Weg der Träume
»Heute habe ich mit Jonah vor allem Rechtschreibübungen gemacht, und er hat sehr gut mitgearbeitet«, konnte er wohl kaum antworten: »Sehr gut. Und wo wir schon über Buchstaben sprechen, sagen Sie mir doch bitte - wickeln Sie sich nach dem Duschen ein Handtuch um den Kopf?«
Andere Männer wussten, wie man so etwas machte, aber für ihn war es zu kompliziert. Einmal, beflügelt von zwei Flaschen Bier, war er nahe daran gewesen, sie anzurufen. Er hatte zwar keinen Anlass und vor allem keine Ahnung, was er ihr sagen sollte, aber er hoffte auf eine Eingebung, einen Geistesblitz, durch den er vor Witz und Charisma nur so sprühen würde. Er stellte sich vor, wie sie über seine Bemerkungen lachen würde und von seinem Charme völlig überwältigt wäre. Er hatte sogar ihre Nummer aus dem Telefonbuch herausgesucht und die ersten drei Zahlen gewählt, bevor er die Nerven verlor und auflegte.
Und wenn sie nun nicht zu Hause war? Er konnte sie nicht betören, wenn sie gar nicht ans Telefon ging, und er würde ganz bestimmt sein hirnloses Gerede nicht für die Nachwelt auf ihrem Anrufbeantworter hinterlassen. Er konnte natürlich auflegen, sobald die Maschine ansprang, aber das wäre doch ziemlich pubertär, oder? Und was, um Himmels willen, wenn sie zu Hause war und Besuch hatte? Das war immerhin gut möglich. Die anderen alleinstehenden Männern in seiner Abteilung hatten, das verrieten ihre Andeutungen, inzwischen begriffen, dass sie nicht verheiratet war, und wenn sie es wussten, dann wussten es andere bestimmt auch. So etwas sprach sich herum, und bald war sie bestimmt von männlichen Singles umschwärmt, die sie mit ihrem Witz und Charme beeindruckten. Wenn das nicht schon längst passiert war.
Du lieber Gott, die Zeit wurde knapp.
Miles hatte noch einmal den Hörer abgenommen und war diesmal sogar bis zur sechsten Zahl gekommen, bevor er kniff.
In jener Nacht lag er lange wach und fragte sich, was zum Teufel mit ihm nicht stimmte.
An einem frühen Samstagmorgen Ende September, einen Monat, nachdem er Sarah Andrews kennen gelernt hatte, stand Miles auf dem Sportgelände der H. J. Macdonald Junior Highschool und sah Jonah beim Fußballspielen zu. Abgesehen vom Angeln liebte Jonah Fußball mehr als alles andere, und er war ein guter Spieler. Missy war sehr sportlich gewesen, und von ihr hatte Jonah die Beweglichkeit und die gute Koordination geerbt. Von Miles (wie dieser gern beiläufig erwähnte) hatte er die Geschwindigkeit. Folglich war Jonah ein gefürchteter Stürmer. Er kam nur die Hälfte der Zeit zum Einsatz, weil alle Kinder des Teams eine Chance erhalten sollten. Doch Jonah schoss für gewöhnlich die meisten Tore, wenn nicht sogar alle. In den ersten vier Spielen hatte er siebenundzwanzig Tore erzielt. Zugegeben, es waren nur drei Spieler pro Team, Torhüter waren nicht erlaubt, und die Hälfte der Jungen wusste nicht, in welche Richtung sie den Ball kicken sollte, aber trotzdem war siebenundzwanzig außergewöhnlich viel. Fast jedes Mal, wenn er an den Ball kam, rannte er mit ihm über die Länge des Feldes und kickte ihn ins Netz.
Miles kam es selbst fast lächerlich vor, wie unglaublich stolz er auf Jonah war. Er konnte sich kaum halten und machte innerlich Luftsprunge, wenn Jonah Tore schoss, obwohl er wusste, dass das womöglich ein vorübergehendes Phänomen war und absolut nichts zu bedeuten hatte. Die Kinder wuchsen unterschiedlich schnell, und manche zeigten beim Training großen Einsatz. Jonah war groß für sein Alter und trainierte nicht gern, es war also nur eine Frage der Zeit, bis andere ihn eingeholt hatten.
Aber in diesem Spiel hatte Jonah gegen Ende des ersten Viertels schon vier Tore geschossen. Im zweiten Viertel stand Jonah an der Seitenlinie, und die gegnerische Mannschaft holte mit vier Toren auf. Im dritten Viertel schoss Jonah noch zwei Tore und einer seiner Mannschaftskameraden ein drittes (das machte dreiunddreißig in dieser Saison, aber keiner außer Miles zählte mit). Zu Beginn des vierten Viertels lag Jonahs Mannschaft mit sieben zu acht zurück, und Miles warf mit verschränkten Armen einen Blick über die Menge und gab sich große Mühe, so auszusehen, als wüsste er nicht, dass die Mannschaft ohne Jonah verloren wäre. Mann, war das ein Hochgenuss!
In seine Tagträume vertieft, merkte er nicht gleich, dass jemand ihn ansprach.
»Haben Sie bei dem Spiel hier eine Wette laufen, Deputy Ryan?«, fragte Sarah breit grinsend und stellte sich neben ihn.
»Sie wirken so
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