Weg des Zorns 01 - Die Kriegerin
dieser Hauch der Zerstörung in der Ferne deutlich weniger erschreckend als die Fragen, die ihr Gregory Hilton gerade gestellt hatte.
»Das ist eine gottverdammte Katastrophe!«, sagte Ákos Salgado verbittert, während er Gouverneur Auberts Büro betrat. Aubert stand vor dem Fenster; er hatte der Tür den Rücken zugewandt und die Hände hinter dem Rücken verschränkt und blickte zu den gleichen Rauchschwaden hinüber, die Alicia von ihrer Position aus betrachtete. »Ich habe Palacios gewarnt, dass diese reflexartige Umsetzung einer ›Politik der harten Hand‹ alles nur noch verschlimmern wird, und diese gottverfluchte Wahnsinnige hat mir im Prinzip gesagt, ich soll mich doch gefälligst verpissen! Bei Gott, ich schwöre, ich werde dafür sorgen, dass dieses Miststück vor ein Kriegsgericht kommt, und wenn es das Letzte ist, was ich ...«
»Ákos«, sagte Aubert mit ruhiger Stimme. »Halten Sie die Klappe.«
Salgado fiel der Kiefer hinunter, und mit den fassungslosen Augen eines Fisches auf dem Trockenen starrte er den Rücken des Gouverneurs an. Mindestens drei Sekunden lang war er zu nichts anderem in der Lage. Dann funktionierte sein Mund wieder.
»Aber ...«, setzte er an, »aber ...«
»Ich sagte ...«, erklärte Aubert überdeutlich, wandte sich vom Fenster ab und blickte endlich seinen Stabschef an, »Sie sollen die Klappe halten.«
Salgados Mund schloss sich wieder, während Aubert sein geräumiges Büro durchquerte und sich in den Sessel hinter seinem Schreibtisch fallen ließ. Dann lehnte er sich mit finsterer Miene zurück.
»Das ist nicht die Folge einer ›Politik der harten Hand‹, die Major Palacios hier umgesetzt haben mag«, erklärte er rundweg. »Das ist das Ergebnis unserer Dummheit.«
»Aber ...«
»Ich sage Ihnen nicht noch einmal, dass Sie die Klappe halten sollen.« Auberts Stimme war eisig, und Salgado verspürte einen Anflug echter, ganz persönlicher Panik, als er seinem Schirmherrn in die Augen blickte und mit einem Mal seine gesamte politische Zukunft vor sein geistiges Auge trat.
»Monatelang hat Palacios versucht uns zu erklären, dass genau so etwas irgendwann passieren würde«, fuhr Aubert fort. »Ich dachte, sie würde sich täuschen. Ich dachte, sie sei einfach eine Schwarzseherin. Ich dachte, Jongdombas ach so zuverlässige Nachrichtendienste hätten die lokale Situation besser durchschaut als sie. Und, Gott helfe mir, ich dachte, Sie hätten wenigstens irgendetwas im Kopf! Ich wünschte - oh, Sie werden niemals begreifen, wie sehr ich mir das wünsche! -, ich könnte mich selbst im Spiegel betrachten und mir sagen, das alles wäre ganz alleine Ihre Schuld. Sie sind derjenige, der ständig meinen Terminkalender manipuliert hat, damit ich nicht durch Palacios' ständige ›Schwarzseherei‹ und ihre ›Paranoia‹ abgelenkt würde. Sie sind derjenige, der dafür gesorgt hat, dass gelegentlich Nachrichten von ihr an mich einfach ›verschwunden‹ sind. Und Sie waren derjenige, der diesen brillanten Plan ersonnen hat, Pankarma in Gewahrsam zu nehmen. Aber das einzige Problem, das ich damit habe, die ganze Schuld einfach auf Sie abzuwälzen, das ist, dass ich genau gewusst habe, was Sie da tun, und dass ich es zugelassen habe. Ich habe Ihnen sogar zugestimmt, trotz allem, was Palacios mir zu erklären versucht hat, und damit bin ich genau so ein Idiot wie Sie. Nein, sogar ein noch größerer Idiot, weil ich die ganze Zeit über die Augen zugekniffen und mir die Finger in die Ohren gesteckt habe, um bloß nicht die Warnsignale mitzubekommen. Kereku hatte völlig Recht mit seiner Analyse, was hier auf Gyangtse geschieht, und er ist satte zwölf Lichtjahre von hier entfernt. Und das bedeutet, so sehr ich es verabscheue, das zugeben zu müssen, dass er absolut im Recht war, dafür sorgen zu wollen, dass ich endlich gefeuert werde!«
»Herr Gouverneur ... Jasper ...«, setzte Salgado verzweifelt an. »Das alles ist doch gewiss ein entsetzliches -«
»Raus«, sagte Aubert fast gelassen. Salgado starrte ihn ungläubig an, und der Gouverneur deutete auf die Tür seines Büros. »Ich sagte: ›Raus‹«, wiederholte er. »Im Sinne von: Aus meinen Augen! Schaffen Sie Ihren Hintern auf die andere Seite dieser Tür und sehen Sie zu, dass ich Sie niemals wieder sehen muss. Sofort!«
Einen Herzschlag lang blickte Ákos Salgado seinen Vorgesetzten nur schweigend an und begriff, dass seine Karriere vollständig, endgültig und unwiederbringlich ruiniert war. Dann sackten seine
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