Weg des Zorns 01 - Die Kriegerin
denke ich, dass er nicht ganz so ... äh ... belastbar war, wie die meisten von uns angenommen hatten.«
»Ich bedauere, das zu hören, Sir«, gab Kuramochi zurück. Alicia entging nicht, dass die Stimme ihres Lieutenant höflich und aufmerksam klang; durch nichts ließ sie erkennen, sehr wohl begriffen zu haben, dass diesem Captain der Miliz, der vor dem Eingang zum Konferenzraum gestanden hatte, hier in Wirklichkeit die Funktion eines Gefängniswärters zugekommen war. Alicia fragte sich, ob Jongdomba sich tatsächlich bewusst dafür entschieden hatte, hier etwas zu wagen, was faktisch einem Staatsstreich gleichgekommen wäre, oder ob er einfach nur nach und nach dort hineingeschlittert war. Oder ob er überhaupt auch nur die Möglichkeit bedacht hatte, etwas Derartiges zu versuchen, bevor sich die aktuelle Notlage ergab.
»Darf ich davon ausgehen, Herr Präsident«, fuhr Kuramochi fort, »dass Sie und diese anderen Herrschaften ...« - kurz nickte sie freundlich den ähnlich ungepflegten, zerzausten Abgeordneten zu - »tatsächlich bereit und willens sind, sich meinem Zug und mir anzuschließen, wenn wir zum Raumhafen zurückkehren? Dort werden Major Palacios und Gouverneur Aubert für die Sicherheit und den Fortbestand Ihrer derzeitigen Regierung garantieren können.«
»Das dürfen Sie, Lieutenant«, erklärte der Präsident mit fester Stimme.
»Ich fürchte, wir werden diese Strecke zu Fuß zurücklegen müssen, Sir«, merkte Kuramochi an. »Major Palacios hatte in Erwägung gezogen, einen Transporter einzusetzen, der Sie abholen sollte, aber wir verfügen über keinerlei gepanzerte Boden- oder Luftfahrzeuge, und wir wissen, dass sich derzeit in der Innenstadt von Zhikotse zahlreiche Boden-Luft-Flugkörper befinden, sodass sich der Einsatz gewöhnlicher Frachtschweber verbietet. Es wäre uns deutlich lieber, wenn Sie und die Abgeordneten nicht irgendwo über den Bürgersteig verschmiert enden würden, bloß weil es uns nicht gelungen ist, sämtliche gegnerischen BLFs rechtzeitig zu orten.«
»Ich halte es für eine ausgezeichnete Idee, uns unverschmiert zu lassen, Lieutenant.« Es überraschte Alicia, dass Shangup belustigt schnaubte und in einem breiten Grinsen die Zähne aufblitzen ließ. »Und ich habe Spaziergänge schon immer für eine wunderbare Methode gehalten, sich ein wenig körperlich zu ertüchtigen«, fuhr er fort. »Im Augenblick muss ich sagen, ich freue mich regelrecht darauf, mich gemeinsam mit Ihnen in diesem Sport zu ergehen.«
»Das freut mich sehr, Sir. Wenn Sie mich dann bitte entschuldigen wollten? Ich muss einen geordneten Rückzug aus dieser Stellung vorbereiten.«
Nachdenklich runzelte Captain Chiawa die Stirn, während er konzentriert durch den schmalen, waagerechten Spalt hinausspähte. Dort geschah irgendetwas Neues, und das, was er persönlich in Bezug auf die neuen Entwicklungen vermutete, gefiel ihm ganz und gar nicht.
Er hatte gehört, wie plötzlich die Mörser gedröhnt hatten, und die Geschosse waren ungleich präziser und konzentrierter eingeschlagen, als jegliche Schwergerät-Einheit der Miliz es jemals hätte bewerkstelligen können. Gekommen waren die Geschosse in etwa aus der Richtung, in der auch die Promenaden lagen, und das ließ vermuten, dass die Wespen sich näherten, um Jongdomba zu unterstützen. Chiawa war zwar erstaunt, dass es so lange gedauert hatte, doch er war auch froh, dass es endlich geschah.
Vorsichtig waren er und seine vier Begleiter durch die Abwasserkanäle gekrochen, als die Mörser das Feuer eröffneten. Paldorjes Befürchtungen, die Kanäle könnten möglicherweise ein wenig eng sein, hatten sich als durchaus berechtigt herausgestellt, doch keiner der Männer, die derzeit Chiawa unterstanden, war sonderlich groß - nur wenige Gyangtsesen waren das -, und es war immer noch allemal besser, als an der Oberfläche des Planeten ohne jede Deckung durch die Straßen zu marschieren und ständig fürchten zu müssen, von einem Dach oder aus einem der zahllosen Fenster in den oberen Stockwerken könnte ein Heckenschütze sie unbemerkt ins Visier nehmen.
Doch der Weg durch die Kanäle hatte auch seine Nachteile. Zu gerne wäre Chiawa zu den Einheiten gestoßen, die die Marines zu den Promenaden ausgeschickt hatten, doch er hatte nicht herausfinden können, wo genau die Geschosse der Mörser eingeschlagen waren. Abgesehen davon hatten sie fast fünfzehn Minuten lang immer weiter durch diese Abwasserkanäle schlittern müssen, bis sie den ersten
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