Wege des Herzens
Arbeit zurück. So half sie Ania, Clara und Johnny wie selbstverständlich dabei, ein riesiges Gerät ins Zimmer zu tragen, das aussah wie eine Schneidemaschine, aber, wie Johnny beteuerte, dazu diente, die Armmuskulatur zu trainieren. Hilary verstand sich auf Anhieb mit allen. Und sie war auch noch da, als Frank Ennis auf seiner Inspektionsrunde vorbeischaute. Clara hätte es sich nicht besser wünschen können. Sie stellte die beiden einander vor.
»Miss Hickey.« Er nickte und schüttelte ihr die Hand.
»Frank, freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte Hilary fröhlich, und Clara musste sich kurz abwenden, um ihr Grinsen beim Anblick von Franks Gesicht zu verbergen. Er war daran gewöhnt, mit größtem Respekt behandelt und stets als Mr.Ennis angesprochen zu werden.
Stirnrunzelnd betrachtete er Ania, als diese ihm die Kaffeetasse füllte. »Und Sie sind wer … genau?«
»Ich bin
genau
Ania Prasky«, antwortete sie.
Frank stutzte, aber es war klar, dass sie sich nicht über seine Ausdrucksweise lustig machen wollte, sondern offensichtlich nur unzulänglich mit der englischen Sprache vertraut war. »Und sind Sie hier ebenfalls angestellt?«
Jetzt mischte Clara sich ein. »Ich bezahle Ania bisher sozusagen aus der Portokasse, aber mir wäre es lieber, wenn ich sie regulär anstellen könnte«, erklärte sie.
»Und für welche Tätigkeit?«
»Als Pflegerin und Mädchen für alles.« Dabei sah Clara ihm fest in die Augen.
»Aber Pflegerinnen braucht man doch nur im Krankenhaus, wo sie den Schwestern helfen, nicht hier.«
»Wir sind der Meinung, dass es hier durchaus Bedarf für so jemanden gibt. Wer kümmert sich um Patienten, die im Rollstuhl sitzen? Manche wird man zur Bushaltestelle und zurück begleiten müssen. Irgendwer muss Kaffee kochen, sauber machen und dafür sorgen, dass die Räume freundlich und ansprechend auf die Patienten wirken. Wir werden auch jemanden brauchen, der für diejenigen, die nicht mehr so mobil sind, zu Mr.Barrys Apotheke geht und Botengänge erledigt. Außerdem brauchen wir jemanden, der die Röntgenaufnahmen aus dem Krankenhaus holt und wieder hinbringt und generell Bestellungen übernimmt. Glauben Sie mir, es gibt jede Minute etwas zu tun.«
»Oh, ich fürchte, in dem Fall wird es mir nicht möglich sein, dem Krankenhaus eine Zustimmung zu entlocken«, setzte Frank an.
Clara bemerkte, dass Hilarys Augen sich zu zwei schmalen Schlitzen verengten. So leicht würde er nicht davonkommen.
»Sie haben doch bereits Miss … äh … Miss Hickey, die Ihnen helfen wird, Dr.Casey«, stammelte Frank. »Wir können doch nicht Personal auf Vorrat einstellen …«
Jetzt fiel Hilary ihm ins Wort. »Aber, Frank, einem Mann mit Ihrer Überzeugungskraft frisst das Krankenhaus doch gewissermaßen aus der Hand. Und glauben Sie mir, so jung wie die von Ania hier sind meine Knie auch nicht mehr, und ich habe Besseres zu tun, als mich zu bücken und die Fußböden zu schrubben. Da setze ich doch lieber meine ganze Kraft dafür ein, dass diese Klinik hier läuft. Ich bin fest davon überzeugt, dass Sie sich dafür starkmachen werden, dass Ania bei uns bleibt.«
Es schien Clara unendlich lang zu dauern, bis Frank antwortete, aber es konnten nicht mehr als drei Sekunden vergangen sein. »Wie viel bezahlen Sie ihr bisher?«, bellte er.
»Den Mindestlohn, aber jetzt, da sie bereits eine Woche Erfahrung gesammelt hat, hätte ich gedacht …«
»Den Mindestlohn!«, fuhr er sie an und machte auf dem Absatz kehrt.
Ania fiel den beiden Frauen um den Hals und bot allen Schokoladenkekse an. Nach so viel gutem Willen von allen Seiten fühlte Clara sich endlich imstande, Alans SMS zu lesen. Er wollte sich mit ihr treffen und schlug einen Drink, vielleicht sogar ein Abendessen nach der Arbeit vor. Sie schrieb ihm zurück, dass er zu ihr nach Hause kommen könne, aber bitte ohne Wein. Sie würden eine Stunde miteinander reden wie zwei zivilisierte Menschen, und die Mädchen würden nicht mit hineingezogen werden. Wenn er damit einverstanden wäre, könne er gern heute Abend um sieben Uhr zu ihr kommen.
Genau in dem Moment rief Claras Mutter an und wollte wissen, ob ihre Tochter ihr bei der Entscheidung helfen könne, welchen Vorhangstoff sie nehmen solle. Clara wusste, dass dies eine sehr unbefriedigende Angelegenheit werden würde. Ihre Mutter pflegte ihre Unentschlossenheit. Nichts würde entschieden, nichts ausgewählt werden.
»Ich kann leider nicht, Mutter. Ich muss mich mit Alan treffen«, sagte
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