Wege des Herzens
Leibe gerückt und hatte ihn zu seinem größten Leidwesen auch noch von seinem Lieblingssessel verbannt. Auch Paddys Freund, Muttie Scarlet, war vorgewarnt, ja nicht überraschend aufzutauchen und den Hausherrn auf ein Bier entführen zu wollen. Beim Frühstück saß Declans Mutter bereits mit geschminkten Lippen am Tisch und erklärte – quasi entschuldigend –, dass sie erst einmal üben musste, da sie sich ja nie schminkte. Am liebsten hätte Declan ihren Kopf mit der frischen Dauerwelle an seine Brust gedrückt und ihr versichert, wie sehr er sie liebe, dass sie eine wunderbare Frau sei und dass er sie und Vater nie im Stich lassen würde, aber natürlich tat er nichts weiter, als dümmlich zu grinsen und zu stammeln, was für ein wunderbarer Abend es bestimmt werden würde.
Der Arbeitstag schien kein Ende zu nehmen. Bobby Walsh klagte über Schmerzen in der Brust, aber seine Frau reagierte hysterisch bei der Vorstellung, er müsse wieder in dieses Krankenhaus, das voller Menschen aus allen Teilen des Landes war – und Gott weiß woher sonst noch. So schlimm könne es ihm gar nicht gehen, dass es nicht noch schlimmer wäre, wenn er dort wieder herauskäme.
Declan bedauerte, dass ihr Sohn Carl nicht bei ihnen war. Er hätte beruhigend auf seine Mutter einwirken können.
Zum zweiten Mal, seit er in der Klinik zu arbeiten angefangen hatte, ertappte Declan sich dabei, dass er permanent auf die Uhr schaute. Endlich war Feierabend, und stolz hielt er Fiona die Tür von Tims Wagen auf. In bester Laune reihten sie sich in den Verkehr ein, und Fiona erzählte von dem Tag, der gerade zu Ende gegangen war. Was Lar mit seinem umfangreichen Wissen doch für ein erstaunlicher Mensch war. Und dann diese Mrs.Walsh, Bobbys schreckliche Frau. Wie hatte sie geseufzt und gestöhnt, als Lavender ihr einen Diätplan für Bobby mitgegeben hatte.
»Immerhin sind Sie Irin. Das zumindest spricht für Sie.« Mit diesen Worten hatte sie ihre Schimpftirade beendet.
»Und das in Anias Gegenwart. Diese Frau ist ein herzloses Monster!«
Nach einer Weile fiel Fiona auf, dass Declan ihr keine Antwort mehr gab. »Plappere ich zu viel? Bei deinen Eltern werde ich mich etwas zurückhalten«, versprach sie.
»Nein, nein, bitte nicht. Sei einfach du selbst. Aber du wirst feststellen, dass auch sie nicht aus ihrer Haut herauskönnen.« Und dabei machte er ein sehr trauriges Gesicht.
»Aber sie sind deine Mam und dein Dad. Ich werde sie bestimmt mögen. Sie haben dich in die Welt gesetzt. Was soll an ihnen nicht liebenswert sein?«
»Sie sind unbeholfen und schüchtern. Sie sind nicht so normal und locker wie deine Eltern.«
»Ach, Gott, Declan! Jetzt mach mal halblang! Es gibt keine normalen Eltern. Es wird schon schiefgehen.«
Zu Hause im St. Jarlath Crescent waren Molly und Paddy mit allem fertig. Die Küche erstrahlte im Glanz der pfirsichfarbenen Wände und der weiß gestrichenen Holztäfelung. Die Melone war aufgeschnitten, und auf jeder Scheibe prangte eine Cocktailkirsche. Der Rinderbraten schmorte im Ofen vor sich hin. Das Fleisch hatte Paddy Carroll, der Metzgermeister, höchstpersönlich an diesem Tag ausgesucht. Gab es sonst noch etwas zu erledigen?
»Der Hund wird bestimmt genau in dem Moment zum Pinkeln raus wollen, wenn das Mädchen kommt«, meinte Molly.
»Du hast recht, ich gehe schnell mit ihm Gassi«, sagte Paddy Carroll, der bereits schlimmste Befürchtungen hegte, dass dieser Abend nie zu Ende gehen würde.
»Aber sei rechtzeitig wieder zurück!«, rief Molly ihm nach.
Paddy nahm den großen Hund an die Leine und führte ihn aus dem Haus, aber am Gartentor sah Dimples eine Katze die Straße entlanglaufen. Das gefiel ihm ganz und gar nicht, und er fing zu knurren an. Paddy achtete nicht darauf. Er maß dem Knurren keine Bedeutung bei. Doch in dem Moment rannte die Katze quer über die Straße, und Dimples, die Leine hinter sich herziehend, rannte ihr nach. Paddy beobachtete die Szene: Der Wagen, der den Crescent entlangkam und versuchte, dem Hund auszuweichen, dabei aber geradewegs auf den Laternenmast zufuhr. Paddy hörte das Geräusch zersplitternden Glases, das Knirschen von verbogenem Metall und sah das Blut seines einzigen Kindes auf die Windschutzscheibe spritzen.
Noch nie in seinem ganzen Leben hatte er einen solchen Schock erlebt und sich so machtlos gefühlt. Und während er noch wie angewurzelt dastand, kam Dimples reumütig zurück und leckte ihm die Hand.
Auf der Beifahrerseite des Wagens stieg
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