Wege des Herzens
unzufriedene Töchter, eine gescheiterte Ehe, und nicht einmal die Stelle als Kardiologin, die wie auf sie zugeschnitten schien, hatte sie bekommen. Möglicherweise war ihre Mutter, was sie betraf, ebenso desillusioniert, wie sie es wegen Linda war und wie es diesem Mann mit der Brille auf dem Kopf mit
seiner
Tochter erging.
Peter Barry hatte anscheinend Gefallen an dem Thema gefunden. »Was würden Sie denn anders machen, wenn Sie noch einmal von vorn anfangen könnten?«
Clara wusste genau, was sie tun würde. Ganz bestimmt würde sie Alan kein zweites Mal heiraten, doch dann wären ihre beiden Mädchen nicht auf der Welt, und diese Vorstellung war undenkbar. Sicher, manchmal war es nicht einfach mit ihnen, aber Adi und Linda waren ihre Kinder, ihr Fleisch und Blut. Deutlich erinnerte sie sich noch an den Tag, an dem sie auf die Welt gekommen waren. Adi und Linda hatten durchaus auch ihre freundlichen, liebevollen Seiten, auch lustig und zärtlich konnten sie sein. Nie würde Clara sich wünschen, dass sie nicht geboren wären. Und dennoch – hätte sie Alan nicht geheiratet, würde sie jetzt als Kardiologin arbeiten, wie es ihr eigentlich zustand. Doch Clara, die viele Jahre Übung darin hatte, ihre wahren Gefühle zu verstecken und ihre Reaktionen zu verschleiern, würde sich auch jetzt keine Blöße geben und mit diesem Mann darüber reden.
»Gott, das ist schwer zu sagen. Und
Sie?
«, fragte sie und spielte geschickt den Ball zurück.
Peter Barry zögerte nicht. »Ich hätte noch einmal geheiratet und Amy ein richtiges Zuhause gegeben«, sagte er entwaffnend offen. »Ihre Mutter starb, als sie vier Jahre alt war. Sie hat nie ein richtiges Familienleben kennengelernt.«
»Es ist nicht einfach, jemanden zu finden, den man lieben und heiraten kann.« Clara nickte nachdenklich. »Es gehört auch Glück dazu, finden Sie nicht?«
»Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht. Ich denke, es gibt viele Menschen auf dieser Welt, die hervorragende Partner – Ehemänner, Ehefrauen – abgäben, wenn wir nur einen besseren Blick dafür hätten.«
Clara äußerte murmelnd ihre Zustimmung und verabschiedete sich. Wie sie sah, hatte sie eine SMS von Alan auf ihrem Handy. Sie würde sie später lesen. Im Moment hatte sie den Kopf voll mit Dingen, die erledigt, bedacht oder erst mal zurückgestellt werden mussten, da wollte sie sich nicht auch noch über Alan Gedanken machen. Seine Nachricht konnte warten. Wenn Clara es recht bedachte, hatte sie eigentlich bereits mehr erreicht, als sie je für möglich gehalten hatte. Der schreckliche Frank Ennis hatte auf einen Überraschungsbesuch vorbeigeschaut, in der Erwartung, Chaos und wildes Durcheinander anzutreffen. Stattdessen hatte er einen fast fertigen Umbau vorgefunden. Der Bodenbelag war mittlerweile eingetroffen, die Handwerker waren motiviert und guter Dinge, die Möbel waren bestellt, und Tim, der Wachmann, führte stolz das Sicherheitssystem vor, das er für sie ausgewählt hatte. Barbara und Fiona, die beiden Krankenschwestern, waren bereits eifrig damit beschäftigt, die Organisation der Schwesternstation zu planen.
Lavender hatte ihre Plakate zum Thema »Gesundes Essen« aufgehängt, Johnny hatte seine Übungsgeräte installiert, und – was am besten von allem war – Clara hatte ihre Assistentin gefunden.
Sie hieß Hilary Hickey und hatte sich um eine Teilzeitstelle beworben. Sie war ausgebildete Krankenschwester mit großer Erfahrung bei der Blutabnahme und hatte auch schon in der Krankenhausverwaltung gearbeitet. Sie war neunundvierzig Jahre alt, Witwe und hatte einen Sohn. Gewisse Umstände erforderten es, dass sie viel Zeit zu Haus verbrachte, so dass sie leider nicht Vollzeit arbeiten konnte. Noch vor Ende des Vorstellungsgesprächs wusste Clara bereits, dass die Frau für den Job perfekt geeignet war. Am liebsten hätte sie sofort zugesagt, noch ehe sie ihr überhaupt eine Detailfrage gestellt hatte.
»Haben diese häuslichen Umstände etwas mit Ihrem Sohn zu tun?«, fragte sie daher.
»Nein, mit meiner Mutter. Sie ist schon ziemlich alt und lebt bei uns. Sie braucht jemanden, der ein Auge auf sie hat, ab und zu mal nach ihr sieht und sich vergewissert, dass es ihr gutgeht.«
»Verstehe. Wie steht es um ihre Gesundheit?«
»Sie ist kerngesund. Sie wird uns alle überleben. Nur manchmal ist sie eben ein bisschen verwirrt, aber nicht so schlimm, dass man sich Sorgen machen müsste.«
Hilary steckte voller Energie und scheute vor keiner
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