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Weg da das ist mein Fettnapfchen

Weg da das ist mein Fettnapfchen

Titel: Weg da das ist mein Fettnapfchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Notaro Laurie
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nun mal, wenn wir erwachsen werden. Wir sind Tiere, Mom, und Säugetiere kriegen nun mal Haare. Was hast du denn gedacht?«
    Hätte meine Mutter Hinterbeine gehabt, hätte sie sich jetzt aufgerichtet und mir ihren Vorderhuf ins Gesicht geknallt.
    »Ich«, erklärte sie und richtete den Finger auf mich, »bin kein Tier. Du bist ein Tier! Ich lese die Bibel. Und deshalb bin ich kein Tier!«
    Sie schob so abrupt ihren Stuhl zurück, dass schwarze Schleifspuren auf den Fliesen zurückblieben, und sprang auf.
    »Übrigens«, sagte sie und warf mir einen letzten Blick zu, »ist dein T-Shirt zu eng. Du siehst aus wie dieser beschissene Pu der Bär.«
    Ich sah an mir hinunter. Zugegeben – sie hatte recht, und es hatte meine Mutter garantiert gewaltige Überwindung gekostet, sich diese Bemerkung bis jetzt zu verkneifen.
    Ich saß einen Moment lang am Tisch und genoss die Stille, ehe ich aufstand, um meine Kaffeetasse auszuspülen.
    Aber all diese Kabbeleien waren nichts im Vergleich zu dem, was ich ein paar Tage später entdecken sollte, als ich das Haus meiner Eltern betrat, nachdem ich meinen Mietwagen auf der polizistenfreien Straße in der verkehrten Richtung abgestellt hatte. Ich habe keine Ahnung, wie meinen Eltern entgehen konnte, dass ich zurück war – ich musste die Haustür aufschließen, was logischerweise nicht gänzlich ohne Lärm über die Bühne ging. Ich machte ein Heidengetöse! Aber als ich um die Ecke kam, sah ich meine Mutter auf dem Sofa sitzen. Sie hatte ein Bein ausgestreckt, während mein Vater mit ihrem Schuh in der Hand auf dem Boden kniete. Da waren sie also, meine Eltern – die, soweit ich es mitbekommen hatte, nicht mal Blickkontakt hielten, geschweige denn sich in irgendeiner Form berührten –, und mein Vater streifte einen Schuh über ihren Fuß? Was lief denn hier? Sie sahen in derselben Sekunde auf. Beiden standen die Scham und das Entsetzen ins Gesicht geschrieben, und ich bin sicher, meine Miene verriet exakt dasselbe.
    Keiner sagte ein Wort. Die Stille lag bleiern im Raum.
    Ich bin so froh, dass das nicht passiert ist, als ich sechs war, dachte ich, machte auf dem Absatz kehrt und floh die Treppe hinauf. Ich blieb erst stehen, als die Tür des Gästezimmers hinter mir ins Schloss fiel.
    »… und er hat ihr den Schuh angezogen! Sie haben sich beide umgedreht und mich angestarrt. Ihre Augen. Ihre Augen! «, winselte ich ins Telefon.
    »O mein Gott«, flüsterte meine Schwester entsetzt. »Du solltest herkommen und bei uns bleiben.«
    »Sie saß auf der Couch«, sagte ich. »Und hatte ein Bein ausgestreckt. Das mit der schlimmen Hüfte.«
    » SEI STILL !«, zischte meine Schwester. » SEI STILL, SEI STILL, SEI STILL !«
    »Wie soll ich jemals wieder runtergehen?«, fragte ich. »Wie soll ich ihnen gegenübertreten, nach allem, was ich gesehen habe?«
    »Bleib oben!«, befahl meine Schwester. »Bleib in diesem Zimmer. Hast du genug zu essen, um bis morgen früh zu überleben?«
    »Oh«, rief ich und spürte, wie mich die Panik zu übermannen drohte. »Ich habe ein Tüte Schokochips, und in meinem Koffer müssten noch zwei Proteinriegel von meiner Lesereise von 2008 liegen. Damit komme ich noch nicht mal bis Sonnenuntergang über die Runden. Warte …«
    Auf dem Stuhl stand eine rote Tüte, was nur zwei Dinge bedeuten konnte: Entweder waren das Godiva-Pralinen von meiner Freundin Lucy oder selbst gemachte, herrlich duftende Badebomben von meiner Freundin Kathy Monkman. Ich stand auf und trat zum Stuhl. Ich wusste, dass Lucy gewöhnlich nicht nur Trüffel für mich einpackte, sondern auch mit dunkler Schokolade überzogene Mandeln, die ausreichend Protein enthielten, sodass ich die nächsten drei Tage, bis mein Flug ging, in meinem Zimmer bleiben konnte.
    Doch als ich näher kam, stieg mir der herrliche Duft nach Blumen in die Nase – göttlich, aber Godiva-Pralinen rochen definitiv nicht so. Ich spähte in die Tüte, um ganz sicher zu sein, und sah die liebevoll verpackten runden Badebomben in den geriffelten weißen Papierförmchen liegen, beide mit weißem Puder bestäubt. Es gab keinen Zweifel, was das war.
    Badebomben.
    »Egal. Ich finde mich mit meinem Schicksal ab und werde sterben«, sagte ich zu meiner Schwester. »Ich habe die Schokolade unten liegen lassen. Behalte mich bitte mit zwanzig Kilo weniger auf den Rippen in Erinnerung. Aber wenn ich die Schlüssel aus dem Fenster werfe, würdest du vorbeikommen und den Wagen in der richtigen Richtung parken? Ich fürchte, Dad wird

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