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Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten

Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten

Titel: Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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davor scheute, ihre Entscheidung von damals noch einmal durchleben zu müssen. Doch es gab einen Grund dafür, dass sie jeglichen Kontakt mit dem Kader abgebrochen hatte - sogar mit Tannis -, und wenn die alten Verletzungen auch mittlerweile vernarbt waren, so gab es sie eben immer noch. Die Verbindungen wieder aufzunehmen, die sie abgebrochen hatte, könnte alle diese Narben wieder aufreißen ... und darunter, das wusste Alicia genau, lagen immer noch die alten, schmerzenden Wunden.
    Es gab eine Grenze, wie viel Schmerz sie ertragen konnte, selbst jetzt, wo es Tisiphone gab; die Furie stand zwar zwischen ihr und ...
    Eine Hitze, die Alicia zunehmend vertraut wurde, ließ ihren rechten Arm kribbeln; sie ging von der Stelle aus, an der Tannis' linker Ellenbogen ihren Arm berührte, und schon spürte sie auch die Gedanken ihrer Freundin. Belustigung. Stolz darüber, wie rasch sie sich von ihren Verletzungen erholte. Sorgfältig verborgene Besorgnis angesichts dieses bevorstehenden Gesprächs. Brennende Neugier, warum Alicia dieses Zusammentreffen mit Keita so sehr fürchtete, Sorge über die möglichen Konsequenzen dessen, und darunter eine tieferliegende, hartnäckigere Sorge über Alicias Geisteszustand - und was sie tun solle, wenn ihre Freundin tatsächlich un aufhaltsam sein sollte.
    »Hör auf damit!«
    »Warum? Sie ist deine Ärztin, und wir benötigen diese Information.«
    »Nicht von Tannis - nicht auf diese Art und Weise. Sie ist auch meine Freundin!«
    Zur Antwort erhielt sie ein wortloses Grummeln, doch der Informationsstrom verebbte tatsächlich, und dafür war Alicia aufrichtig dankbar. Auf diese Weise Tannis' Gedanken zu stehlen war ein Übergriff auf ihre Privatsphäre und ein echter Vertrauensmissbrauch - fast schon eine Art Vergewaltigung, auch wenn Tannis davon überhaupt nichts mitbekam. Alicia verabscheute es einfach.
    Nicht, dass es nicht hilfreich gewesen wäre, gestand sie sich ein. Beim ersten Mal, als Tannis sie umarmte, hatte Tisiphone in dem Verstand des Majors einen beunruhigenden Verdacht aufgespürt. Alicia hatte sich bei ihren Monologen ein wenig hinreißen lassen, und Tannis kannte sie einfach zu gut.
    Dank dieser Vorwarnung war Alicia ein wenig vorsichtiger geworden und hatte ihre gekünstelten Dialoge so angepasst, als sei sie des Spiels allmählich überdrüssig. Tannis hatte sie als sarkastische Antwort auf das Verhalten der Leute abgeschrieben, die an Alicias Verstand zweifelten, und danach hatte sich Alicia auf vereinzelte verbale Reaktionen auf Bemerkungen beschränkt, die Tisiphone tatsächlich gemacht hatte. Das funktionierte viel besser, denn so war es spontan, fragmentarisch und rätselhaft, und dabei doch in sich konsistent - ganz eindeutig war das nichts, was Alicia bewusst hervorbrachte, nur um etwaige Lauscher zu täuschen-, und weil es eben so echt klang, hatte das Tannis' Gedanken in genau die richtige Richtung gelenkt.
    Alicia gefiel es überhaupt nicht, ihre Freundin so hinters Licht zu führen, aber andererseits führte sie diese Gespräche ja tatsächlich. Es war immer noch möglich, dass sie wirklich den Verstand verloren hatte - manchmal hätte sie es sogar vorgezogen, wenn es wirklich so wäre! -, und wenn nicht, dann war sie gewiss nicht dafür verantwortlich, dass Tannis ihr Verhalten fehlinterpretierte.
    Sie straffte die Schultern, steckte sich die Ecken ihres Handtuchs unter ihr Sweatshirt und ging Seite an Seite mit ihrer Freundin den Korridor hinab.
    Durch die Augen ihres Wirtskörpers beobachtete Tisiphone alles, während sie den Gang hinunterschritten. Die letzten Wochen waren die bisher sonderbarsten ihres langen Daseins gewesen, eine ungewöhnliche Kombination aus ungeduldigem Warten und zahlreichen Entdeckungen - und sie war sich wirklich nicht sicher, dass es ihr gefallen hatte.
    Alicia und sie hatten viel über ihre eigenen derzeitigen Fähigkeiten gelernt. Tisiphone konnte immer noch Gedanken aus dem Verstand anderer Sterblicher auffangen, doch nur, wenn ihr Wirtskörper mit jenen anderen Sterblichen in körperlichen Kontakt trat. Auch die körperliche Heilung vermochte sie immer noch zu beschleunigen, doch das, was einst ›Wunder‹ gewesen waren, stellte in der Heilkunst, die der Mensch mittlerweile zu meistern gelernt hatte, nichts anderes als ›Routine‹ dar. Es gab nur wenig, was Tisiphone bei dem, was die Heiler hier schon leisteten, noch hätte beschleunigen können, und so beschränkte sie sich darauf, Schmerzen und allgemeines Unwohlsein

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