Weg da, das ist mein Handtuch
alles cool?«, fragte sie. Woaha, ihr Blick! »Hast du Spaß?«
»Jetzt viel mehr«, sagte er.
Sie lachte. Der war genau richtig gewesen.
»Kann ich dir was ausgeben?«, fragte er.
Sie lachte wieder. »Musst du nicht!« Endlich eine, die nicht nur schnorren wollte! »Ich bin vom Haus.«
Sie erzählte noch etwas von einer Abendshow, er checkte gar nicht, was sie sagte, so wie sie ihn dabei ansah. Diese Braut war der Wahnsinnshammer! Und bevor sie ging, legte sie ihm kurz die Hand auf den Oberschenkel. Boaaah!
An diesem Abend holte er beim Essen glatte 4 5 Euroniden rein: Zwischenstand 622,34.
OLIVER
Erwartungsgemäß fand Anna es gar nicht lustig, dass er »die ganze verdammte Zeit« im Shop wieder keine Badehose gefunden hatte. Hätte Oliver ihr von Verenas Rolle dabei erzählt, sie hätte es garantiert noch viel weniger lustig gefunden, aber auch so war die Atmosphäre hochgradig ätzend. Nicht mal ihre Mutter konnte durch Herumgezicke ablenken; die unterhielt sich angeregt an einem Singletisc h – an einem anderen als der, an dem ihr Mann saß.
Oliver erwog schon, mit Hilfe von Carlotta und Elias eine ablenkende Katastrophe am Büfett zu inszenieren. Da steuerten zu seiner unheimlichen Erleichterung Sven und Michelle nebst Kindern auf sie zu.
»Hey, alles klar bei euch?«, fragte Sven.
»Na klar«, sagte Oliver euphorisch, »und bei euch? Setzt euch zu uns, kommt!«
Es stellte sich heraus, dass Sven zu den Leuten gehörte, die am Kinderbüfett ihren Teller mit einem Dutzend Schnitzeln für die ganze Familie vollhäuften. Aber die Zwillinge hatten ihre Gemüselasagne glücklicherweise schon fast gegessen.
»Wir waren heute lange am Meer«, grinste Sven, »haben uns ein paar Schirme geleistet und gepennt. War nötig. Neben uns wohnt ein Scheiß-Kinderfeind.«
»Ein Scheiß-Kinderfeind?«, fragte Oliver.
»Einer, der immer sofort schreit und gegen die Wand haut, wenn die Kiddys aufs Klo gehen oder wenn wir abends heimkommen.«
Oliver hatte nicht gedacht, dass Sven und Michelle so etwas überhaupt wahrnahmen. Viel eher konnte er sich vorstellen, dass sie samt Kindern jeden Zimmernachbarn zur Weißglut trieben.
»Habt ihr mal mit dem Mann geredet?«, fragte Anna.
»Er macht nie auf«, sagte Michelle. »Wir haben ihm auch einen Zettel unter der Tür durchgeschoben mit unserer Handynummer. Aber er ruft nicht an. Brüllt immer nur oder macht Krach. Gestern Abend hat er eine Stunde gegen die Heizung gehauen. Die Kids konnten danach nicht mehr einschlafen.«
»Der will uns ärgern«, sagte Sven, »das ist einer von den Ärschen, die keine Kinder mögen. Die am Strand auf ihrer Liege liegen und ein Riesenfass aufmachen, wenn ein Kind auch nur vorbeiläuft. Ihr kennt diese widerlichen Typen?«
»O ja!«, sagten Oliver und Anna wie aus einem Mund.
Sven beugte sich vor. »Ich hätte echt Bock rüberzugehen und dem die Tür einzutreten. Aber das kann man als Krankenpfleger nicht bringen.«
Oliver war positiv überrascht, er hatte sich Sven eher als Pfandbeauftragten im Getränkemarkt vorgestellt. Umso mehr konnte er als Vater Svens Gefühle nachvollziehen. »Ärgert ihn doch zurück. Vielleicht hört er dann auf.«
»Wie denn?«, fragte Sven. »Ich hab keinen Bock, die ganze Nacht an die Wand zu hämmern.«
Oliver fiel etwas ein. »Kennt ihr Benjamin Blümchen?«
Selbst Anna musste grinsen.
SUSAN
Javier hatte darauf bestanden, heute Abend mit ihr zu essen, um zu sehen, ob es ihr gut ging. Und so saß sie jetzt mit ihm an diesem Zweiertisch, obwohl sie absolut keinen Appetit hatte.
Javier hatte sich sehr um sie gekümmert. Er hatte ihr angeboten, sie zum Arzt zu fahren, er hatte ihr seinen Lieblingspullover geliehen, ihr warmen Tee eingeflößt. Hatte sie schließlich zurück ins Hotel gebracht, sie gebeten, sich hinzulegen und um sieben Uhr im Büfettrestaurant zu sein. Sie hatte überlegt, nicht hinzugehen, ihr war schlecht. Aber wenn sie nicht käme, würde er sicher ihre Tür aufbrechen und sie in die nächste Klinik bringen lassen.
Also war sie da. Wer Javier am Strand sah, wäre niemals auf die Idee gekommen, dass er so einfühlsam war; das tat ihr im Moment ganz gut.
Javier erzählte von seinem Alltag als Animateur und wie er dazu gekommen war: Als Waisenkind sei er in einem andalusischen Dorf bei kinderreichen, bösartigen Verwandten aufgewachsen. Neben der Schule habe er bis spätabends schnitzen müssen, Drehscheiben für Kerzen, Kutschen, Pferde, blumentragende Frauen und blumentragende
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