Weg des Zorns 01 - Die Kriegerin
Kräften darum bemühen, war es für mich naheliegend, dass es mir auch in dieser Situation nicht gelingen würde, ihn zu kontaktieren. Unter den gegebenen Umständen blieb mir also keine andere Wahl, als augenblicklich und eigenverantwortlich zu handeln.«
Salgado knirschte mit den Zähnen. Dieses Miststück. Dieses verleumderische, hinterhältige, regelfuchsende Miststück!
Er wollte gerade schon zu einer ausgewachsenen Schimpftirade ausholen, die Major Palacios zweifellos verdient hatte, doch dann zwang er sich selbst zum Schweigen. Sie zeichnete dieses ganze Gespräch auf. Er wusste genau, dass sie ihn dazu bringen wollte, irgendetwas zu sagen, das sie später ihren militärischen Vorgesetzten vorlegen konnte - oder auch seinen eigenen Vorgesetzten im Ministerium -, um damit ihr eigenes Handeln zu rechtfertigen und ihm einen Strick daraus zu drehen.
Nun, diesen Gefallen würde Ákos Salgado ihr gewiss nicht tun.
»Sie mögen vielleicht Ihre Befugnisse im Rahmen der Vorschriften genutzt haben, Major«, erklärte er eisig. »Aber Sie haben dies ohne jegliche Rücksprache oder Ermächtigung seitens Ihrer zivilen Vorgesetzten getan. Angesichts der derzeitigen Verwirrung auf Gyangtse und auch dieses Hochkochens der Emotionen ist es sehr wohl möglich, dass Ihr Rückgriff auf eine ›Politik der harten Hand‹ eine unbedeutende, ausschließlich lokal begrenzte Angelegenheit in eine unmittelbare Konfrontation mit den Behörden des Imperiums verwandeln wird. Sollte das geschehen, so warne ich Sie schon jetzt vor: Gouverneur Aubert und ich werden alles in unserer Macht Stehende tun, um dafür zu sorgen, dass sämtliche Konsequenzen Ihres Tuns auf Sie zurückfallen.«
»Das kann ich mir vorstellen, Mister Salgado«, erwiderte sie sehr kühl, während blanke Verachtung aus ihren blauen Augen sprach. »Natürlich wird die Zeit zeigen, ob mein Handeln berechtigt war oder nicht, meinen Sie nicht auch? Und wo wir gerade von ›Zeit‹ sprechen: Ich bin im Augenblick ein wenig in Eile. Ist sonst noch irgendetwas, Sir?«
»Nein«, krächzte er. »Im Augenblick nicht, Major.«
»Dann auf Wiedersehen«, sagte sie und unterbrach die Verbindung.
»Ach du meine Güte«, murmelte Gregory Hilton, als er zusammen mit Alicia auf dem Dach der nördlichsten Shuttle-Abfertigungshalle des Raumhafens von Zhikotse stand und zuschaute, wie über der Altstadt dichte Rauchschwaden aufstiegen. »Das klingt nicht gerade gut, was?«
›Das‹ war das gelegentliche, stakkatoartige Knattern automatischer Feuerwaffen, immer wieder unterbrochen von den Explosionen vereinzelter Handgranaten, Mörser oder konventioneller Raketensprengköpfe. Doch nicht nur das war aus dem Stadtzentrum von Zhikotse zu hören, sondern dazu andere Geräusche, die Alicias Sensorik-Booster aus dem allgemeinen Getöse isolieren konnten, wenn sie es darauf anlegte: Das jammernde Wogen einer brüllenden Menschenmenge, das Sirenengeheul verschiedener Einsatzfahrzeuge, vereinzelte Schreie und Rufe, das Klappern und Dröhnen der altmodischen, ungepanzerten Mannschaftswagen und Truppentransporter der Miliz.
Wie konnte das alles so schnell passieren?, fragte sie sich. Wie ist das möglich?
Auf diese Frage kannte sie keine Antwort. Soweit sie wusste, kannte sie niemand. Und während Alicia zuschaute, wie der Qualm aufwallte - während sie hörte, wie der Lärm und das Stimmengewirr dem Raumhafen stetig näher kamen -, wurde ihr klar, dass diese Frage nicht von Bedeutung war. Jetzt nicht mehr. Vielleicht war sie es einmal gewesen, und zweifellos würde sie eines Tages auch wieder wichtig werden. Doch im Augenblick war es nur wichtig, die Situation zu bewältigen; begreifen brauchte man sie nicht.
»Was denkst du, wie lange es noch dauert, bis die unsere Stellung erreichen, Greg?«, fragte Alicia, und es überraschte sie selbst, wie ruhig ihre Stimme dabei klang. Sie schien jemand gänzlich Fremdem zu gehören, jemandem, dessen Nerven nicht flatterten, jemandem, dessen Magen sich nicht völlig verkrampft hatte.
»Schwer zu sagen«, erwiderte Hilton nach kurzem Nachdenken. »Offensichtlich kommen sie auf uns zu, und diese armseligen Milizwürstchen werden sie nicht aufhalten. Vielleicht können sie sie ja wenigstens ein wenig verlangsamen, denke ich.« Bedächtig legte er die Stirn in Falten. »Natürlich könnte ich mir vorstellen, dass ein paar unserer ehrenwerten Milizsoldaten gerade damit beschäftigt sind, sich neue Freunde zu suchen und neue Treuebündnisse zu
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