Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten
blieb immer noch die Frage nach den zahllosen Toten offen, die ihre Angriffe forderten. McIlhenny glaubte nicht an einen ›Attila, den Hunnenkönig, im Weltall‹. Im Großen und Ganzen wurden dumme Menschen nicht Captains von Raumschiffen, und nur jemandem, der außerordentlich dumm war, konnte entgehen, welches Ergebnis es unweigerlich haben musste, sich mit einer derartigen Politik der verbrannten Erde dem Imperium entgegenzustellen. Deswegen waren Massaker, die einfach nur verübt wurden, eben um ein Massaker zu verüben, ganz und gar nicht im Sinne gewöhnlicher Piraten. Davon konnte man keine Rechnungen bezahlen, und zugleich sorgte es unweigerlich für eine massive Reaktion. Und doch legten es diese Leute gezielt darauf an, ein Maximum an Zerstörung herbeizuführen. Nach allem, was ihm die Berichte der wenigen Überlebenden von Elysium verrieten, hatten diese ›Piraten‹ noch nicht einmal versucht, außerhalb der Hauptstadt überhaupt irgendetwas zu erbeuten, doch sie hatten jede einzelne Stadt auf dem gesamten Planeten aus dem Orbit mit Nuklearsprengköpfen zerstört! Neun Milliarden Todesopfer! Was um alles in der Welt steckte hinter einem derartigen Blutbad? Es war fast, als wollten diese ›Piraten‹ die Navy verspotten, als wollten sie das Imperium regelrecht herausfordern, endlich etwas gegen sie zu unternehmen.
Es war zum Verrücktwerden, und doch befand sich die Antwort, nach der er suchte, hier - hier in seinem Büro. Er selbst musste die Antwort schon kennen, doch er war nicht in der Lage, das Puzzle auch zusammenzusetzen. Wer auch immer in der Lage war, Sicherheitsvorkehrungen zu unterlaufen, als würden sie überhaupt nicht existieren, und die gestohlenen Daten dazu zu nutzen, derart präzise geplante, todbringende Angriffe durchzuführen, konnte nicht einfach nur ein unberechenbarer Einzelgänger sein. Diese ›Piraten‹ verfolgten irgendein anderes, größeres Ziel, das - zumindest waren sie dieser Ansicht - all die Opfer lohnenswert machte, und das war schlichtweg erschreckend, denn McIlhenny konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was das für ein Ziel sein sollte - und dabei war doch eigentlich genau das seine Aufgabe.
Es gibt Zeiten, dachte er wehmütig, da erscheint die Einfachheit des bewaffneten Kampfes regelrecht verführerisch.
Der Signalton, der ihn darüber in Kenntnis setzte, vor der Luke zu seiner Kabine stehe ein Besucher, riss McIlhenny aus den Gedanken. Erstaunt hob er die Augenbrauen, als Sir Arthur Keita eintrat.
»Guten Abend, Sir Arthur. Was kann ich für Sie tun?«
»Wahrscheinlich nicht allzu viel«, grollte Keita. Er hob eine Kiste mit Datenchips aus einem der Sessel, nahm dann Platz und stellte sich die Kiste einfach auf den Schoß. »Ich bin nur vorbeigekommen, um mich von Ihnen zu verabschieden, Colonel.«
»›Verabschieden‹?«, wiederholte McIlhenny erstaunt, und Keita warf ihm ein säuerliches Grinsen zu.
»Ich bewirke hier doch überhaupt nichts. Das ist eine Aufgabe, die Sie und die Navy übernehmen müssen - und auch Treadwell, falls der jemals damit aufhört, lautstark weitere Schiffe zu fordern, und stattdessen mit dem arbeitet, was er eben hat-, und ich war schon viel zu lange hier.«
»Ich verstehe.« McIlhenny ließ sich wieder in seinen Sessel sinken und schwenkte ihn dann so herum, dass er Keita anblicken konnte. Die raue Stimme des Brigadiers klang so fest und entschlossen wie eh und je, und doch bemerkte McIlhenny die Verzweiflung, die darin mitschwang. Er wusste genau, was Keita so lange auf Soissons hatte bleiben lassen ... und während dieser zehn Wochen war nicht ein einziger Bericht über die AlphaSyntho-Einheit eingegangen.
»Das kann ich mir vorstellen, Colonel.« Trauer lag in Keitas Blick, doch er warf McIlhenny ein weiteres Lächeln zu - dieses Mal deutlich weniger angespannt - und nickte knapp. »Aber ich kann ein weiteres Verbleiben hier nicht mit der Hoffnung rechtfertigen, dass sich vielleicht noch irgendetwas ergibt, und ...« - die Muskeln seines Kiefers spannten sich sichtlich an - »... wenn man sie jetzt findet, dann fällt sie sowieso in Ihren Zuständigkeitsbereich, nicht in den meinen.«
»Ich verstehe, Sir«, erwiderte der Colonel. »Ich wünschte, es wäre nicht so - Captain DeVries hat weiß Gott etwas anderes verdient als das! -, aber ich verstehe.«
Keita senkte den Blick, betrachtete die Kiste mit den Datenchips und fuhr mit dem Zeigefinger zwischen ihnen hindurch.
»Ich wünschte wirklich, Sie
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