Wege des Herzens
Abendspaziergang durch das Dorf.
»Was soll ich nicht hören?«, fragte er.
»Sie hat schlecht über deinen Berufsstand gesprochen«, feixten Andreas und dessen Bruder Yorghis.
»Ah, Vonni, dich zu treffen hatte ich gehofft. Erinnerst du dich an die Papiere, über die ich mit dir gesprochen habe? Soll ich sie dir heute Abend vorbeibringen?«
»Nein, Takis. Ich habe im Augenblick zwei irische Jugendliche zu Gast. Kann ich stattdessen zu dir kommen?«
»Aber natürlich«, erwiderte er und setzte seinen Spaziergang fort.
Andreas und Yorghis wechselten einen Blick. Das hatte sicher etwas mit der Reise zu tun, die Vonni unternehmen wollte. Aber sie würde es ihnen nie freiwillig sagen, und sie würden sie nicht danach fragen.
»Und was passiert jetzt?«, wollte Vonni an diesem Abend von Takis wissen.
»Ich habe die Behörden informiert, dass das Geld für die Kaution bereitliegt.«
»Du hast aber nicht gesagt, wer die Kaution bezahlt?« Vonni machte ein besorgtes Gesicht.
»Nein, aber genau das ist das Problem. Sie können nicht so viel Bargeld annehmen, ohne zu wissen, woher es stammt. Es könnte gewaschenes Schwarzgeld oder Drogengeld sein. Deshalb müssen wir ihnen sagen, wer du bist.«
»Was für ein Getue um nichts, es ist schließlich
sein
Geld – ich habe es ihm überschrieben«, erwiderte Vonni.
»Sie müssen sich an die Gesetze halten. Und Stavros wusste nicht, dass er dieses Geld besitzt, also ist es nur verständlich, dass sie misstrauisch sind, wenn es plötzlich aus heiterem Himmel eintrifft.«
»Ja, wahrscheinlich. Was muss ich jetzt tun?«
»Wir müssen ein paar Formalitäten erledigen.«
»Werde ich ihn sehen?«
»Äh … nein … nicht, solange er noch in Untersuchungshaft sitzt, aber wenn er auf Kaution frei ist, kannst du ihn selbstverständlich sehen. Er wird sich bestimmt bei dir bedanken wollen, vermute ich.« Doch Takis klang skeptisch.
»Ich brauche keinen Dank«, meinte Vonni. »Das würde doch jede Mutter tun.«
Vonni erklärte den Zwillingen, dass sie geschäftlich nach England müsse.
Simon setzte sich im Anna Beach Hotel an einen Computer und buchte ihr im Internet ein billiges Flugticket von Athen nach London. »Werden Sie auch einen Abstecher nach Irland machen, wenn Sie schon mal drüben sind?«, fragte er.
»Nein, danke, Simon. England reicht mir«, antwortete Vonni.
»Es ist auch besser, wenn Sie warten, bis wir wieder in Irland sind und uns um Sie kümmern können«, erklärte Maud aufmunternd. »Aber wenn Fiona und Declan heiraten, dann kommen Sie doch auf jeden Fall, oder?«
»Vonni hat vielleicht noch Freunde und Verwandte in Irland, die sie bei der Gelegenheit besuchen will.«
»Ach, die sind kaum der Rede wert«, erwiderte Vonni.
»Soll ich Ihnen beim Packen helfen?«, schlug Maud vor. »Ich könnte bügeln oder sonst was für Sie tun.«
»Nein, danke, ich nehme nur wenige Sachen mit. Nur Handgepäck. Aber was ihr tun könntet – und da wärt ihr mir wirklich eine große Hilfe –, ihr könntet zum Hafen hinuntergehen und mir ein Ticket für die Fähre kaufen. Anschließend könntet ihr ins Krankenhaus hinaufgehen und Bescheid geben, dass ich eine Weile weg bin, dass ihr aber für mich einspringen werdet.«
»Und was sollen wir sagen, wie lange Sie fort sein werden?« Simon wollte auf alles vorbereitet sein.
»Nur ein paar Tage. Ich weiß nicht genau, wie viele …«, begann Vonni.
»Also dann sagen wir …«, meinte Simon.
»Dass Sie so lange bleiben, wie Sie eben brauchen …«, beendete Maud den Satz, und Vonni lächelte ihnen dankbar zu. Jetzt, da die Zwillinge da waren und sich um ihr Geschäft und ihr Haus kümmerten, fiel es ihr leichter, zu fahren.
Gemeinsam gingen sie hinunter zur Fähre, um Vonni zu verabschieden. Andreas, der wie immer hohe Lederstiefel trug, begleitete sie. Er hatte ein wenig Käse und Oliven für Vonni dabei, für den Fall, dass sie wieder einmal zu essen vergaß.
»Gute Reise, Vonni, und komm bald wieder nach Hause«, sagte er.
Maud und Simon beobachteten die beiden interessiert.
»Haben Sie und Vonni eine besondere Beziehung zueinander?«, fragte Maud unverblümt.
»Ja, da hast du recht, unsere Freundschaft ist etwas ganz Besonderes.«
»Haben Sie je daran gedacht, Vonni zu heiraten?«, hakte Simon nach.
»Ja, auch das habe ich, aber es war der falsche Zeitpunkt. Ich hätte es mir vorher überlegen und sie schon früher fragen sollen. Als ich auf die Idee kam, war es zu spät.« Einen Moment
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