Weg da, das ist mein Handtuch
Badelatschen auf dem Marmorfußboden, die schnell näher kamen und jäh in seiner Nähe bremsten. Er drehte sich um.
Es war die Frau von gestern. Die, die in seinem Bett gelegen hatte.
Sie war diesmal nicht hinter ihm her. Sie stand wie angewurzelt ein paar Meter von ihm entfernt und sah zur Rezeption. In ziemlich dramatischer Pose, aber das stand ihr gut. Diese Frau wusste aufzutreten.
SUSAN
Sie blieb stehen, als sei sie vor eine Wand gelaufen. Das konnte nicht sein! Sie war in die Lobby gekommen und gerade vorbei an der Rezeption in Richtung Shop gegangen, als sie aus den Augenwinkeln etwas sah, das sie erstarren ließ.
Da, an der Rezeption.
Das rotgelbbraun karierte Poloshirt!
Roberts Poloshirt! Robert!
Sie sah ihn nur von hinten, er beugte sich nach vorn und füllte gerade etwas aus, aber sie war sich sicher. Robert trug das Horror-Shirt, sein uraltes Lieblingspolo, das sie ihm ständig aussortiert und das seine Mutter ihm immer wieder gebügelt hatte. ER war hier! Und sicher war diese falsche Schlan-ge Julika auch dabei. Die beiden wollten ihr das glückliche schwangere Paar vorspielen. Oder war er alleine hier, um auf die Knie zu fallen, zu wimmern, er wolle zurück zu ihr?
Zu spät, Robert! Sie wunderte sich selber, wie ruhig sie blieb. Aber das Kapitel Robert war abgeschlossen. Er bedeutete ihr nichts mehr. Er war Geschichte. Aus! Vorbei! Für immer!
Plötzlich merkte sie, dass vor ihr jemand stand und mit ihr sprach. Jemand, der ihr bekannt vorkam.
Dieser Moritz Palmer.
MORITZ
Sie wirkte etwas durch den Wind, aber das waren die Frauen in seiner Gegenwart öfter. Man musste freundlich und ruhig mit ihnen reden, so als spräche man mit einem nervösen Pferd, dann gab sich das wieder. »Hallo«, sagte er lächelnd, ihm fiel auf die Schnelle nichts Geistreicheres ein, »wollen wir uns wieder vertragen?!«
SUSAN
Sie starrte ihn an, starrte dann wieder zu Robert. Der sich in diesem Moment langsam aufrichtete und zu ihr umdrehte. Und auf einmal, reflexartig, schlang sie beide Arme um Moritz Palmer und küsste ihn.
Und als sie ihn losließ und er sie nach Luft ringend mit verwunderten, langsam begreifenden Augen ansa h – schlurfte hinter ihm ein fremder Mann zum Fahrstuhl. Nein! Nein!
Es war nicht Robert. Er trug nur das gleiche Polo!!!
Was dann kam, geschah ebenfalls ganz automatisch. Ihre rechte Hand zuckte nach vorne und klatschte Moritz Palmer ins Gesicht.
Er stand da wie ein Fragezeichen.
Sie drehte sich um und rannte zum Fahrstuhl.
MORITZ
Er ging in die Bar und ließ sich ein paar Eiswürfel in einer Serviette geben, um seine Wange zu kühlen.
Was zum Teufel sollte das alles? Sie musste wirklich durchgeknallt sein. Nicht ganz dicht. Trotzdem: Der Kuss war nicht schlecht gewesen.
Als er in die Halle zurückkam, stand dort Fernandez. Und lächelte übers ganze Gesicht.
»Ich weiß, ich weiß«, sagte der Makler und hob die Hände. »Sie will nicht mitkommen. Frauen! Sie sind wundervoll und die Hölle!«
»Wie bitte?«, fragte Moritz und versuchte so auszusehen, als sei der Eisbeutel ein modisches Accessoire.
»Ich meine«, sagte Fernandez, »Streit kommt in den besten Beziehungen vor. Ich kenne die Frauen. Eben noch ein feuriger Kuss, und im nächsten Moment haut sie Ihnen schon eine runter. Machen Sie sich keine Gedanken, mein Freund. Von mir erfährt niemand etwas. Sollen wir noch ein bisschen warten, ob sie es sich vielleicht doch noch anders überlegt und mitkommt?«
»Das glaube ich nicht«, sagte Moritz, »ich kenne diese Wahnsinnige gar nicht!«
Fernandez begann herzhaft zu lachen, als habe Moritz einen Scherz gemacht.
»Wie auch immer, Sie haben Geschmack«, sagte er dann. »Vielleicht hat sie ja morgen Lust? Ich komme dann wieder mit meiner Katze, die Rückbank ist bequemer.«
Tatsächlich, Fernandez fuhr heute einen Jaguar, aber sie brauchten trotzdem kaum mehr Zeit als gestern, bis sie die Küstenstraße hochgejagt waren.
OLIVER
Als sie mit den hungrigen Kindern vom Strand zurückkamen und Oliver den Tisch des Reiseleiters immer noch leer sah, ging er zur Rezeption.
»Ich möchte den Direktor sprechen!«, sagte er.
Der Rezeptionist verzog spöttisch die Lippen.
»Den Direktor«, wiederholte Oliver, er verwendete nun den Tonfall, den er in der Firma gebrauchte, wenn ein Lieferant ihm abgelaufenes Supermarktschweinefleisch als frische Bio-Schlachtung andrehen wollte.
Der Mann an der Rezeption zuckte zusammen. Hinter ihm setzte sich ein hagerer Weißhaariger mit
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