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Wege im Sand

Wege im Sand

Titel: Wege im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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nicht mehr nackt gebadet. Sich daran erinnernd, drehte sie sich um – und entdeckte ihn.
    Stevie erstarrte, dann ging sie auf ihn zu. Er kam ihr entgegen.
    »Hallo«, sagte sie.
    »Hallo.«
    »Von allen Stränden an allen Meeren musstest du dir ausgerechnet meinen aussuchen.« Sie standen beisammen, ihre Zehen berührten sich, als sie aufblickte und versuchte, ihm in die Augen zu schauen. Die Haare fielen ihm ins Gesicht, das vom Mond überschattet war.
    »Es tut mir Leid, dass ich Nell von Schottland erzählt habe. Ich dachte, sie wüsste es.«
    »Ich hatte schon mehrmals versucht, das Thema zur Sprache zu bringen. Aber sie ist stur, wenn es um Dinge geht, die sie nicht hören will. Zerbrich dir deswegen nicht den Kopf. Sie hätte es sowieso erfahren.«
    »Alles in Ordnung mit ihr?«
    Er nickte. »Ich hoffe. Es hat die halbe Nacht gedauert, aber schließlich hat sie sich in den Schlaf geweint. Ich – mir ist die Decke auf den Kopf gefallen. Ich musste mir die Beine vertreten. Wolltest du schwimmen gehen?«
    »Ja.«
    »Ich auch. Dann los.«
    Er ließ sein Hemd neben ihres fallen, dann tauchten sie mit einem Kopfsprung in die nächste Welle. Die Nachtluft war so kühl, dass sich das Wasser warm anfühlte. Stevie schwamm mit kräftigen schnellen Zügen zum Floß hinaus. Sie spürte den nahenden Gezeitenwechsel – den Widerstand der Flut, den sie überwinden musste. Der Mond stand tief am Himmel, sein Licht pflügte eine breite goldene Schneise in das schwarze steigende Wasser. Sie hörte Jack ganz in der Nähe schwimmen, erhaschte einen Blick auf seinen glänzenden Rücken.
    Ihre Lungen brannten, aber es tat gut, sich körperlich zu verausgaben. Sie hatte das Gefühl, dass er das Gleiche im Sinn hatte. Ihre Muskeln streckten sich, als sie schneller schwamm, um ihn einzuholen. Jack ließ sich auf das Spiel ein, schwamm mit ihr um die Wette zum Floß. Sie hievten sich aus dem Wasser, lachten. Sie schüttelte ihr nasses Haar und setzte sich neben ihn.
    »Hat deine Mutter dir nicht gesagt, dass man nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr schwimmen gehen sollte?«, fragte er.
    »Das gehörte zu den wenigen Dingen, die sie ausgelassen hatte. Sie liebte den Strand und wusste, dass Schwimmen im Mondschein, vor allem mit einem Freund und vor dem Sturm, zu den Höhepunkten im Leben zählt.«
    »Aber du konntest nicht wissen, dass du heute Nacht einem Freund begegnen würdest. Oder doch?«
    »Nein. Du aber auch nicht.«
    »Ich hoffte, dir zu begegnen.«
    »Früher bin ich immer im Morgengrauen geschwommen, falls ich dich daran erinnern darf. Wie spät ist es?«
    »Ungefähr halb fünf, nehme ich an. Ich hatte es irgendwie im Gefühl. Obwohl ich es nicht erklären kann. Vielleicht liegt es daran, dass ich dir etwas Wichtiges zu sagen habe.«
    »Was?«
    »Madeleine war hier.«
    »Jack!«
    »Es hat gut getan, sie wiederzusehen«, sagte er, aber seine Augen waren schmerzerfüllt. Ihre Kehle war wie zugeschnürt, als sie sah, wie er den Kopf schüttelte.
    »Was ist, Jack?«
    »Nell und ich reisen ab.«
    Sie drehte sich langsam zu ihm um, ihr Magen verkrampfte sich.
    »Jetzt, wo sie Bescheid weiß, wird der Abschied umso schwerer für sie, je länger wir bleiben. Sie mag dich … sehr sogar. Und diesen Ort auch. Ich habe eine Riesendummheit begangen – doch ich kann sie nicht ungeschehen machen.«
    »Aber das Wiedersehen mit Maddie – du sagtest, es habe dir gut getan.«
    »Die Situation ist zu schwierig, Stevie. Sie geht über unsere Kräfte – das gilt für uns beide. Sie fuhr weg, ohne dass es zu einer Aussprache kam – sie konnte genauso wenig damit umgehen wie ich. Der Riss in unserer Familie ist zu groß, er lässt sich nicht mehr kitten, von niemandem.«
    »Das muss nicht alles auf einmal geschehen.«
    »Ich wollte bleiben. Wirklich. Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr. Als du an dem Abend, nach dem Strandkino sagtest … bleib. Seither höre ich ständig deine Stimme. Und ich dachte – dachte ernsthaft darüber nach –, was wäre, wenn wir blieben? Ich habe es versucht, ich habe es mir so sehr gewünscht.«
    »Und warum kannst du nicht?«
    »Ich habe einen Vertrag unterschrieben. Ich habe unseren Flug umgebucht – wir verlassen Hubbard’s Point morgen früh und fliegen noch an diesem Wochenende nach Schottland.«
    »Das kannst du nicht machen.«
    »Mir bleibt keine andere Wahl.«
    Sie dachte an Madeleine und die vielen Dinge, die unerledigt geblieben waren. Es musste doch einen Weg geben, die beiden

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