Wege des Herzens
schwankend eine hübsche junge Frau mit blonden Haaren aus, deren Gesicht und Kleid ebenfalls voller Blut waren.
»Rufen Sie einen Rettungswagen«, rief sie, »
schnell!
Und sagen Sie, der Mann ist am Kopf verletzt.«
Paddy begriff, dass sie das sein musste, die Krankenschwester, das Mädchen, von dem Declan ihm vorgeschwärmt hatte. Sie war heute Abend bei ihnen zum Essen eingeladen, aber jetzt war Declan tot. Paddy starrte auf den merkwürdig verdrehten Kopf seines Jungen. Bestimmt hatte er sich das Genick gebrochen.
Wie ein Roboter kehrte er ins Haus zurück und schob Molly beiseite, die herausgekommen war und sehen wollte, was passiert war. »Komm ins Haus zurück, Molly, ich flehe dich an«, sagte er und griff zum Telefonhörer. Aber sie ging weiter, und als Paddy dem Notdienst die Adresse nannte, sah er seine Frau die Hände vors Gesicht schlagen und ungläubig auf den Wagen starren, wo Fiona inmitten der Glasscherben kniete und durch das Fahrerfenster beruhigend auf Declan einredete und ihm versicherte, dass Hilfe unterwegs sei. Und dass sie ihn liebe.
Dimples wusste, dass etwas nicht stimmte, aber nicht, was es war. Traurig setzte er sich neben den Herd und hob schnuppernd die Schnauze, als der Duft des Bratens, der in der Röhre vor sich hin brutzelte, an ihm vorbeizog.
Paddy hatte eine Decke aus dem Haus geholt, und mittlerweile hatten sich auch die ersten Neugierigen auf der Straße eingefunden. Fiona reagierte ruhig und professionell.
»Er kann uns nicht hören«, sagte sie zu Molly. »Bitte, glauben Sie mir, er ist bewusstlos. Aber der Krankenwagen wird jeden Moment hier sein.« Und erstaunlicherweise trafen die Sanitäter auch gleich darauf ein.
Die Besatzung des Krankenwagens stellte erleichtert fest, dass bereits eine Krankenschwester am Unfallort war. Fiona hielt die Zuschauer fern und hatte alles so weit unter Kontrolle. Sie selbst habe nur oberflächliche Schrammen an der Stirn, versicherte sie den Sanitätern, und sie würde sich versorgen lassen, sobald sie mit Declan auf dem Weg in die Notaufnahme seien. Als sie Declan aus dem Wagen hoben, wäre sie am liebsten doch mit ihm gefahren, aber sie wusste, dass seine Eltern sie dringender brauchten.
»Und?«, fragte sie einen der Männer.
»Der Puls ist schwach«, erwiderte er.
»Besser als nichts«, sagte sie mit einem matten Lächeln, ehe sie sich zu den Beamten umwandte, die im Streifenwagen vorgefahren waren und bereits damit angefangen hatten, die ersten Zeugenaussagen aufzunehmen.
»Könnten wir das nicht im Haus erledigen?«, schlug Fiona vor. »Das hier sind Declans Eltern, und sie werden sich nach dem Schock bestimmt gern hinsetzen wollen.« Fiona half Molly ins Haus zurück, breitete eine Decke über ihre Knie und rieb ihre kalten Hände. Ein Mann namens Muttie drückte ihr ein Glas Whiskey in die Hand, der wieder Farbe in Paddy Carrolls Gesicht zurückbringen sollte. Schließlich schaltete Fiona den Herd aus, in dem ein großes Stück Rinderbraten langsam verbrutzelte. Und dann sprudelte die ganze Geschichte aus Paddy heraus: Wie der Hund die Katze erspäht hatte und über die Straße gelaufen war, wo der Sohn des Hauses wiederum den Hund gesehen und versucht hatte, ihm auszuweichen, dabei aber geradewegs gegen den Laternenpfahl geknallt war.
Fiona ließ die beiden hin und wieder allein, um im Krankenhaus eine Freundin anzurufen, von der sie mehr erfahren würde als von der Schwester an der Notaufnahme. Die Neuigkeiten waren beruhigend. Declan war zwar an lebenserhaltende Apparaturen angeschlossen, aber es schien ihm den Umständen entsprechend gutzugehen. Ein Schädelbruch, eine Fraktur des Arms, aber keine inneren Verletzungen. Doch vor dem nächsten Tag würde er keinen Besuch bekommen dürfen.
Gegen elf Uhr abends, fünf Stunden nachdem sie im St. Jarlath Crescent angekommen war, sprach Fiona ein letztes Mal an diesem Abend mit der befreundeten Krankenschwester und mit jemandem bei der Patientenaufnahme. Man konnte ihr versichern, dass Declan nicht in Lebensgefahr schwebte. Und so holten sie schließlich doch noch den Braten aus dem Ofen, setzten sich zu dritt an den Küchentisch und verzehrten das Fleisch mit Butter und Brot. Fiona blieb die Nacht über in dem Haus, in dem Declan geboren und groß geworden war, und schaffte es sogar, in seinem Bett tatsächlich ein paar Stunden zu schlafen.
Declan Carroll lag derweil in seinem Krankenhausbett, schlief und träumte von der Klinik. Er lag auf dem Boden und versuchte, zu dem
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