Weg mit den Pillen
standen 14 Kühe im Stall und zehn Schweine. Die Kühe bekamen im Sommer das Gras auf der Weide zu fressen, im Winter das Heu vom Sommer und ein bisschen
Silogrünfutter. Die Schweine futterten Getreideschrot und Kartoffeln (aus eigenem Anbau natürlich), Molke von der Käserei sowie Essensreste, falls die Katzen welche übrig ließen. Heute sehen die meisten Kühe und Schweine kein Sonnenlicht, bekommen Soja- und Maismastfutter und allerhand andere Dinge, von denen wir besser nicht wissen, was drin ist. Es gibt außerdem viel mehr Tiere pro Hektar Land. Das führt zu einem subtilen Problem: Unser Organismus benötigt neben den allseits bekannten Vitaminen auch andere Vitalstoffe, die wir uns mit der Nahrung zuführen, zum Beispiel essenzielle Fettsäuren (also Fette, die der Körper nicht selbst herstellen kann).
An den Vitaminen ist leicht nachzuvollziehen, was ich meine, weil uns allen klar ist, dass wir sie von außen zuführen müssen. Zum Beispiel das Vitamin C: Seit dem 18. Jahrhundert, als James Lind (1716 – 1794) seine berühmten Versuche durchführte und Matrosen auf einem Schiff Zitrusfrüchte zu essen gab, auf dem anderen nicht, wissen wir, dass Vitamin C ein essenzieller Stoff ist. Der Körper benötigt ihn, um bestimmte Giftstoffe zu neutralisieren, die beim Stoffwechsel entstehen. Denn wann immer der Körper Nahrung zu Energie oder anderen wichtigen Bestandteilen umbaut (wann immer also Stoffwechselvorgänge stattfinden), werden Substanzen gebildet, die sehr aggressiv sind, sogenannte freie Radikale. Das sind Stoffe, die rasch mit biologischen Molekülen reagieren und dadurch Schaden anrichten – ein wichtiger Grund für Krankheit und Alterungsprozesse. Vitamin C gehört zu einer ganzen Reihe von Stoffen, die der Körper diesen Abläufen entgegensetzt. Er ist einer der vielen sogenannten Radikalfänger oder Antioxidanzien. Vitamin C ist wasserlöslich und wird rasch ausgeschieden, das wissen wir heute. Daher müssen wir es immer wieder in ausreichenden Dosen zu uns nehmen. Essen wir keine Früchte oder Gemüse mit ausreichendem Vitamin-C-Gehalt, bekommen wir Skorbut. Das ist eine sehr unangenehme Krankheit, an der früher viele Matrosen und ganze Expeditionsheere zugrunde gegangen sind. Skorbut ist heilbar, wenn wir wieder ausreichend Vitamin C nachführen.
So ähnlich wie mit dem Vitamin C ist es auch mit den essenziellen
Fettsäuren, nur dass sie erstens noch nicht so gut erforscht sind und das vorhandene Wissen zweitens noch nicht so weit verbreitet ist. Der Körper braucht essenzielle Fettsäuren, etwa um Zellmembranen und andere Zellbestandteile zu erneuern. Vor allem das Endothel, also die innere Zellschicht von Gefäßen, benötigt bestimmte essenzielle Fettsäuren, um sich regenerieren zu können. Aber auch unsere Nervenzellen sind sehr darauf angewiesen, ausreichend essenzielle Fettsäuren zur Verfügung zu haben. Wenn wir sie nicht oder nicht im richtigen Verhältnis zuführen, dann entstehen verschiedene Mangelkrankheiten. Die Veränderung von Gefäßen und ihr Verschluss ist eine Möglichkeit, wie sich eine solche Mangelkrankheit zeigen kann.
Nun gibt es aber zwei Typen von essenziellen Fettsäuren: sogenannte Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren. Beide sind für uns notwendig, beide müssen wir über die Nahrung zu uns nehmen. Beide verwenden den gleichen Stoffwechselpfad, um in den Organismus und an das Ziel ihrer Bestimmung zu gelangen. Nur müsste dazu ihr Verhältnis ausgewogen sein, etwa gleich viel Omega-3-wie Omega-6-Fettsäuren wären ideal. Aus archäologischen Untersuchungen wissen wir, dass dieses Verhältnis sehr lange in der Nahrungszufuhr der Bevölkerung gesichert war, weil es sozusagen ein evolutionär-biologisches Muss ist. Heute, unter unserer industriellen Kost, beträgt das Verhältnis in Europa etwa 1:15 (also ein Teil Omega-3-Fettsäuren auf 15 Teile Omega-6-Fettsäuren) und in den USA gar 1:20.
Nun muss man wissen, dass alle entzündungsfördernden Botenstoffe des Organismus Omega-6-Fettsäuren als Vorläufer benötigen, und alle Botenstoffe, die Entzündungen wieder auf Normalniveau herabregulieren, Omega-3-Fettsäuren. Wenn sich das Verhältnis dieser Fettsäuren durch die Nahrungszufuhr kollektiv zugunsten von Omega-6- und zu Ungunsten von Omega-3-Fettsäuren verschiebt, was passiert? Richtig geraten: Die Neigung zu entzündlichen Prozessen nimmt zu, und zwar kollektiv, bei allen, langsam, über lange Zeit.
Warum erzähle ich das hier? Die Nahrung, die Helmut
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