Weg des Zorns 01 - Die Kriegerin
Schultern herab; er wandte sich ab und taumelte blindlings aus dem Büro.
Kapitel 8
»Rückzug! Rückzug!«
Karsang Dawa Chiawas Kehle fühlte sich an wie ausgetrocknet, als er diesen Befehl brüllte.
Selbst jetzt noch konnte er kaum fassen, mit welcher Aggressivität die Menschenmenge reagiert hatte, wie rasch sie sich versammelt hatte und wie gewalttätig sie geworden war. Nichts in sämtlichen nachrichtendienstlichen Berichten, die er jemals gesehen hatte, ließ in irgendeiner Weise darauf schließen, irgendjemand aus der Planetarregierung oder der Miliz habe geglaubt, die BFG finde tatsächlich echte Unterstützung in der breiten Masse. Anscheinend hatten sie alle sich getäuscht.
Und Salaka hinauszuschicken und sich dieser Menschenmenge zu stellen war genau das Falsche, dachte er grimmig. Auch wenn ihm, das musste er sich eingestehen, bislang noch nichts eingefallen war, was wohl ›das Richtige‹ gewesen wäre. Schon gar nicht nach Sharwas Befehl, die Menschenmenge zu zerstreuen, um dessen Ausführung sich Chiawa keinesfalls persönlich kümmern sollte. Schließlich war es so viel wichtiger gewesen, Chiawa noch ein wenig anzubrüllen, als zuzulassen, dass der Captain irgendetwas zur Entspannung der Lage unternahm. Oder von der Miliz Verstärkung anzufordern. Oder vielleicht Präsident Shangup darüber in Kenntnis zu setzen, was sich hier ereignet hatte.
Doch Chiawa wusste eines: So viele Fehler Sharwa auch gemacht haben mochte, sosehr die aktuelle Situation auch die Schuld des Colonels war, er würde sich niemals vergeben, seinem Vorgesetzten nicht gesagt zu haben, er solle selbst die Schnauze halten - und sich nicht dann persönlich um die Zerstreuung dieser Menschenmasse gekümmert zu haben. Natürlich hatte er zu diesem Zeitpunkt ebenso wenig wie Salaka gewusst, dass es in dieser Menschenmenge zahlreiche Bewaffnete gab, aber er hätte diese Möglichkeit unbedingt mit einkalkulieren müssen.
Salakas Tod war dann der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hatte. Die Steinewerfer hatten sich plötzlich in eine Woge kreischender, aufgebrachter Menschenmassen verwandelt, und ein Großteil von Salakas Leuten war ebenso verwirrt gewesen, ebenso erschüttert, wie alle anderen auch. Sie hatten nichts von alledem erwartet, und als Salaka zu Boden stürzte, hatten sie gezögert. Vielleicht war auch das Chiawas Schuld, denn niemand anderer als er hatte Salaka ausdrücklich angewiesen, auf jegliche Gewaltanwendung zu verzichten. Chiawa zweifelte nicht, dass er sich für den Rest seines Lebens Vorhaltungen machen würde, aber die Wahrheit war doch, dass er selbst nicht wusste, ob es überhaupt einen Unterschied gemacht haben würde, hätte er im gleichen Augenblick, in dem diese aufgebrachte Meute auf das Gebäude zustürmte, das Feuer eröffnen lassen. Wie auch immer, er hatte nicht schießen lassen. Die Milizionäre hatten versucht, sich vorsichtig zurückzuziehen, damit sie ihre Mitbürger nicht erschießen mussten, und genau diese Mitbürger brandeten jetzt über sie hinweg.
Soweit Chiawa wusste, hatte aus Salakas Zug niemand den Angriff überlebt, und er konnte nicht sagen, wie er überhaupt irgendjemanden aus dem Hotel geschafft hatte, als die heulenden Menschenmassen sich mit einem Mal wie aus dem Straßenpflaster zu materialisieren schienen. Seine, Chiawas, Leute hatten sich den Weg freischießen müssen, und er wusste genau, dass zumindest einige seiner Untergebenen nicht einmal den Versuch unternommen hatten. Ob es ihnen gelungen war, sich dem Pöbel anzuschließen, konnte er nicht sagen, aber probiert hatten es zumindest einige.
Wer bei ihm geblieben war, hatte versucht, sich irgendwo festzuhalten, einen schützenden Hafen zu finden, in dem er diesen Sturm abwarten konnte. Einfach war es nicht gewesen, schließlich wimmelte es auf den Straßen der Stadt nur so vor Aufständischen - von denen immer mehr bewaffnet zu sein schienen -, und sie alle schrien ihren Hass jedem entgegen, der eine Uniform trug. Kurz war es ihm und seinen Männern gelungen, Kontakt mit der Echo-Kompanie aufzunehmen, der anderen Einheit der Miliz, die Brigadier Jongdomba und Colonel Sharwa für diesen ›Routine-Einsatz‹ abgestellt hatten. Doch Captain Padorje, Befehlshaber der Echo-Kompanie, hatte darauf bestanden, Colonel Sharwas Befehl auszuführen, das ›Annapurna Arms‹ wieder einzunehmen. Was genau Sharwa damit zu bewirken glaubte, entging Chiawa gänzlich; der Colonel schien zu glauben, eine
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