Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten

einzubauen. Ich meine, wenn ich das hier verliere ...« - sanft tippte sich Alicia erneut gegen die Schläfe - »... dann werde ich meine Peripherie wohl kaum vermissen.«
    Angesichts seines ungläubigen Gesichtsausdrucks verwandelte sich ihr Lächeln in ein lausbübisches Grinsen, und sie öffnete die rechte Hand und streckte ihrem Besucher die Handfläche entgegen.
    »Das hier ist mein Gamma-Knoten. Den nutzen wir, um mit unserer Kampfpanzerung Kontakt aufzunehmen - anders als die Marines, die das Link zu ihrer Panzerung hier haben.« Erneut berührte Alicia ihre Schläfe. »Ich könnte meine eigene Panzerung auch über das AlphaLink steuern, aber dann müsste ich zahlreiche andere Funktionen deaktivieren. Das GammaLink ist sozusagen das Sekundär-System, das dem AlphaLink einiges an Arbeit abnimmt. Und das hier ...« - erneut zeigte sie ihrem Besucher die linke Handfläche - »... ist dazu da, Fernsensoren zu steuern und Sensorik-Daten zu verarbeiten. In beschränktem Maße kann das auch den Gamma-Knoten ersetzen, falls ich meine andere Hand verliere oder irgendetwas ähnlich Drastisches passiert, aber das ist längst nicht die effizienteste Methode, ein Link zu einem Computer aufzubauen. Deswegen hat Onkel Arthur sich dafür entschieden, das aktiv zu lassen, als er alles andere deaktivieren ließ.«
    »Ich verstehe.« Nachdenklich blickte er sie an. »Sie erscheinen mir nicht sonderlich zornig, muss ich sagen.« Alicia zuckte die Achseln, doch Ben Belkassem ließ nicht von diesem Gedanken ab. »Ich verstehe, warum die meisten anderen Angehörigen der Springereinheiten, die ihre aktive Dienstzeit überleben, es vorziehen, sich auf den Kolonialwelten niederzulassen. Schließlich passt es ihnen nicht, dass sie auf den Kernwelten ihre Implantate deaktivieren müssen.«
    »Das ist nur teilweise richtig. Oh, das trägt natürlich auch dazu bei, keine Frage, aber eigentlich ist diese Form der Ultra-Zivilisation sowieso nicht ganz unser Geschmack, und auf den Grenzlandwelten können wir uns auch verdammt nützlich machen. Die meisten da sind froh, wenn sie uns bekommen können. Falls Sie allerdings mit der Frage gemeint haben sollten, ob ich mich darüber ärgere, dass man meine Systeme so einfach deaktiviert hat, dann lautet die Antwort: ja. Aber es hat ja auch nicht allzu viel Sinn, darüber zornig zu sein. Wenn ich Onkel Arthur wäre, hätte ich bei jedem Angehörigen des Kaders genau das Gleiche getan, bei dem ich der Ansicht wäre, sein Realitätsbezug sei ... eher zweifelhaft.«
    In Alicias Tonfall klang eine gewisse Schärfe mit, doch in ihren Augen erkannte Ben Belkassem aufrichtige Belustigung angesichts der Lage, in der sie sich befand; unwillkürlich musste er grinsen. Doch das Lächeln schwand sofort wieder, als er sich vorbeugte und mit beiden Händen den rechten Knöchel umfasste, der auf seinem linken Knie lag. Leise sagte er:
    »Das wohl. Aber ich muss mich doch fragen, Captain DeVries, ob Ihr Realitätsbezug wirklich so zweifelhaft ist, wie alle das hier zu glauben scheinen.«
    Einen Moment lang schwand jegliche Belustigung aus ihrem Blick, dann schüttelte sie den Kopf und lachte.
    »Seien Sie vorsichtig, Inspector! Eine derartige Bemerkung kann ganz leicht dazu führen, dass Sie im Nebenzimmer hier untergebracht werden!«
    »Nur falls irgendjemand das hören sollte«, erwiderte er leise, und Alicia riss die Augen auf, als er die Hand in die Tasche schob und ein kleines, kompaktes und hochgradig illegales Gerät hervorzog. »Ich bin mir sicher, dass Sie so etwas kennen«, sagte er, und Alicia nickte langsam und bedächtig. Alle Modelle, die sie bislang gesehen hatte, waren deutlich größer, aber mit der Militärausführung davon hatte sie selbst schon gearbeitet. Es war ein Gerät, mit dem man Überwachungswerkzeuge ausschalten konnte - in der Branche nannte man sie gerne ›Spiegelkistchen‹.
    »Im Augenblick« - Ben Belkassem schob das kleine Gerät wieder in seine Tasche zurück - »beobachten Major Cateaus Sensoren eine Endlosschleife der letzten fünf oder sechs Minuten, bevor ich bei Ihnen geklingelt habe. Ich hatte nicht darauf gehofft, dass Sie währenddessen gerade Ihr NeuroLink nutzen würden. Zweifellos haben Sie schon seit einiger Zeit konzentriert dort gesessen und sich fast überhaupt nicht bewegt, also ist die Wahrscheinlichkeit, dass irgendjemandem auffällt, wie ich mich hier einmische, sogar noch geringer, als ich erwartet hatte, aber ich werde mich dennoch ziemlich kurz fassen