Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weg da das ist mein Fettnapfchen

Weg da das ist mein Fettnapfchen

Titel: Weg da das ist mein Fettnapfchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Notaro Laurie
Vom Netzwerk:
der Mann zurück. »Ich rufe die Polizei!«
    »Geh zurück nach Mexiko, Arschloch!«, schnauzte ihn einer der Jungs an, worauf sie kehrtmachten und zur Tür schlenderten.
    »Mit dir bin ich noch lange nicht fertig«, rief der größte des Trios über die Schulter und riss die Tür auf, sodass die Glöckchen wie verrückt bimmelten.
    Einen Moment lang herrschte Grabesstille. Wir vier standen da, keiner rührte sich vom Fleck. Dann nahm der Gastwirt die Kreditkarte, die mein Mann vor ihm auf den Tresen gelegt hatte, und zog sie durch den Schlitz.
    »Es tut mir schrecklich leid«, sagte er kopfschüttelnd, ohne uns anzusehen. »Es tut mir leid, dass das passiert ist.«
    Geschieht so etwas im Film, geben die Drehbuchautoren ihren Charakteren üblicherweise Zeit, das Richtige zu sagen, das Richtige zu tun und die Situation irgendwie zum Abschluss zu bringen, indem sie ihnen Weisheiten in den Mund legen, die sie zum Besten geben können.
    Im wahren Leben ist das leider nicht so. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Kein Laut drang über meine Lippen. Ich konnte noch nicht einmal einen klaren Gedanken fassen. Ich wusste nur, dass Nicholas bei uns war und wie schnell das Ganze ganz übel hätte ausgehen können. Ich hatte fürchterliche Angst und war heilfroh, dass die drei Schmalspurganoven sich verkrümelt hatten. Obwohl der Vorfall höchstens ein, zwei Minuten gedauert hatte, zitterte ich am ganzen Leib. Ich kannte diese Stadt nicht, ebenso wenig wie die Leute, die hier lebten, und trotzdem hatte ich eine Heidenangst vor ihnen. Nie hatte ich mir sehnlicher gewünscht, anderswo leben zu dürfen, als in diesem Moment.
    »Das war entsetzlich«, sagte mein Mann schließlich. »Sie sollten die Polizei rufen.«
    Der Mann nickte. Wir verließen das Restaurant und hasteten auf direktem Weg zu unserem Wagen auf der anderen Straßenseite. Ich schob Nick eilig vor mir her, um nicht unnötig viel Zeit auf der Straße zu vergeuden. Ich konnte es nicht fassen, dass diese drei Arschlöcher vor meinem kleinen Neffen eine solche Schau abgezogen hatten, vor einem kleinen Jungen; einem kleinen Jungen, der bis vor drei Minuten noch geglaubt hatte, eine kleine Spinne an der Zimmerdecke sei das Schlimmste, was ihm passieren konnte. Eine gefühlte Ewigkeit lang hatte ich panische Angst gehabt, das Ganze würde böse ausgehen. Ich hatte keine Ahnung, wozu die Burschen fähig waren und was sie im Hosenbund stecken hatten. Ich hatte keine Ahnung, was sie in ihrem Hass getan hätten, wäre es hart auf hart gekommen. Ich wusste nur eines: Wenn man imstande war, am helllichten Tag in ein Restaurant zu stürmen und wüste Schimpfworte und rassistische Beleidigungen auszustoßen – noch dazu in der Gegenwart eines kleinen Jungen –, konnte es nicht allzu viel geben, was diesen Burschen fremd war.
    »Alles in Ordnung, Nick?«, fragte ich, als uns nur noch wenige Meter vom Wagen trennten.
    Er sah mich an, holte tief Luft und nickte.
    »Ich dachte, ich mache mir gleich in die Hose«, gestand er, als er die Hand nach dem Türgriff ausstreckte. Die Aufrichtigkeit meines knapp zwölfjährigen Neffen ließ uns in nervöses Gelächter ausbrechen.
    Einen Tag nach unserer Rückkehr landeten meine Schwester, ihr Mann und mein jüngerer Neffe David in Oregon. Ich wusste, dass Nick ihre Ankunft kaum erwarten konnte, und konnte ihm keinen Vorwurf daraus machen. Wir hatten ihm einen tollen Superurlaub versprochen, stattdessen hatte ich ihn in den vergangenen drei Tagen gezwungen, riesige Geschlechtsteile aus Beton anzufassen, er hatte einer Riesenwelle standhalten müssen, weil er geglaubt hatte, er sei so gut wie tot und könnte sich ebenso gut gleich in die Fluten stürzen; wir hatten seine Schuhe ruiniert, ihn genötigt, tief unter die Erde zu fahren, um einen riesigen Seelöwen kotzen zu sehen, und ihn anschließend einem wüsten Streit zwischen einem armen Gastwirt und drei hasserfüllten Rassisten ausgesetzt.
    Tolle Ferien.
    »Ich hab was bei dir gut«, war das Erste, was ich zu meiner Schwester sagte, als sie aus dem Flugzeug stieg. Doch als ich ihr erklärte, dass sie vergessen hatte, genug Kleidung zum Wechseln für ihn einzupacken, sah sie mich an, als hätte ich den Verstand verloren.
    »Hier, sieh mal«, sagte ich mit einer Geste zu Nick, sein Bigfoot-Shirt und die neuen Schuhe. »Schon mal gesehen?«
    »Ich habe keine Ahnung, wovon du redest«, sagte sie. »Er hatte so viele Sachen eingepackt, dass die Tasche kaum noch zuging. Das meiste davon lag

Weitere Kostenlose Bücher