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Weg da das ist mein Fettnapfchen

Weg da das ist mein Fettnapfchen

Titel: Weg da das ist mein Fettnapfchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Notaro Laurie
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mich sonst wegen Falschparkens bei der Polizei anschwärzen. Und falls ich dich nicht wiedersehen sollte – sieh mal unter Nicks Achseln nach, ob er Stoppeln hat.«
    Aber kaum hatte ich aufgelegt, hörte ich meine Mutter von unten rufen.
    »Laurie?«
    »Ich werde nur mit meiner Therapeutin darüber reden«, schrie ich zurück.
    »Wir gehen ins Outback zum Abendessen. Willst du mitkommen?«
    Ich dachte allen Ernstes eine Sekunde lang darüber nach, denn wer lässt sich schon ein Gratissteak und eine Ofenkartoffel entgehen. Andererseits würde mich der Versuch, anderthalb Stunden lang das drohende »Manchmal schafft Mami es nicht, sich allein die Schuhe anzuziehen, was völlig normal ist, weil sie schließlich eine böse Hüfte hat«-Gefasel abzuwenden, und der Kampf gegen meine Restzuckungen und spontanen Schluchzanfälle mehr kosten, als eine Ofenkartoffel es wert ist, selbst mit noch so leckeren Toppings.
    »Nein, danke«, rief ich. »Es ist erst Viertel vor drei.«
    »Dein Vater hätte gern das Tagesmenü«, rief sie zurück. »Bist du sicher, dass du nicht mitkommen willst? Wir müssen uns sputen. Das Mittagsspecial gibt es nur noch eine Viertelstunde, danach kostet alles zwei Dollar mehr.«
    »Nein, nein, ich hab keinen Hunger«, rief ich und stieß einen erleichterten Seufzer aus, als die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel.
    Als mein Vater sich am nächsten Morgen an den Frühstückstisch setzte, während ich gerade meinen ersten Schluck Kaffee getrunken hatte, und verkündete: »Wusstest du, dass dieser CNN -Typ, Anderson Cooper, Weihnachten den Krieg erklären will?«, wusste ich, dass ich mich wieder auf sicherem Terrain befand und über den verstörenden Schuhvorfall nicht mehr gesprochen werden würde, genauso wenig wie über jedes andere traumatische Vorkommnis in unserer Familie. So mögen wir es nun mal. Alles wieder ganz normal und bloß kein Wort mehr darüber verlieren, egal, welcher Schaden dabei angerichtet werden könnte. Hier in diesem Haus wird nicht gefummelt, Punkt.
    Eine Stunde später, als ich das Kleid bügelte, das ich an diesem Tag tragen wollte, klopfte es zweimal kurz an der Tür.
    Ich wollte gerade »Moment« rufen und mir einen Morgenrock, eine Bluse oder ein Handtuch oder sonst etwas überwerfen, da ich nur ein Unterkleid trug, was rein rechtlich gesehen als Unterwäsche gilt, doch im selben Augenblick wurde die Tür aufgerissen, und mein Vater stand vor mir.
    »Haaaaa…«, begann er, ehe er sich abrupt unterbrach, als er mein Gesicht sah, das dem ähnelte, das ich immer dann mache, wenn jemand die Toilette betritt, während ich gerade draufsitze. (So ein Gesicht habe ich bislang genau dreimal in meinem Leben geschnitten, einschließlich des Tages beim SXSW -Musikfestival, als ein Mädchen in die Toilettenkabine gestürmt kam, während ich gerade drin war, und von mir verlangte, sofort aufzustehen, weil sie »dringend mal müsse«. Wäre mir nicht gerade die Unterhose um die Knöchel gebaumelt, hätte ich ihr eine verpasst. Das zweite Mal war im Supermarkt, als ich hinter einer Frau stand, die offenbar unter einer schweren Form von Tourette-Syndrom litt, und außer mir offenbar keinem auffiel, dass sie ständig »Scheiße!« schrie und wie eine Löwin brüllte. Ich kam sogar aus dem hinteren Teil des Ladens angetrabt, um zu sehen, was da los war. Und für alle, die zu höflich waren, um hinzusehen: Wenn Sie mich fragen, haben die echt was verpasst, denn etwas derart Durchgeknalltes habe ich noch nie in meinem Leben gesehen. Das dritte Mal war, als mein Neffe noch im Krabbelalter war und sich im ganzen Haus ungehindert bewegen durfte. Zwischen dem Tag, als er mich in einer kompromittierenden Situation erwischt hat, und heute, wo meine Mutter ihm um jeden Preis sein Y-Chromosom austreiben will, haben wir dem armen kleinen Kerl derart abgrundtiefe psychische Schäden zugefügt, dass er und Ru-Paul garantiert massenhaft Gesprächsstoff hätten, sollten sie sich je begegnen).
    Da stand ich nun, in nichts als einem Unterkleid, mit meinen fetten Altweiberschwabbelarmen, den BH -Trägern, die links und rechts herauslugten, und ohne Strümpfe. Ich sah wie eine kleine italienische Witwe aus, nur ohne Tomatensoßenflecken. Das Einzige, was mich davon abhielt, spontan einen Schlaganfall zu bekommen, war die Gewissheit, dass es dann noch länger dauern würde, bis mein Vater die Kurve kratzte.
    »…aaallooo!«, endete er in derselben Zeitspanne, in der Kometen auf die Erde fallen, die gesamte

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