen schoss mir ein entsetzlicher Schmerz durch die linke Gesichtshälfte.
Eine Woche später saß ich auf dem Zahnarztstuhl, während mein Zahnarzt kopfschüttelnd die Röntgenaufnahme betrachtete.
»Eigentlich wollten Sie die Salsa noch nicht mal, haben sie aber trotzdem gegessen?«, fragte er lachend.
»Der Kerl war absolut unverschämt«, erklärte ich. »Und deshalb wollte ich ihm eine Lektion erteilen.«
»Und wie sollte die Lektion lauten?«, fragte er, noch immer lachend.
»Wie sang John Lennon so schön? Instant Karma is going to get you . Das Schicksal holt dich unweigerlich ein.«
»O ja, das tut es«, gab er zurück. »Bei mir gibt’s nämlich keine Gratisproben.«
Wo tut’s denn weh?
Ich saß im Wartezimmer beim Arzt und warf meinem Mann einen finsteren Blick zu. Während ich an der Rezeption die Versicherungsformulare ausgefüllt hatte, war er vorgegangen, um sich einen Platz zu suchen. Das Wartezimmer war praktisch leer, aber er hatte sich ausgerechnet gegenüber von einer Frau hinsetzen müssen, die, kaum hatte ich Platz genommen, von einem Hustenanfall heimgesucht wurde, der eher wie ein Maschinengewehrfeuer unter einer dicken Schicht Wackelpudding klang als etwas, das aus der Kehle eines Säugetiers dringen sollte.
Ehe ich etwas à la »Wir müssen uns einen Schutzwall aus Legosteinen und Zeitschriften bauen« sagen konnte, kam ein – wohlgemerkt erwachsener – Mann im Schlafanzug herein, während aus einer nahe gelegenen Toilette die unmissverständlichen Würgelaute eines anderen Patienten drangen.
Bevor mich die Sprechstundenhilfe aufrief, fuhr jetzt schon der dritte Mann innerhalb von zehn Minuten mit
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