Weg in die Verdamnis
dem Rad und dessen Kasse näherte. Das sah nicht gut aus.
»Und jetzt reißt euch zusammen!« befahl Daniel, als wir den Gittergang erreichten. »Er ist bereits da, ich weiß es.« Er griff in die Hosentasche.
»Sogar die Karten habe ich für uns besorgt.« Ein Kichern drang über seine Lippen. Dann drängte er sich vor, um die Spitze übernehmen zu können. Meine Bewacher aber blieben. Sie sprachen mit mir, doch ich hörte gar nicht hin.
Verdammt, wo steckten Suko und Ignatius? Sie konnten mich doch nicht vergessen haben und auch nicht unseren Treffpunkt. Das war einfach unmöglich. Wenn sie nicht hier auf mich warteten, dann waren sie gewaltsam daran gehindert worden.
Ich bekam allmählich ein ungutes Gefühl. Man schob mich unsanft vor.
Rechts und links befanden sich die glänzenden Handläufe der Gitter. Die Kasse unter dem gewaltigen Gebilde war erleuchtet. Hinter der Scheibe zeichnete sich der Umriß eines Mannes ab.
Davor stand auch jemand.
Er drehte jetzt den Kopf.
Und da wußte ich, wer der Mann war, der mir entgegenschaute.
Santerre!
***
Father Ignatius wußte, daß der Tod vor ihm stand!
Er atmete tief durch, er wallte seine Furcht unterdrücken. Santerre hatte ihn gefunden, und ein Strom der Angst schoß in dem Mann aus Rom hoch. Er mußte sich auch darüber im klaren werden, daß hier jemand vor ihm stand, der schon seit Hunderten von Jahren lebte, der es tatsächlich geschafft hatte, alle Gesetze der Zeit und des Alterns zu überwinden, und so bekam Ignatius die Richtigkeit der alten Legende bestätigt. Es gab ihn. Es gab den Schwarzen Apostel, der schon einmal elf Menschen den Weg in die Verdammnis hatte gehen lassen. Nun stand er dicht davor, dies zu wiederholen.
Das Zittern konnte Ignatius nicht vermeiden. Und Santerre hatte seinen Spaß. Seine Augen funkelten. Es lag die Gier nach der Vernichtung darin, der Wille zu töten, um dann einen anderen Weg zu gehen.
Father Ignatius spürte die Kälte. Sie war wie ein Strom, aber sie hatte mit der normalen Kälte nichts zu tun. Vor ihm stand eine Gestalt, die er auch als den Tod hätte bezeichnen können, und dieser alte Geruch, der in Ignatius’ Nase stieg, erinnerte ihn an Vergänglichkeit und Verwesung.
Aber die Person, die den Teufel auf ihrer Seite wußte, lebte. Sie war da, sie war gekommen, um das Ende einzuläuten. Das Tor zum Weg in die Verdammnis stand bereits offen, und Santerre brauchte nur Ignatius gehen zu lassen.
»Ein Pfaffe«, sagte er nur.
Ignatius lauschte dem Klang der Stimme. An sich selbst oder an eine Gegenwehr dachte er nicht. Zunächst einmal war er nur von dem Anblick dieser Gestalt fasziniert gewesen und mußte darüber hinwegkommen, daß er schon einige hundert Jahre lebte. Das wollte ihm einfach nicht in den Sinn. Er spürte den Druck im Magen, als hätte ihn eine Faust brutal erwischt. Er merkte, wie es bitter in seiner Kehle in die Höhe stieg. Er schmeckte den Speichel wie Säure und wunderte sich darüber, daß er nicken und auch sprechen konnte.
»Du bist es also«, sagte er leise. »Die böse Legende, wie man dich nannte, lebt.«
»Ja, Pfaffe, und ich werde weiterleben, darauf kannst du dich verlassen. Ich werde am Leben bleiben, niemand wird mich daran hindern können, denn man hat mir das ewige Leben gegeben, wenn du verstehst. Ich werde immer leben, ich stehe unter dem Schutz eines Mächtigen und…«
»Der Teufel schützt dich!«
»Richtig!«
»Aber der Teufel wird nicht siegen. Das Böse hat schon zu Beginn der Zeiten eine Niederlage hinnehmen müssen, die richtungsweisend für alles andere gewesen ist. Er kann nicht gewinnen, auch wenn es manchmal so aussieht. Er wird immer zweiter Sieger sein, und auch die Menschen an seiner Seite oder diejenigen, die ihm zu Diensten sind, können nicht gewinnen. Das solltest du dir merken.«
»Irrtum, Pfaffe.« Santerres altes, rindenhaftes Gesicht verzog sich zu einem Lächeln. »Mich gibt es noch immer, und ich bin nicht geschwächt worden. Ich werde denselben Weg gehen, den ich schon einmal gegangen bin.«
»Diesmal wird die Verdammnis echt für dich sein. Sie wird dich mit Haut und Haaren fressen.«
»Meinst du?«
»Ja!«
»Wer will es tun? Du?«
»Nein, es gibt andere.«
»Du denkst da an deinen Freund, den du mir ins Haus geschickt hast, wie?«
»Zum Beispiel!«
»Ich gebe zu, daß er gefährlich ist. Aber ich gebe auch zu, daß ich ihn nicht unterschätzt habe. Ich weiß genau, wie ich mit ihm fertig werden kann. Ich habe meine Vorbereitungen
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