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Weg da das ist mein Fettnapfchen

Weg da das ist mein Fettnapfchen

Titel: Weg da das ist mein Fettnapfchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Notaro Laurie
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hat es einen aufgestickten Leuchtturm? Oder kriegst du eine Joan-Rivers-Hüfte? Bitte sag mir, dass deine Hüfte aus der Joan-Rivers-Kollektion stammt!«
    »Ich lasse die andere Seite machen«, informierte sie mich knapp.
    Ich konnte mich nur allzu deutlich an ihre erste Hüftoperation im letzten Jahr erinnern. Bereits Wochen vor dem Eingriff fing sie an, sich ihr Genesungs-(sprich, mit Schmerzmitteln gepolstertes)-nest einzurichten. Sie übersiedelte ins ehemalige Zimmer meiner Schwester, das sie mit einem Fernseher, einem Klapptisch und einem Liegestuhl bestückte, den sie laut meinem Vater als »Besucherstuhl« bezeichnete, worauf er bemerkte: »Oh, aber klar. Die Warteschlange reicht schon um den ganzen Block.« Im Grunde hatte sich meine Mutter ihr eigenes Apartment für betreutes Wohnen innerhalb ihrer eigenen vier Wände eingerichtet. Im Krankenhaus gaben sie ihr einen Greifstock namens Gripper, eine Art Enterhaken an einem Stock mit einem Griff am Ende, den sie zusammendrücken und damit die Klaue öffnen und schließen konnte.
    »Kriegst du dann auch wieder einen Gripper?«, fragte ich. »Wenn die Haut an deiner Hüfte zusammengewach sen ist, kannst du ihn ja vielleicht für einen Job als Wander arbeiterin beim Walfang oder bei der Obsternte benutzen, sobald deine Verwandlung in Bionic Woman abgeschlossen ist.«
    »Ich finde das absolut nicht witzig«, meinte meine Mutter. »Ich hasse ja schon diesen Scheißzitronenbaum im Garten. Wer zum Teufel braucht denn so viele Zitronen? Wieso kann er nicht ein oder zwei pro Woche abwerfen? Mehr brauche ich ja gar nicht. Ich sollte aufhören, ihn zu gießen.«
    »Und stellst du auch wieder den Besucherstuhl in deinem Apartment auf?«, bohrte ich weiter. »Mir ist aufgefallen, dass du ihn im Badezimmer vors Waschbecken gestellt hast. Das habe ich nur gemerkt, weil ich plötzlich Anlauf nehmen oder Stabhochsprung machen müsste, wenn ich auf die Toilette wollte.«
    »Es dauert immer so lange, wenn ich mir die Haare trocken föhnen will«, erklärte meine Mutter unbeirrt. Bei jemandem, der auf die Frage, welchen Gegenstand er mitnehmen würde, wenn das Haus in Flammen stünde, den Schwerbehindertenausweis oder das Valium-Fläschchen angeben würde, muss man sich nicht wundern, wenn er einen Stuhl im Badezimmer stehen hat. »Meine Hüfte fängt an wehzutun, wenn ich so lange stehe.«
    »Vielleicht solltest du dir ja auch mal wieder dieses Sun-In-Zeug in die Haare sprühen«, riet ich. »Das reduziert den Pflegeaufwand enorm.«
    »Wieso speichert dieser Mann wichtige Mails eigentlich im Papierkorb?«, fragte meine Mutter unvermittelt und hob die Hände. »Das ist ja so, als würde man seine Kontoauszüge in der Kloschüssel aufbewahren. Hab ich recht, oder was? Hab ich nicht recht?«
    Ich zuckte die Achseln, wohl wissend, dass ich dieses heiße Eisen lieber nicht anfassen sollte, und lenkte das Gespräch stattdessen auf das einzige Thema, bei dem meine Mutter und ich uns grundsätzlich einig sind: ihre Enkel. Meine Neffen.
    »Ich fasse es nicht, wie groß Nick inzwischen ist«, sagte ich. Mein Neffe war seit Weihnachten, als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, mindestens zwölf Zentimeter gewachsen. »Was habt ihr mit ihm angestellt? Hast du ihn eine Runde auf deiner Zeitreise-Toilette drehen lassen? Wir sollten ihn in ein Terrarium stecken, damit er nur so groß werden kann, bis er gegen den Glasdeckel stößt. Erinnerst du dich noch an seine winzigen Babyzähnchen? Ich will diese Babyzähnchen wiederhaben. Du solltest ihn lieber zurückschicken, bevor ihm ein Bart wächst und wir beschließen, dass wir doch lieber den kleinen Babyzahn-Nick behalten wollen.«
    »Oh, du solltest erst mal die Haare an seinen Beinen sehen«, sagte sie, senkte die Stimme zu einem Flüstern und deutete mit angewiderter Miene auf die Stelle, an der sie üblicherweise ihr Deo aufträgt. »Er hat sogar an … anderen Stellen bereits Haare. In den Achselhöhlen. Ich versuche ihn schon die ganze Zeit zu überreden, sie abzurasieren.«
    »Mom, willst du eine Dragqueen aus ihm machen?«, rief ich. Allein bei der Vorstellung, dass er auf die Idee gekommen sein könnte, andere Jungs aus seiner Klasse zu fragen, ob ihre Großmütter ihnen auch beim Rasieren der Achselhöhlen halfen und ihnen sogar rosa Einwegrasierer kauften, die er dann nach dem Sport aus der Tasche zog, weil Oma ja gesagt hatte, das sei ganz normal, wurde mir ganz anders. »O mein Gott, du musst sofort damit aufhören. Das passiert

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