Wege des Herzens
war ohnehin höchst unwahrscheinlich, dass Fionas Geschenk Gnade vor Mollys Augen finden würde. Sie würde an allem etwas auszusetzen haben.
Als Declan seine Visite machte, überraschte Judy Murphy ihn mit der Neuigkeit, dass sie im Quentins als Buchhalterin arbeitete. Ein Mal in der Woche kümmerte sie sich dort um die Mehrwertsteuer, und dabei hatte sie erfahren, dass der nette junge Arzt, der ihre Hunde spazieren geführt hatte, mit einer wunderschönen blonden jungen Frau zum Essen im Restaurant gewesen war.
»War das unsere Freundin?« Und dabei deutete Judy mit dem Kopf in Richtung Fiona.
»Ja, das war sie. Woher wissen Sie das mit uns?«
»Ach, das weiß doch jeder«, erwiderte sie.
»Lieber Himmel!«, rief Declan erschrocken.
»Das Mädchen hat wirklich Glück«, sagte Judy, und sie schien es ernst zu meinen.
Barbara war zu einer Hochzeit nach Kilkenny eingeladen und wollte dort auch übernachten, und das erzählte sie Declan jedoch nicht nur ein Mal, sondern gleich zwei Mal, für den Fall, dass er nicht sofort begriffen hatte. Daraufhin machte er sich auf die Suche nach Fiona, die bei Lar in der Kabine war.
»Hast du einen Augenblick Zeit für mich?«, fragte er.
»Ja, habe ich.« Sie schien froh zu sein über die Unterbrechung.
»Danke für die Rettung«, sagte sie, als sie die Kabine verlassen hatten. »Lar wollte von mir die Namen von vier großen Städten in Tennessee wissen, aber mir fällt nicht eine einzige Stadt ein. Tennessee City gibt es nicht zufälligerweise, oder?«
»Ich glaube nicht, aber es gibt Memphis, Chattanooga, Nashville«, zählte Declan auf.
»Noch eine,
bitte
, Declan.«
»Was ist mit Knoxville?«
»Ich liebe dich«, bedankte sie sich überschwänglich und küsste ihn auf die Nasenspitze.
»Warte!«
Er packte sie am Arm. »
Warte
einen Moment. Äh, nachdem Barbara heute Abend nicht da sein wird, wollte ich dich fragen, ob ich vielleicht, äh, bei dir, äh, übernachten könnte?«
»Ich dachte schon, du würdest mich das nie fragen«, erwiderte Fiona seufzend, und dann hörte Declan nur noch, wie sie die Namen der Städte in Tennessee herunterbetete, während sie Lars Blutdruck maß und ihm versicherte, dass er bestimmt lange genug leben würde, um alle diese Ort kennenzulernen – allerdings nur, wenn er weniger Geld auf Pferde verwetten und mehr für seine Reisekasse sparen würde.
Declan eilte ans Telefon, um seinen Eltern mitzuteilen, dass er heute Nachtdienst habe. So war das nun mal …
Zuerst waren sie sehr nervös und machten Witze, um den Augenblick hinauszuzögern. Schließlich ergriff Fiona die Initiative.
»Wir können unsere Weingläser ja auch mit ins Schlafzimmer nehmen«, schlug sie vor. Und von dem Moment an lief alles bestens. Einige Zeit später – Fionas Kopf lag auf seiner Brust, und sie schlief tief und fest –, da wusste Declan, dass das Glück, das er im Zug empfunden hatte, nur ein schwacher Vorgeschmack auf das gewesen war, war er jetzt fühlte.
Sie wachten sehr spät auf und mussten sich beeilen, den Bus zu erwischen. Es war zwar vollkommen unmöglich, aber sie bildeten sich ein, dass in der Klinik alle Bescheid darüber wussten, was sie getan hatten. Declan war das egal, denn er stand zu dem, was passiert war, und außerdem sollte Fiona in zwei Tagen zum Essen in den St. Jarlath Crescent kommen und seine Eltern kennenlernen. Was konnte jetzt noch schiefgehen?
Molly hatte sich extra zu diesem Anlass eine neue Dauerwelle machen lassen und Paddy hundert Mal daran erinnert, dass er zum Essen unbedingt ein Sakko und eine Krawatte tragen müsse. Sie hatte sogar die Stoffservietten gebügelt, ein Hochzeitsgeschenk, das seitdem kaum mehr Verwendung gefunden hatte.
Tim, der Wachmann, bot Declan an, ihm für ein paar Tage seinen Wagen zu leihen.
»Bin ich denn auch versichert?« Wenn er nicht immer so übervorsichtig wäre, dachte Declan.
»Klar doch, du bist auf meiner Karte mitversichert und hast meine Erlaubnis, den Wagen zu fahren. Außerdem bist du ja kein Kamikaze-Fahrer, oder?«, meinte Tim lachend.
Declan prägte sich die Strecke ein, damit er nicht wie ein Anfänger dastand. Am Tag des großen Ereignisses sah er, dass Fiona sich das Haar hochgesteckt und etwas Schickes zum Anziehen mit in die Klinik gebracht hatte – ihr bestes Stück, ein Jackenkleid aus cremefarbener Seide, an dem seine Mutter sicher auch wieder etwas auszusetzen haben würde. Zu Hause war man dem armen Dimples mit Wasser und Bürste zu
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