Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten
Nahtreffer gelandet zu haben.«
Treadwells Kiefermuskeln verspannten sich, und er setzte schon zu einer scharfen Erwiderung an, doch dann schüttelte er den Kopf und seufzte. Seine Schultern sanken herab.
»Sie haben recht«, gestand er ein und bedachte den flüchtenden Lichtpunkt auf seinem Display mit einem finsteren Blick. Ihm stand kein einziges Schiff zur Verfügung, nicht einmal eine Korvette, die einen geeigneten Abfangkurs hätte anlegen können, und er hatte nichts, womit er diese AlphaSyntho-Einheit zerstören konnte. Mit erzwungener Ruhe wandte er sich vom Bildschirm ab.
»Lord Jurawski wird schon unzufrieden genug sein, wenn ich ihn darüber in Kenntnis setze, dass uns eine AlphaSyntho-Einheit ... abhandengekommen ist. Da will ich ihm nicht auch noch berichten müssen, sämtliche Abwehrmöglichkeiten von Franconia verschwendet zu haben. Angriff abbrechen, Admiral Horth.«
»Jawohl, Sir.« Es gelang Horth, sich bei dieser Erwiderung ihre Erleichterung nicht anmerken zu lassen, doch Treadwell bemerkte genau das, und in seinen Augen blitzte verbitterte Belustigung.
»Und danach, Admiral, werden Sie und ich und Admiral Marat - und natürlich mein geschätzter Freund Sir Arthur - uns zusammensetzen und darüber sprechen, wie genau sich dieses Fiasko hat ereignen können. Ich bin mir sicher ...« - der Gouverneur ließ seine Zähne aufblitzen, und mit sehr viel Wohlwollen hätte man das tatsächlich als ›Lächeln‹ bezeichnen können - »... der Abschlussbericht hierzu wird eine faszinierende Lektüre darstellen.«
Sir Arthur Keita sackte in seinem Sessel zusammen; auf einem der Displays seines Koms betrachtete er die in Echtzeit übertragenen Gravitationssensor-Scans von Jefferson Field. Ihm schmerzten die Augen, und er hatte sich seit fast sieben Stunden nicht mehr bewegt. Und doch konnte er den Blick nicht davon abwenden.
Vor viereinhalb Stunden hatte das gestohlene Schiff den äußeren Orbitalfestungs-Ring passiert. Nachdem es sich dann weit genug vom Zentralgestirn dieses Systems entfernt hatte, ging es schließlich auf maximalen Schub über. Jetzt war es schon beinahe drei Lichtstunden vom Stern des Franconia-Systems entfernt und fuhr mit mehr als null Komma neun acht c weiter. Keita verfolgte die Echtzeitübertragung und konnte mitansehen, wie das AlphaSyntho-Schiff mit enormer Beschleunigung weiterraste und die ohnehin schon beträchtliche Geschwindigkeit in jeder Sekunde um mehr als zweiundzwanzig Kilometer in der Sekunde steigerte.
Achteinhalb Sekunden später erreichte das Schiff die kritische Schwelle - neunundneunzig Prozent der Lichtgeschwindigkeit -, dann verschwand es mit dem kaleidoskopartigen Blitz, der stets zu beobachten war, wenn ein Schiff in ein Wurmloch eintauchte. Das Schiff war in seinem eigenen, ganz privaten Nicht-Universum verschwunden, war nicht mehr Teil von Einsteins geordnetem Raum-Zeit-Kontinuum, sprang auf eine effektive Geschwindigkeit von mehr als dem Fünfhundertfachen der Lichtgeschwindigkeit ... und es beschleunigte immer noch weiter.
Die Gravitationsscanner konnten es zwar immer noch orten, aber auf einem so kleinen Bildschirm wie dem, den Sir Arthur hier betrachtete, ließ es sich nicht mehr erkennen, und so bewegte Keita sich schließlich doch und streckte die Hand aus, um das Display zu deaktivieren. Einen winzigen Moment lang sah der Brigadier tatsächlich so alt aus, wie er in Wirklichkeit war. Er rieb sich die Augen und fragte sich erneut, was er hätte anders machen müssen, um diesen Wahnsinn hier zu vermeiden - und die Katastrophe, die diesem Wahnsinn unweigerlich folgen würde.
Tannis Cateau stand neben ihm; ihr Gesicht wirkte abgespannt, in ihren Augen blitzten unvergossene Tränen, und keiner von beiden warf einen Blick über die Schulter. Hätten sie das getan, so hätten sie gesehen, dass Inspector Ferhat Ben Belkassem vor dem nun verloschenen Bildschirm ironisch salutierte ... und dabei lächelte.
Kapitel 14
»Meine RoboDrohnen könnten das hier viel schneller erledigen.«
»Das ist mir auch klar, Megaira.« Alicia hatte es sich angewöhnt, mit der elektronischen Hälfte ihrer selbst meist laut zu sprechen - und auch mit Tisiphone. Nicht, weil das notwendig gewesen wäre, sondern weil selbst der Klang ihrer eigenen Stimme ein angenehmes Gegenmittel gegen die ansonsten völlige Stille an Bord darstellte. Man hätte nicht gerade sagen können, Alicia sei einsam gewesen, schließlich hatte sie noch zwei ›Personen‹, mit denen sie reden
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