Weg des Zorns 01 - Die Kriegerin
vielleicht etwas überdurchschnittliche Leistungen zeigt. Aber ich denke, was auch immer wir unternehmen können, um ihr ein bisschen mehr Erfahrung auf den Weg mitzugeben, sollten wir auch tun.«
»Kapiert.« Wheaton nahm noch einen Schluck von seinem Kaffee, dann zuckte er mit den Schultern. »Mir passt es zwar gar nicht, hier Gouvernante für jemanden zu spielen, der nicht zum Corps gehört, Skipper, aber wenn du Recht hast, dann muss ich dir Recht geben. Soll ich auch mit Abe darüber sprechen?«
»Nein, lieber nicht.« Nachdenklich rieb sich Kuramochi eine Augenbraue. »Noch nicht, zumindest. Er ist im Augenblick zu nah an ihr dran, und mit der aktuellen Lage haben wir alle wirklich schon genug zu tun. Wir wissen doch beide, wie gut er sich darauf versteht, Frischlinge auf den richtigen Weg zu bringen, also sollten wir ihm nicht dazwischenfunken. Lassen wir ihr ein bisschen Zeit, um sich einzugewöhnen, bevor wir Abe auf die Idee bringen, die Kleine ganz besonders im Auge zu behalten.«
»Neue Meldungen von Gyangtse, Boss.«
Sir Enobakhare Kereku, Gouverneur des Martinsen-Sektors im Namen Seiner Imperialen Majestät Seamus II., blickte auf, als Patricia Obermeyer, seine Stabschefin, sein Büro betrat.
»Warum«, fragte Kereku nach kurzem Schweigen, »erfüllt diese Vorbemerkung mein Herz mit Grausen?«
»Weil Sie wissen, was Aubert für ein Idiot ist?«, schlug Obermeyer vor.
»Vielleicht. Aber während Sie, ein niederes Mitglied angeheuerter Hilfskräfte, derartige Schmähungen über die Sachkundigkeit meines nicht gerade geschätzten und mir unterstellten Kollegen der Exekutive vorbringen, wollen wir doch nicht vergessen, welch unnachahmliches Talent sein Stabschef hat, alles noch zu verschlimmern.«
»Da haben Sie Recht«, gab Obermeyer nach kurzem Schweigen zu und verzog das Gesicht. »Um ganz ehrlich zu sein: Ich glaube, Salgado könnte ein noch größerer Volltrottel sein als Aubert. Nicht, dass es wirklich einfach wäre, ein derartiges Ausmaß an Inkompetenz noch zu überbieten.«
»Und nachdem wir jetzt beide ein bisschen Dampf abgelassen haben: Was halten Sie davon, mir zu berichten, welche schlechten Neuigkeiten von Gyangtse Sie mir denn nun bringen?«
»Das kommt eigentlich nicht von Gyangtse selbst.« Obermeyer durchquerte das große, geradezu verschwenderisch ausgestattete Büro ihres Vorgesetzten und legte einen Aktenchip auf die Kante von Kerekus Schreibtisch. »Das haben uns die Leute von Brigadier Ericksons Nachrichtendienst übermittelt. Laut den Meldungen von Major Palacios - hinter der Colonel Ustanov steht -, wird die Lage auf Gyangtse zunehmend beschissener.«
»Ich habe immer gewusst, dass die ›Wespen‹ sich eines recht rüden Umgangstons befleißigen«, merkte Kereku an und verzog die Lippen zu einem schiefen Grinsen. »Aber ›beschissen‹ ist in offizieller Korrespondenz doch selbst für deren Verhältnisse ein wenig arg rüde, finden Sie nicht?«
»Ich mag mir, was die genaue Wortwahl betrifft, wohl einige Freiheiten herausgenommen haben, aber ich denke, mit dieser doch recht prägnanten Formulierung den Grundtenor der Anmerkungen des Colonels recht genau wiedergegeben zu haben.«
»Ich fürchte, damit könnten Sie sogar Recht haben.« Kereku seufzte. Mit regelrecht angewiderter Miene betrachtete er den Aktenchip, dann schaute er wieder Obermeyer an und deutete auf einen Sessel. »Machen Sie schon, Pat. Fassen Sie es für mich zusammen. Die einzelnen widerwärtigen Details kann ich mir immer noch später durchlesen - falls ich Zeit dafür finde.«
»Im Prinzip«, begann Obermeyer und ließ sich in den Sessel sinken, auf den ihr Vorgesetzter gewiesen hatte, »läuft es auf ›das Übliche, nur noch schlimmer‹ hinaus. Ustanov ist, was seine Wortwahl betrifft, recht vorsichtig - ich denke, er will jegliche Polarisation zwischen den militärischen und den zivilen Behörden vermeiden. Aber er unterstützt hier deutlich Palacios, und es ist ziemlich klar - vor allem, wenn man Ustanovs Depeschen mit den letzten Meldungen vergleicht, die wir von Aubert persönlich erhalten haben -, dass Aubert keinen blassen Schimmer hat, wie sehr rings um ihn alles den Bach runtergeht. Er glaubt, er hätte die Lage immer noch vollständig unter Kontrolle, Eno. Ständig spielt er die Bedrohung herunter, die von der Befreiungsfront von Gyangtse ausgeht. Er sieht in deren Erklärung, den ›bewaffneten Kampf‹ aufzunehmen, um ›die imperialen Unterdrücker von Gyangtse zu vertreiben‹,
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