Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten
müssen.«
»›Kurz fassen‹? Wobei?«, fragte Alicia leise nach.
»Bei unserem Gespräch. Wissen Sie, ich bin nicht der gleichen Ansicht wie die meisten Ihrer Kameraden vom Kader. Ich weiß nicht genau, was da unten wirklich passiert ist. Ich weiß auch nicht, was Sie eigentlich vorhaben, und ich bin auch ganz gewiss kein Psychologie-Spezialist, aber irgendetwas, das Sir Arthur mir über Ihre Persönlichkeit erzählt hat, passte meines Erachtens ziemlich gut zu dem, was Major Cateau gesagt hat, dass Sie das Bedürfnis haben, auf eigene Faust herauszufinden, wer hinter diesen Angriffen steckt.«
»Und?«
»Und mir kam der Gedanke, unter gewissen Umständen könnte es für Sie sogar sehr nützlich sein, wenn man Sie für verrückt hält, deswegen dachte ich, ich komme einfach mal vorbei und weihe Sie in eines meiner kleinen Geheimnisse ein. Wissen Sie, hier draußen denken alle, ich würde zum Nachrichtendienst gehören. Ich wollte ja auch, dass sie das denken, aber ich habe nie behauptet, für den Nachrichtendienst zu arbeiten. Ich bin zwar wirklich ein Inspector, das schon - aber ich gehöre zu ›Abteilung O‹.«
Nachdenklich schürzte Alicia die Lippen und stieß unwillkürlich einen fast unhörbaren Pfiff aus. ›Abteilung O‹ - die Operationsabteilung des Justizministeriums - war ebenso spezialisiert und ebenso gefürchtet wie der Kader selbst. Sie bestand aus einer kleinen Gruppe handverlesener Krisenmanager, die man danach auswählte, wie viel Eigeninitiative sie besaßen, wie flexibel sie waren und wie pragmatisch sie vorgingen - und diese Leute waren stets gehalten, ein etwaiges Problem in jedweder Art und Weise zu lösen, die ihnen dafür erforderlich schien. Und die Abteilung war sehr, sehr klein. Auch wenn ›Inspector‹ in den anderen Abteilungen des Justizministeriums ein recht niedriger Rang war, so war es doch der höchstmögliche Rang, den man in ›Abteilung O‹ überhaupt erreichen konnte.
»Sie sind hier draußen die einzige Person, die davon weiß, Captain DeVries«, sagte der Inspector und erhob sich wieder aus dem Sessel.
»Aber ... warum erzählen Sie mir das?«
»Ich hatte einfach das Gefühl, das sei sinnvoll.« Er warf ihr ein schiefes Grinsen zu und strich dann sorgfältig seine karmesinrote Uniformjacke glatt. »Ich weiß ja schließlich, wie Sie über Nachrichtendienstler denken.« Mit ruhigen Schritten ging er auf die geschlossene Luke der Kabine zu, dann wandte er sich noch einmal halb zu Alicia um. »Sollten Sie zu dem Schluss kommen, es gebe irgendetwas, das Sie mir erzählen möchten, oder falls es irgendetwas gibt, was ich für Sie tun könnte, dann scheuen Sie sich bitte nicht, mich das auch wissen zu lassen. Ich versichere Ihnen, dass ich es gänzlich vertraulich behandeln werde. Nicht einmal Ihre freundlichen Ärzte werden davon auch nur das Geringste erfahren.«
Anmutig verneigte er sich vor ihr, dann drückte er den Türöffner. Die Luke glitt zur Seite und schloss sich dann fast lautlos hinter ihm.
Kapitel 8
Allmählich wird es lästig, unsichtbar zu sein, ging es Alicia durch den Kopf; sie betrachtete die leeren Tische, die sie in der Lounge umgaben. Niemand hier wäre so unhöflich, ihren Wahnsinn auch nur zu erwähnen - aber es wollte ihr auch niemand zu nahe kommen.
»Ob die wohl Angst haben, ich könnte sie anstecken?«, beklagte sich Alicia innerlich.
»Das wohl kaum, denke ich. Sie fürchten eher das, was du ihnen antun könntest, nicht was sie sich bei dir einfangen könnten.«
»Was für ein tröstlicher Gedanke!«, schnaubte Alicia und zog einen Stuhl auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches so zurecht, dass sie die Fersen darauf abstützen konnte. Ihre Gespräche mit Tisiphone fühlten sich für sie mittlerweile nicht mehr merkwürdig an, und das machte Alicia von Zeit zu Zeit Sorgen, aber doch längst nicht in dem gleichen Ausmaß, in dem sie Trost daraus bezog. Sie musste so vorsichtig sein, vor allem ihren Freunden gegenüber, dass die Erleichterung, sich mit irgendjemand frei unterhalten zu können, fast unbeschreiblich war. Natürlich - sie verzog die Lippen zu einem schiefen Grinsen - bestand immer noch die Möglichkeit, dass Tannis doch recht hatte, aber diese lautlosen Gespräche empfand Alicia dennoch als zutiefst erleichternd, selbst wenn es Tisiphone in Wirklichkeit doch nicht geben sollte.
»Natürlich gibt es mich! Warum machst du immer noch solche Einschränkungen?«
»Liegt wohl in der Natur der Sache. Mit CyberSynthos bin
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