Wege des Herzens
letzten Endes
doch
zu etwas gebracht hatte.
Declan fand, dass sie sich jetzt schleunigst verabschieden sollten, ehe jemand davon erfuhr, dass sie etwas mit dieser Herzklinik zu tun hatten. Noch bevor der Schock richtig Besitz von dem Neffen und seiner Frau ergriffen hatte und bevor das dezente Stimmengemurmel zu einem tosenden Lärm angeschwollen war, standen Fiona und Declan bereits draußen auf der Straße. Sie trampten nach Galway und verbrachten dort noch einen schönen Nachmittag. Sie besuchten eine Kunstausstellung, stöberten in einer Buchhandlung und beschlossen den Tag in einem Café.
Auf der Rückfahrt nach Dublin schlief Fiona, den Kopf an Declans Schulter, ein, und während er der Sonne beim Untergehen zusah, sagte er sich, dass er sich nicht erinnern konnte, je im Leben so glücklich gewesen zu sein.
Bei der Vorstellung, in Kürze Fionas Eltern kennenzulernen, starb Declan fast vor Nervosität, sie hingegen war die Ruhe in Person. Als sie zusammen im Bus zu ihr nach Hause fuhren, war Declan noch immer unsicher, ob er auch wirklich das richtige Geschenk für Fionas Mutter gekauft hatte – eine große Orchidee im Topf. Sie würde begeistert sein, versicherte ihm Fiona, aber Fiona konnte sich auch nicht vorstellen, dass es Menschen gab, die grundsätzlich immer an allem etwas auszusetzen hatten. Sie hatte keine Ahnung, welche Atmosphäre im St. Jarlath Crescent herrschte, wo alles analysiert und tagelang zerpflückt wurde.
Declan fürchtete den Tag, an dem Fiona seine Eltern kennenlernen würde. Das heißt, falls es jemals dazu kommen sollte.
Fionas Vater Sean war ein äußerst umgänglicher Mensch. »Junger Mann, Sie haben mit Ihrer Orchidee die Messlatte ja gewaltig nach oben verschoben«, sagte er zu Declan. »Von jetzt an brauche ich mich bei Maureen mit einem Blumenstrauß von der Tankstelle gar nicht mehr blicken zu lassen.«
»Ich habe damit hoffentlich nichts falsch gemacht«, erwiderte Declan ängstlich.
»Ganz und gar nicht, junger Mann. Das ist wirklich nett von Ihnen.«
Fiona war, wie gesagt, vollkommen locker und entspannt. Keiner machte viel Aufhebens oder bedrängte den Gast, sich zuerst die Hände zu waschen oder auf diesem oder jenem besonderen Stuhl Platz zu nehmen, wie es bei Declan zu Hause der Fall gewesen wäre. Fiona brachte eine Schüssel Salat und bunte Servietten zum Tisch. Ihre Mutter Maureen rief die jüngeren Kinder zum Essen und füllte die Teller mit Chili und Reis. Die Familie schien von Declans Anwesenheit kaum Notiz zu nehmen. Dabei musste er mit Schrecken an das Kreuzverhör denken, dem Fiona unterzogen würde, wenn sie zu ihm nach Hause kam.
Warum
konnten Paddy und Molly Carroll nicht so normal und entspannt wie diese Familie sein? Warum musste sein Vater aus einem permanenten Gefühl der Unterlegenheit heraus Unterwürfigkeit demonstrieren, während seine Mutter jedes Gespräch nach einer kränkenden oder beleidigenden Bemerkung abklopfte?
»Glaubst du, sie mögen mich?«, fragte Declan besorgt, als er mit Fiona zur Bushaltestelle zurückging.
»Natürlich, sie finden dich total sympathisch. Aber das war nicht anders zu erwarten.«
»Wie meinst du das?«
»Na ja, im Vergleich zu dem letzten Kerl, den ich mit nach Hause gebracht habe, musst du ihnen vorkommen wie der reinste Engel«, sagte sie, als ob das alles erklären würde.
Declan verschob sein Vorhaben, Fiona in den St. Jarlath Crescent einzuladen, auf unbestimmte Zeit.
Es lief so gut, weshalb also alles kaputtmachen? Auch die Sache mit dem Sex legte er erst einmal auf Eis. Bisher waren nur zärtliche Gutenachtküsse getauscht worden, aber als er das erste Mal in Fionas Wohnung zum Abendessen eingeladen war, war ihre Mitbewohnerin Barbara nicht zu Hause gewesen. Vielleicht hätte er die Gelegenheit nützen und dies als Einladung auffassen sollen, aber Declan zögerte. Dieses Mädchen war ihm ungemein wichtig, und er wollte, dass alles perfekt war. War das dumm von ihm? Schließlich war Fiona eine normale junge Frau.
Declan hatte bereits Sex gehabt. Natürlich nicht annähernd so häufig, wie ihm lieb gewesen wäre, aber er hatte diese Begegnungen sehr genossen. Und Fiona hatte womöglich ähnliche Erfahrungen gemacht. Doch Declan musste seiner Sache ganz sicher sein. Vielleicht könnten sie zusammen ein paar Tage wegfahren, denn mittlerweile trafen sie sich fast jeden Abend nach der Arbeit.
In der Klinik vergingen die Tage wie im Flug. Declan lernte viel von Clara, die ihr Wissen an ihn
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