Weg des Zorns 01 - Die Kriegerin
wenigstens kein völliger Schwachkopf. Aber Salgado ›kümmert sich‹ jetzt schon so lange um ihn, dass Aubert genauso gut den Verstand einer mittelgroßen Karotte haben könnte! Mittlerweile sind Salgado und er ja schon fast wie siamesische Zwillinge. Wo der eine auftaucht, ist der andere unweigerlich nicht weit, und wir können uns einfach niemanden leisten, der sämtlicher Realität gegenüber derart hartnäckig die Augen verschließt wie die beiden. Jetzt nicht mehr.
Ich denke, Gyangtse ist wirklich so weit, dass es bald ins Imperium eingegliedert werden kann. Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich nicht der Ansicht bin, den lokalen Oligarchen sei bereits bewusst, wie schwer es ihnen danach fallen wird, das Volk weiterhin in der Art und Weise auszubeuten, wie sie das so lange schon getan haben, aber es hat wirklich ausgesehen, als sei es aufgrund der allgemeinen Stimmung jetzt ratsam, das Referendum durchführen zu lassen, als man uns Aubert schickte.
Aber genau diese Tatsache hat auch dafür gesorgt, dass Pankarma und seine Extremisten angeheizt wurden. Die haben sich Sorgen gemacht, dieses Mal könnten ihre Freunde und Nachbarn sich tatsächlich dafür aussprechen, echte Untertanen des Imperiums zu werden, und diese Vorstellung passte denen gar nicht. Also haben sie sich entschlossen, etwas dagegen zu unternehmen, und ihre Appelle an die ärmeren Gyangtsesen - vor allem an die ärmere Stadtbevölkerung -, sind auf recht fruchtbaren Boden gefallen. Das ist wirklich eine Schande, weil sich die Eingliederung für die weitaus meisten der ärmeren Stadtbewohner äußerst positiv auswirken würde - die müssten das nur endlich auch begreifen.
Als wäre das nicht schlimm genug, hat Aubert mit den Entscheidungen, die er seither getroffen hat, die ganze Situation ungleich ernster gemacht. Ich weiß, dass es fast unmöglich ist, sich vorzustellen, es könne irgendwelche Fehler geben, die er bislang noch nicht begangen hat, aber ich bin mir sicher, wenn wir ihm genug Zeit lassen, wird ihm auch dafür gewiss noch etwas Passendes einfallen. Und wir beide wissen doch, dass Salgado viel zu sehr damit beschäftigt ist, ›pragmatisch‹ zu sein und das zu betreiben, was man so schön ›Realpolitik‹ nennt, um sich vor sich selbst retten zu können. Verdammt, wahrscheinlich ist er in gerade diesem Augenblick damit beschäftigt, sich neue Fehler einfallen zu lassen, die Aubert dann unterlaufen können! Ich glaube nicht, dass die Lage auf Gyangtse schon unrettbar verloren ist, aber wenn man die beiden gewähren lässt, dann werden sie genau dafür sorgen - oder zulassen, dass die BFG diese Aufgabe übernimmt -, und ich glaube nicht, dass auch nur einer von den beiden eine Vorstellung hat, auf welche Riesenmenge Ärger sie da gerade zusteuern.«
»Ich weiß, ich weiß.« Nachdenklich fuhr sich Kereku mit einer Hand durch die silbergrauen Locken. »Bedauerlicherweise besteht die einzige Möglichkeit, Salgado loszuwerden, nun einmal darin, Aubert fallen zu lassen, und es steht nicht in meiner Verfügungsgewalt, Aubert einfach zu entlassen. Er wurde durch das Ministerium persönlich eingesetzt, genauso wie auch ich. Und der Senat hat diese Entscheidung bestätigt, genau wie bei mir. Der Imperator könnte damit durchkommen, ihn durch eine einfache persönliche Entscheidung abzusetzen, aber mir steht diese Möglichkeit nicht offen. Und wenn ich es dennoch versuchen würde ...«
Unglücklich nickte Obermeyer. Enobakhare Kereku war dafür ausgewählt worden, als Gouverneur des Imperiums einen der ›Sektoren der Krone‹ zu leiten - einen jener Grenzsektoren, von denen die meisten Planeten erst noch in das Imperium würden eingegliedert werden müssen, sodass sie bislang auch noch nicht eigene Vertreter im Senat stellten; auf diese Weise fiel die Aufgabe der Verwaltung dem Ministerium für Außenweltbelange zu. Und man hatte Kereku dafür ausgewählt, weil er weidlich bewiesen hatte, für diese Aufgabe auch qualifiziert zu sein. Jasper Aubert hingegen war lediglich wegen seiner Beziehungen in eben jenem Sektor der Krone zum Planetar-Gouverneur ernannt worden. Und wenn Obermeyers Laune besonders schlecht war, vermutete sie, ein weiterer Grund für diese Ernennung sei darin zu finden, ihn möglichst weit von Alterde fortzuschaffen, möglichst weit von jeglichem Posten, auf dem er wichtige politische Entscheidungen hätte treffen können. Das war für Alterde natürlich schön und gut, aber es brachte Kereku in seinem
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