Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten
Giolitti herumgeführt hat. Sämtliche Gebühren haben wir von deren Scheinkonto beglichen; das Restguthaben beträgt jetzt noch achtzigtausend Credits.«
»Was ist mit dem Servicepersonal?«
»Keine Panik. Darum hat sich Lieutenant Chisholm gekümmert. Die warten nur darauf, dass unser Shuttle vorbeikommt und Verbrauchsartikel abholt. Das meiste davon werden wir dann irgendwo im Tiefenraum abwerfen müssen, schließlich habe ich genug für eine fünfköpfige Besatzung bestellt, damit auch alles vernünftig aussieht, aber in unseren Unterlagen von Melville steht auch, dass wir vor sechs Monaten eine vollständige Überholung durchführen ließen, deswegen brauchte ich da keinerlei Wartungsbedarf vorzutäuschen.«
»Du bist wirklich ein Schatz«, gab Alicia begeistert zurück.
Sie war erstaunt, wie überzeugend die Computerbilder und die Stimmen wirkten, die Megaira erzeugen konnte. Und es war auch gut so, dass die KI das so gut beherrschte, schließlich mussten sie damit ja jeden überzeugen, der neugierig wurde - nein, eigentlich sollte man das streichen. Sie mussten dafür sorgen, dass niemand neugierig werden würde, und das bedeutete, sie mussten noch andere Mannschaftsmitglieder außer eben Captain Mainwaring ›erzeugen‹ - auf die eine oder andere Weise. Megairas Fähigkeit, am Kom Gespräche zu führen, oder auch mehrere gleichzeitig, würde in dieser Hinsicht unschätzbar wertvoll sein.
»Danke. Du und Tis, ihr habt euch auch ziemlich gut geschlagen.«
»Aber ohne dich hätten wir nur wenig ausrichten können, Megaira. Es ist die Kombination all unserer Fähigkeiten, die uns zu etwas Besonderem macht.«
»Das hast du gut ausgedrückt, Lady«, stimmte Alicia zu. »Aber ich gehe davon aus, dass niemand sich über deine ›Gesichter‹ gewundert hat, ja?«
»Keinen Schlag. Willste mal sehen, was ich als Letztes hinbekommen habe? Endlich habe ich dieses Lispeln von ›Lieutenant Chisholm‹ richtig drauf, weißt du?«
»Klar.« Der Fahrstuhl hielt an, und Alicia betrat die Brücke. »Leg los.«
»Schau auf Monitor Zwo.«
Kurz flackerte der flache Bildschirm, dann erschien darauf das Gesicht eines hageren Mannes mit kastanienbraunem Haar und auffallend schweren Lidern.
»Wie thehe ich auth, Thir?«, lispelte das Abbild, und Alicia musste grinsen.
»Ich glaube, dieses Lispeln ist dir sogar schon zu gut gelungen, Megaira.«
»Thie haben leicht reden«, erwiderte Lieutenant Chisholm bedrückt. »Thie wurden ja auch nicht Ihr gantheth Leben dethwegen gehänthelt. Ich kann Ihnen thagen, für mich war dath überhaupt nicht luthtig!«
»Klingst du nur so, oder spuckst du dabei auch noch?«, kicherte Alicia, und die Gestalt auf dem Bildschirm hob eine Hand und machte eine außerordentlich unflätige Geste.
»Ach, das ist einfach perfekt, Megaira! Ich könnte mir vorstellen, dass der arme Chisholm nicht allzu viele von den Kom-Kontakten übernimmt - bei diesem Lispeln!«
»Nein.« Chisholms Baritonstimme war einem klaren Sopran gewichen, und auf dem Display erschien eine grauhaarige Frau mit auffallend kantigen Gesichtszügen. Alicia erkannte ›Ruth Tanner‹, ihre Zahlmeisterin. »Der arme Andy verabscheut es, mit Fremden reden zu müssen. Deswegen übernehme ich meistens das Kom, wenn Sie nicht an Bord sind, Ma'am.«
»Ich verstehe.« Alicia lehnte sich gegen eine Konsole und grinste über das ganze Gesicht. Die KI hatte sich wirklich selbst übertroffen. Niemand, der sich mit einem dieser ›Talking Heads‹ unterhielt, käme jemals auf den Gedanken, an Bord der Star Runner befinde sich in Wirklichkeit nur eine einzige Person. Zusammen mit der Fähigkeit der KI, beide Shuttles über ihre Telemetrie-Links zu steuern, würde die Mannschaft von Captain Mainwaring durchaus in Erscheinung treten - und zwar so eindeutig, dass es niemandem auffallen würde, sie in Wirklichkeit niemals zu Gesicht bekommen zu haben.
»Okay, ich denke, wir sind so weit. Aber wenn es euch beiden recht ist, dann würde ich mich gerne einmal richtig ausschlafen, bevor ich mich daran mache, Frachtgüter aufzutreiben.«
»Klar.«
Der Bildschirm wurde schwarz, als Megaira wieder auf direkten Kontakt umschaltete, und Alicia machte sich auf den Weg zu ihrer Kabine. Während des Gehens streifte sie schon ihre engsitzende Jacke ab. Dann warf sie das Kleidungsstück einer von Megairas bereitstehenden RoboDrohnen zu, die es säuberlich zusammenfaltete und in einem Spind verschwinden ließ.
»Öhm, sag mal, Alley«, ergriff Megaira
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