Wege des Herzens
nicht«, erwiderte Ania.
Fiona sah sich suchend nach Ania um, konnte sie aber nirgends entdecken. Wahrscheinlich war sie auf der Toilette, oder sie hatte Carl gefunden. Aber nein, Carl stand mit ein paar Leuten beisammen und unterhielt sich angeregt. Als er Fiona sah, kam er auf sie zu, um sie zu begrüßen.
»Wo ist Ania?«, fragte er.
»Vorhin war sie noch mit mir auf der Terrasse«, antwortete Fiona, und sie gingen miteinander hinaus, um sie zu suchen, doch auch hier keine Spur von Ania.
»Sie sieht übrigens heute Abend wahnsinnig gut aus. Sie könnte direkt als Model arbeiten«, meinte Fiona.
»Ja, sie ist eine richtige Schönheit.« Carl bemühte sich vergebens, Ania inmitten der anderen Gäste zu finden. Plötzlich entdeckte Fiona das kleine Geschenk auf einem Beistelltisch. Es war ungeöffnet.
»Hier hat sie offenbar gestanden, nachdem ich sie allein gelassen habe. Ich nehme das Päckchen lieber an mich, falls sie es Ihrer Mutter nicht persönlich hat übergeben können. Schauen wir mal, wo Declan ist, und dann suchen wir sie alle zusammen.« Aber Ania war nirgendwo zu finden.
Auf ihrer Suche kamen Carl und Fiona auch in die Küche. Tom und Cathy legten letzte Hand an das Hummer-und-Lachs-Büfett und wollten den Servierwagen gerade in das Wohnzimmer hinausschieben. Die Zwillinge trugen ihre Tabletts, der Barkeeper öffnete Weinflaschen, und die Bedienung deckte die Tische mit frischem Geschirr und Besteck ein.
Die Party war in vollem Gang.
Auf Reden und eine Torte hatte man bewusst verzichtet. Rosemary hatte irgendwo gelesen, dass so etwas vulgär und sehr neureich sei. Bobby hingegen hatte jedem erzählen wollen, wie glücklich sie in diesen vierzig Jahren gewesen waren, aber seine Gattin hatte den Kampf gewonnen. Es sei doch viel geschickter, den Leuten ihr Glück zu zeigen, als damit zu prahlen.
»Kann ich Ihnen helfen?« Cathy hatte den jungen Mann zu Anfang sofort sympathisch gefunden, aber jetzt war er in ihrer Achtung sehr gesunken.
»Ich bin auf der Suche nach einer Freundin«, sagte Carl.
»Ania?«
»Ja«, erwiderte er. »Ist alles in Ordnung mit ihr?«
»Ich denke schon, ja.«
»Aber wo ist sie? Ich suche sie schon überall.«
»Sie ist nach Hause gefahren«, erklärte Tom.
»Aber, war ihr denn übel? Geht es ihr nicht gut?«
Cathy zuckte die Schultern. »Im Moment wahrscheinlich nicht. Sie hat sich beim Abspülen ihr schönes Kleid ruiniert.«
»Wie, zum Teufel, ist sie dazu gekommen, hier abzuspülen?« Carls Gesicht war rot vor Zorn.
»Ihre Mutter hat sie gebeten, uns zu helfen. Es war völlig unnötig. Als das Taxi mit dem Nachschub an Eis kam, haben wir sie damit nach Hause geschickt.«
»
Nein
, nein. Sie kann doch nicht nach Hause gefahren sein. Meine Mutter hat sie sicher nicht gebeten …«
»O doch, das hat sie, Mr.Walsh«, erwiderte Cathy. »Und Ania wollte auf keinen Fall, dass wir Sie holen«, fügte sie hinzu.
»Ich werde jetzt hinüber in dieses Wohnzimmer gehen und Rosemary eins auf die Nase geben!«, verkündete Fiona. »Okay, Carl, sie
ist
Ihre Mutter, aber das geht wirklich zu weit.«
Carls Gesicht war wie versteinert.
»Nicht nötig. Das erledige sich selbst«, sagte er.
»Carl?« Jetzt wurde Fiona doch nervös.
»Nicht im wörtlichen Sinn. Entspannen Sie sich.«
»Es sind noch Gäste da. Vielleicht sollten Sie besser warten.«
»Fahren Sie mit Declan nach Hause, Fiona, und machen Sie beim Verabschieden einen großen Wirbel, wie spät es schon ist. Das würde mir sehr helfen.«
»Vergessen Sie nicht, dass Ihr Vater …«
»Ich werde es nicht vergessen. Bitte, Fiona, gehen Sie jetzt.«
Sie und Declan blieben so lange im Vorraum stehen und verabschiedeten sich lautstark, bis auch die letzten Gäste begriffen hatten, dass die Party zu Ende war.
Die Lieferwagen von Scarlet Feather waren beladen und bereit zur Abfahrt. Maud und Simon winkten aufgeregt vom Beifahrersitz aus, Declans Taxi wartete bereits.
»Na, war es ein schöner Abend?«, fragte der Taxifahrer.
»Nein, er war beschissen, um ehrlich zu sein«, antwortete Fiona.
»Tja, man kann nicht alles haben«, sagte der Fahrer schulterzuckend.
Diese jungen Leute in ihren schicken Klamotten. Sie feierten in einer Villa, die mindestens drei Millionen wert war, und hatten trotzdem keinen Spaß dabei. So war das Leben im modernen Irland.
Ania war den freundlichen Leuten von der Catering-Firma sehr dankbar, die sie rasch, und ohne Aufsehen zu erregen, durch die Hintertür aus dem Haus
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