Weg des Zorns 01 - Die Kriegerin
zusätzliche Offiziere zur Hand zu haben. Natürlich war jedes Mitglied des Kaders offiziell jedem formal gleichrangigen Militärangehörigen um einen Dienstgrad übergeordnet - und das bedeutete, dass ein Rang des Kaders jedem Angehörigen einer Planetarmiliz des entsprechenden Dienstgrades sogar zwei Ränge übergeordnet war. Alicia, die noch vor weniger als neun Monaten zu den Marines gehört hatte, war sich nicht ganz sicher, dass sie diese Dienstgrad-Inflation wirklich guthieß, doch sie verstand durchaus die dahinter verborgene Logik.
Doch welche Zweifel sie auch immer an dieser Vorgehensweise hegen mochte, sie war ganz und gar mit der tief verwurzelten Tradition des Kaders einverstanden, der gemäß jeder Offizier des Kaders zunächst als Unteroffizier gedient haben musste, bevor er oder sie ein Offizierspatent erhalten konnte. Es hatte sogar eine Hand voll bestallter Offiziere der Marines oder der Navy gegeben, von denen einige (einschließlich mindestens eines Flaggoffiziers der Navy) - allesamt Absolventen sämtlicher Kadettenanstalten ihrer jeweiligen Truppengattungen - ihr Offizierspatent tatsächlich zurückgegeben und dann beim Kader den Rang eines Sergeants angenommen hatten, einzig zu dem Zweck, eben diese Auflage zu erfüllen. Alicia vermutete, dass derartige Ex-Offiziere im Kader wieder recht rasch aufstiegen, sodass sie schon bald wieder ein Offizierspatent erhielten, aber dennoch mussten sie alle zunächst zumindest eine gewisse Zeitspanne im aktiven Dienst an der Front verbracht haben.
»Wie alle Einheiten des Kaders«, fuhr Alwyn fort, »sind wir stets unterbesetzt und unterversorgt. Das bedeutet in diesem Falle, dass ich hier einen Trupp habe, der einen Befehlshaber braucht, und Sie sind nun einmal Staff Sergeant, und das bedeutet, die Logik gebietet, dass dieses Kommando Ihnen zufällt. Unter normaleren Umständen hätte ich First Sergeant Yussuf einfach gebeten, Sie zu dem betreffenden Kasernenblock zu führen und Sie Ihrem neuen Trupp vorzustellen. Und danach hätte ich mich einfach still verhalten und abgewartet, bis Sie ein gewisses Gespür für die Arbeit im Kader entwickelt hätten. Allerdings wurden wir bereits für einen neuen Einsatz in Alarmbereitschaft versetzt - vermutlich wird innerhalb der nächsten zweiundsiebzig Standardstunden der Marschbefehl ergehen.
Ich habe mir Ihre Personalakte angesehen. Ich weiß, dass Sie schon einiges mitgemacht haben, und ich weiß auch, dass Sie sich bei dieser Sache auf Gyangtse verdammt gut geschlagen haben. Außerdem habe ich mir Ihre Ergebnisse der Ausbildung in Camp Cochrane und bei der KFS angeschaut. Ich weiß, dass Sie diesen Job erledigen können, und mit Ihrem Alter habe ich keinerlei Schwierigkeiten.« Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »An Ihrer Stelle würde ich mich darüber wahrscheinlich wundern. Lassen Sie's einfach. Sie wären jetzt nicht hier, wenn nicht jeder andere fest davon überzeugt wäre, dass Sie das hier auch schaffen können, wie jung Sie zufälligerweise auch sein mögen.
Aber ich bin nicht bereit, meine bereits existierende Weisungskette zu destabilisieren, nicht so kurz vor einem ausgewachsenen Einsatz auf Kompanieebene. Meine Leute bereiten sich jetzt seit fast zwei Wochen aktiv darauf vor, und das zugehörige Training wurde schon vor fast zwei Monaten begonnen. Es wäre ungerecht, Sie jetzt ins kalte Wasser zu werfen und von Ihnen zu verlangen, einen ganzen Trupp von Leuten, mit denen Sie noch keinerlei Erfahrungen gemacht haben, in einem Einsatz zu führen, auf den diese Leute sich schon seit Monaten vorbereitet haben - ganz im Gegensatz zu Ihnen. Können Sie mir soweit folgen?«
»Jawohl, Sir.« Alicia nickte.
»Gut. Sobald dieser Einsatz beendet ist und sich der Staub ein wenig gelegt hat, erhalten Sie wirklich Ihren eigenen Trupp. Im Augenblick muss Master Sergeant Onassis drüben im Ersten Zug gleich zwei Aufgaben auf einmal erfüllen. Der Zugführer ist Lieutenant Strassmann; Onassis ist sein Platoon Sergeant, und zugleich leitet er auch noch den Ersten Trupp. Er macht seine Aufgabe wirklich gut, aber alles zusammen ist das doch ein bisschen zu viel für ihn. Ich hatte mir gedacht, Ihre Unterlagen zeigen, dass Sie einfach zu wertvoll sind, als dass man Sie während dieses gesamten Einsatzes immer nur auf der Ersatzbank halten sollte, und der Erste Trupp wird Ihnen sowieso unterstellt werden, sobald die ganze Kämpferei erst einmal vorbei ist. Also werde ich Sie dem Ersten Zug zuordnen, und
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