Weg da, das ist mein Handtuch
Schnauzer und im Anzug mit langsamen Schritten in Bewegung. Weg von der Rezeption, weg von Oliver.
»Ist er das?«, fragte Oliver. »Ist das der Direktor?«
Der Rezeptionist antwortete nicht. Der andere ging schneller.
»Herr Direktor«, rief Oliver laut, »Herr Direktor!«
PETE
Sobald er wieder bei Sinnen war, hielt Pete den Kopf unter den Wasserhahn, schloss das Fenster, um den Lärm zu mildern, und suchte nach etwas, mit dem sich die Tür aufhebeln ließ. Er fand nur die Nagelschere aus seinem Necessaire. Beim dritten Versuch brach sie ab.
Pete musste an die Zeitungsberichte von Alleinstehenden denken, die man Jahre nach ihrem Tod mumifiziert in ihrer Wohnung aufgefunden hatte. Wenn der Zimmerservice weiterhin nicht kam, drohte ihm womöglich ein ähnliches Schicksal. Zumindest bis zum Ende seiner ursprünglichen Buchung würde niemand das Zimmer betreten, und das waren noch etwa anderthalb Wochen. Vielleicht auch länger: Pete fiel jetzt voller Schrecken ein, dass er das »Bitte-nicht-stören-Schild« von außen an die Klinke gehängt hatte. Um etwas Praktisches gegen seine aufsteigende Panik zu tun, packte er ein Handtuch, schwenkte es aus dem Fenster und brüllte, so laut er konnte.
MARIO
Zuerst war es super gelaufen. Er war dreimal mit der Brünetten zusammengestoßen, als er nach dem Ball sprang, und die hatte sich einmal kichernd an ihn geklammert, Hammer! Ihre gemeinsame Mannschaft hatte zwar haushoch verloren, aber die anderen waren selber schuld, wenn sie ihm den Ball so dumm zupassten, dass er gar nicht hinkam. Die Brünette war mit ihm zur Poolbar gegangen. Und als er eben erzählen wollte, was er so beruflich mache, hatte sie ihn einfach stehen gelassen und war zu einem Typen gegangen, der zwei Hocker weiter saß. So ein fetter Grinser, der die ganze Zeit hier gesessen und sich keinen Zentimeter wegbewegt hatte. Aber Zigarillos paffte, am helllichten Tag Rotwein auf Zuzahlung soff und mit seinem Porscheschlüssel im Schwimmetui angab wie ein Oberaffe! Mario wäre am liebsten gegangen, aber er hatte sein Inclusive-Pensum für heute längst noch nicht erreicht.
SUSAN
Sie lag mal wieder auf dem Bett und wollte heulen, aber diesmal klappte es nicht.
Sie hatte einen berühmten Wichtigtuer und Schnösel, mit dem sie nicht das Geringste zu tun haben wollte, erst geküsst. GEKÜSST! Und ihm dan n – wiede r – eine reingehauen.
Er musste sie für irre halten. Für völlig wahnsinnig.
Er würde sie anzeigen. Oder verklagen. Oder beides. Vermutlich würde bald die Polizei an ihre Zimmertür klopfen.
Aber das konnte ihr egal sein bei dem, was sie mit ihrem Leben noch so vorhatte.
Ihr Handy piepte. Eine SMS. Sie öffnete sie, ohne nachzudenken. Erst dann sah sie, dass sie von Julika war: Sie seien beim Wandern, sie und ROBERT; und warum sie sich ewig nicht mehr gemeldet habe, ob alles in Ordnung sei? Angehängt ein Foto, sie und Robert Arm in Arm. Robert trug DAS Poloshirt, Julika schien wohl nichts dagegen zu haben.
Susan löschte die SMS und schickte eine an Christine, sie sei entschlossen, ES jetzt zu tun, und sie wolle sich bei ihr verabschieden. Denn auch wenn Christine beim letzten Telefonat so blöd gewesen war: Sie war ihre beste Freundin.
Sie ging nicht ran, als Christine anrief. Sie fuhr wieder nach unten.
Im Shop gab es jede Menge überflüssigen Luxuskram. Weiter gab es eine doofe Verkäuferin, die nicht verstehen wollte, warum Susan sich über den eklatanten Mangel an Schlauchbooten, Kajaks und Paddelbooten so aufregte. Und ihr stattdessen eine Schwimmlernente für Kleinkinder anbot.
»Ich sagte, ich brauche etwas Großes«, fauchte Susan, »etwas ganz Großes, das schwimmt!«
»Kleinen Augenblick«, sagte die Verkäuferin auf einmal und ging nach hinten. »Wusste ich’s doch«, sagte sie, als sie wiederkam, »ganz unten war es.«
PETE
Pete wollte gerade aufhören, brüllend sein Handtuch zu schwenken, weil das die Leute in und am Pool genauso wenig interessierte wie früher sein Hilferufen, da sah er einen Engel.
Der Engel sah aus wie ein kleiner blonder Junge. Der nach oben sah, genau in seine Richtung. Und dann winkte. Zurückwinkte. Ihm zuwinkte!
Er hatte ihn gesehen! Pete lachte und johlte.
Der kleine Junge griff sich auch ein Handtuch, um ihm zu winken.
Pete gestikulierte aus dem Fenster, machte mit der freien Hand eine Schließbewegung.
Der Junge lachte und machte schnappende Breakdance-Bewegungen mit beiden Händen. Er verstand ihn nicht!
Pete machte wieder die
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