Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten
»Entschuldigung«, japste sie dann. »Entschuldigung, Sarge! Ich habe bloß so viel Spaß daran, zur Abwechslung mal den Spieß umdrehen zu können und dich quer durch die Halle zu prügeln!«
»Ach ja?« Alicia blickte sie abschätzend von der Seite an und verzog die Lippen dann zu einem verschlagenen Lächeln. »Na, das ist aber wirklich schlau von Ihnen, Major. Schließlich brauchen wir bis Soissons ja noch zwei ganze Wochen.« Perlweiß blitzten ihre Zähne im Schein der Lampen auf, als sie ihre Freundin angrinste. »Hätten Sie vielleicht Lust auf eine kleine Wette, wer insgesamt gesehen wem heftiger in den Hintern getreten hat, wenn wir dort angekommen sind, Ma'am?«
Inspector Ben Belkassem nippte an seinem Kaffee und legte den Ordner mit Aktenchips beiseite. Der Ventilator beförderte den Duft von Sir Arthurs Pfeife geradewegs in seine Richtung, und so sog er genüsslich das schwere Aroma ein, doch seine Miene wirkte dabei sehr ernst.
»Sie scheint so überzeugt davon, dass ich es manchmal sogar selbst glaube«, sagte er schließlich, und Keita stieß einen zustimmenden Brummlaut aus. »Und es scheint auch keinerlei Unstimmigkeiten oder fehlende Daten zu geben. In sich ist das alles konsistent, so bizarr es auch klingen mag.«
»Genau das beunruhigt mich ja«, gestand Keita ein. »Sie klingt so überzeugend, weil sie das wirklich glaubt - das wusste ich schon, bevor sie sich unter den Verifikator gelegt hat. Sie hat daran überhaupt keine Zweifel, wirklich nicht den geringsten, und es ist überhaupt nicht Alicias Art, irgendwelche Dinge ohne jegliches Hinterfragen einfach hinzunehmen. Das würde sie niemals tun, es sei denn, es würde tatsächlich irgendetwas ›zu ihr sprechen‹. Also ist sie entweder wirklich innerlich zusammengebrochen und leidet jetzt an einer multiplen Persönlichkeitsspaltung, oder aber irgendein äußerer Einfluss hat sie davon überzeugt, dass alles, was sie uns hier erzählt hat, die reine Wahrheit ist.«
In seinem Sessel richtete sich Ben Belkassem auf und hob die Augenbrauen.
»Sir Arthur, wollen Sie damit ernstlich sagen, in DeVries' Schädel befinde sich wirklich irgendetwas Fremdes? Irgendein Wesen, eine Art Puppenspieler?«
»Dort findet sich zumindest irgendein Wesen, auch wenn es vielleicht nur das Produkt ihrer eigenen Wahnvorstellungen ist.« Keita konzentrierte sich ganz darauf, seine Pfeife wieder anzuzünden. »Und zumindest sie ist fest davon überzeugt, es sei von außen gekommen.«
»Zugegeben, aber es ist doch sehr viel wahrscheinlicher, dass sie in irgendwelchen Wahnvorstellungen gefangen ist. Nach allem, was ich aus den Ausführungen von Major Cateau verstanden habe, ist bei derartigen Fällen ein hohes Ausmaß interner Konsistenz und absolut fester Überzeugung, was man sagt, sei die Wahrheit, gang und gäbe, und Captain DeVries hat eindeutig genug durchgemacht, um einen derartigen Zusammenbruch für äußerst denkbar zu halten. Ich hatte keine Ahnung, wie traumatisch ihre Dienstzeit beim Militär gewesen ist, aber wenn man dazu noch nimmt, wie grausam ihre Familie abgeschlachtet wurde, und die Verwundungen, die sie selbst erlitten hat ...«
Er sprach nicht weiter und zuckte mit den Schultern.
»Hmm.« Keita zog an seiner Pfeife und blickte Ben Belkassem durch die Rauchwolke mit zusammengekniffenen Augen an. »Wie viel wissen Sie über die Auswahlkriterien des Kaders, Inspector?«
»Nur sehr wenig, abgesehen davon, dass sie sehr strikt und anspruchsvoll sind.«
»Das ist wohl kaum überraschend. Dennoch, Sie wissen doch, dass der Kader der einzige Zweig des Militärs ist, dessen Truppenstärke durch die Gesetze des Senats beschränkt ist, oder?«
»Selbstverständlich. Und bei allem Respekt, es ist sehr einfach zu verstehen, warum dem so ist, wenn man bedenkt, dass der Kader dem Imperator persönlich unterstellt ist. Jeder weiß, dass Sie ein corps d'elite sind, aber zugleich ist der Imperator eben auch Ihr direkter Lehnsherr, und er hat ohnehin schon genug Macht, auch ohne diesen beachtlich kräftigen Knüppel, mit dem er jederzeit drohen könnte.«
»Ich will Ihnen überhaupt nicht widersprechen, Inspector.« Keita lachte leise, die Pfeife fest zwischen die Zähne geklemmt. Ben Belkassem hob fragend die Augenbrauen. »Jeder Imperator, schon seit Terrence dem Ersten, wusste ganz genau, dass die Stabilität des Imperiums letztendlich von einem ausgewogenen Kräftegleichgewicht abhängt. Es muss natürlich eine zentrale Autorität geben, aber wenn
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