Weg des Zorns 01 - Die Kriegerin
Verwundeten zu bergen. Captain Hudson, der leitende Sanitätsoffizier des Bataillons, und dessen Sanitäter sowie etwa ein Dutzend ziviler Ärzte, die sich im Raumhafen aufhielten, hatten getan, was sie konnten, doch den Berichten zufolge sah es ganz danach aus, als würden sie noch mindestens ein weiteres halbes Dutzend Verwundete verlieren.
Dennoch schien es, als wären die Randalierer, Aufständischen oder was auch immer sie nun eigentlich waren zu dem Schluss gekommen, es sei eine gute Idee, den Raumhafen in Ruhe zu lassen. Derzeit vergnügten sich die Menschenmassen damit, stattdessen einen ernstzunehmenden Teil des Rests von Zhikotse in Schutt und Asche zu legen und Jagd auf ›Imp-Kollaborateure‹ zu machen. Die meisten dieser ›Kollaborateure‹ waren natürlich nichts dergleichen - es waren einfach nur Personen, deren relativer Wohlstand oder Akzent oder Kleidungsstil sie als ›Unterdrücker der Armen‹ auszuzeichnen schienen. Die meisten echten ›Unterdrücker‹ verfügten über die Möglichkeiten, den aufgebrachten Menschenmassen aus dem Weg zu gehen, doch aufgebrachte Menschenmassen hatten sich noch nie dadurch ausgezeichnet, sonderlich logisch vorzugehen.
Was einigen dieser armen Teufel widerfuhr, reichte aus, um Palacios den Magen umzudrehen, der nach mehr als fünfzehn Jahren des aktiven Dienstes bei den Imperial Marines schon recht abgehärtet war. Aber unternehmen konnte der Major hier nur sehr wenig. Sie hatte einfach nicht genügend Soldaten. Jegliche Donquichotterie wäre in einer Stadt der Größe von Zhikotse einfach aufgesaugt worden wie Wasser von einem Schwamm, daran bestand überhaupt kein Zweifel.
Wäre das Ziel gewesen, sämtliche Unruhestifter einfach zu töten, so hätte die Lage natürlich anders ausgesehen.
Unglücklicherweise - oder vielleicht auch: glücklicherweise, je nachdem, wie man die Sache betrachtete (und im Augenblick musste sich Serafina Palacios ernstlich eingestehen, dass sie selbst sich in dieser Hinsicht noch nicht entschieden hatte) - verlangte die geltende Politik des Imperiums - ganz so, wie der Major es Jongdomba erklärt hatte -, sämtliche Kollateralschäden und Opfer in der Zivilbevölkerung unbedingt zu minimieren, selbst in einer Lage wie dieser. Jetzt sämtliche Personen zu töten, die sich derzeit in der Nähe der Promenaden aufhielten, wäre relativ einfach gewesen. Vielleicht hätte es eine gewisse Weile gedauert, doch sie hätte diese Belagerung der Präsidenten-Villa jederzeit beenden können, wenn sie sich bereiterklärt hätte, Lieutenant Ryan einfach losschlagen zu lassen. Wahrscheinlich hätte sie dabei einen ernstzunehmenden Teil ihrer gesamten Mörser-Munition verbraucht, doch sie hätte es schaffen können - vor allem, wenn sie eine ihrer eigenen Kompanien dem Geschosshagel hätte folgen lassen, um dann noch die restlichen ›Aufräumarbeiten‹ zu übernehmen. Diese armen, wirklich mitleiderregenden Aufständischen dort hatten keine Ahnung, wie tödlich ihre Wespen des Imperiums wirklich sein konnten, und sie hoffte, die Menschenmasse dort würde es auch niemals in Erfahrung bringen müssen. Auch wenn Brigadier Jongdomba unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hatte, er sei der Ansicht, genau das solle sie tun.
Und sollte es letztendlich tatsächlich erforderlich werden, dann werde ich das auch tun, dachte Major Palacios grimmig. Aber nur, wenn es wirklich nicht anders geht. Wir müssen diese Lage hier unter Kontrolle bringen und nicht etwa Greueltaten begehen, die dann reichlich Märtyrer für die nächste Generation der BFG schaffen. Damit hat Aubert ganz Recht. Ohne jegliche Belustigung verzog sie die Lippen zu einem Lächeln. Statt also hier Menschen umzubringen, die im Widerstand gegen den Imperator zu den Waffen gegriffen haben - und auch gegen ihre eigene, lokale, gewählte Regierung! -, riskiere ich das Leben meiner Leute, um die Verluste in der Zivilbevölkerung zu minimieren. Na, ist das nicht einfach Scheiße?
Unwillkürlich schnaubte sie, als ihr bewusst wurde, dass sie ihre Gedanken tatsächlich um alles Mögliche hatte kreisen lassen, nur um das aufzuschieben, was sie unbedingt tun musste.
»Tom, was ist das Letzte, was wir von Brigadier Jongdomba gehört haben?«, fragte sie schließlich.
»Wir stehen immer noch in Kontakt mit ihm«, erwiderte Lieutenant Bradwell. »Aber der Brigadier meldet, sein Kordon werde stetig zurückgedrängt. Er hat sein Gesuch, umgehend ersetzt zu werden, noch einmal wiederholt.«
Palacios
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