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Wege im Sand

Wege im Sand

Titel: Wege im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Walk, ein zehn Meilen langer, spektakulärer Fußweg hoch über dem Meer, der Newports Klippen und Herrenhäuser säumte. Easton’s Beach erstreckte sich in einer sanften Biegung zur Linken, mit silbern schimmerndem Sand und langen Wellen, die vom Ozean anbrandeten und weiße Schaumkronen trugen. In Schaukelstühlen auf der vorderen Veranda sitzend, lauschten Stevie und Henry dem beruhigenden Rhythmus der Wellen und leisteten sich gegenseitig Gesellschaft. Laut Aida hatte Henry in der vergangenen Nacht kein Auge zugetan und sich mehrmals erbrochen.
    »Geht es dir besser?« Stevie musterte ihn mit einem halb belustigten, halb besorgten Blick.
    »Ja, Lulu. Vielen Dank für die Nachfrage. Keine Ahnung, was ich mir eingefangen habe.«
    »Vielleicht ein paar Bourbon zu viel?«
    »Haha. Sehr witzig. Mein Junggesellenabschied war nur dem Namen nach einer – Seeleute im Ruhestand, seit langem unter der Haube, die Hälfte ständiger Gast bei den Anonymen Alkoholikern. Wir waren im Offizierskasino und versuchten, in Erinnerungen an die wilden Zeiten in Phuket und Hongkong zu schwelgen, aber das Gespräch drehte sich bald nur noch um Enkelkinder und den Nervenkitzel, die Hypothek fürs Eigenheim abzuzahlen. Ein Trauerspiel.«
    »Und wieso geht es dir dann so schlecht?«
    Henry schaukelte leicht mit seinem Stuhl. Seine Augen, die aufs Meer hinausblickten, waren düster, seine Wangen von Wind und Wetter gegerbt. Dieser Mann hatte als Fregattenkapitän ein Kriegsschiff befehligt und einen Matrosen aus den mit Haien verseuchten Gewässern des Persischen Golfs gerettet, der nach einer Schlägerei bewusstlos über Bord gegangen war. Stevie liebte ihn, als wäre er ihr eigener Bruder.
    »Also gut, aber sag es niemandem weiter, ja?«
    »Versprochen.«
    »Ich bin ein alter Seebär, habe viele Meere befahren. Das weißt du.«
    »Ja, sicher.«
    »Aber eines weißt du nicht: Jedes Mal, wenn das Schiff auslief, von wo auch immer, und den Hafen durchquerte, an den kleinen Booten vorbei … fühlte mich in meinem Element.«
    »Commander van Lichen.«
    »Du sagst es. Doch kaum kamen wir zu den Tiefseebojen …«
    »Den was?«
    »Bojen, die den Übergang zum offenen Meer markieren. Dort wird die See rau, und die Schiffe schaukeln und schlingern.«
    »Aha.«
    »Wie gesagt, kaum waren wir an den Tiefseebojen angelangt – wurde ich seekrank, und wie! Stell dir das vor, so etwas muss ausgerechnet mir passieren! Ich war Berufsoffizier. Als Angehöriger der Navy hat man seetauglich zu sein. Was macht das für einen Eindruck, wenn ich auf meinem eigenen Schiff flachliege oder über der Kloschüssel hänge.«
    »Das ist doch kein Weltuntergang.« Stevie lächelte.
    »Für mich schon, Lulu. Peinliche Sache. Die Seekrankheit war keine langfristige Angelegenheit – dauerte nicht bis zum Einlaufen im nächsten Hafen an. Sie überkam mich wie ein Taifun, ich brachte es hinter mich, und dann ging es wieder. Trotzdem gilt an Bord ein eisernes Gesetz – Offiziere werden nicht seekrank. Ich war Befehlshaber des Schiffes. Die Mannschaft hörte auf mein Kommando. Wenn meine Männer gesehen hätten, wie ich den Fischen opfere, sobald es zur Sache geht, wäre meine Autorität beim Teufel gewesen. Also musste ich dafür sorgen, dass niemand Wind davon bekam. Mehr als zwanzig Jahre lang, und keiner hat etwas gemerkt.«
    »Ich glaube, das ist typisch Mann, Henry. So unerschrocken und diszipliniert in allen Lebenslagen zu sein. Was hättest du gemacht, wenn dich irgendein unseliger Matrose erwischt hätte?«
    »Ich wäre gezwungen gewesen, ihn umzubringen«, erwiderte Henry, ohne zu lächeln.
    »Mein Gott, und ich frage dich seelenruhig, warum es dir letzte Nacht so schlecht ging! Besteht die Gefahr, dass ich abgemurkst werde?«
    »Keine Bange, Lulu! Wir haben doch keine Geheimnisse mehr voreinander. Wir sind zwei alte Weggefährten – haben so manches gemeinsam durchgestanden. Dir kann ich es ja sagen – letzte Nacht habe ich mich so elend wie nie zuvor in meinem Leben gefühlt, als wäre ich seekrank, und dabei war ich nicht mal auf einem Schiff. Meine Knie waren weich wie Gummi, und mir war speiübel.«
    »Was hast du denn erwartet?«
    »Häh?«
    »Du bist an den Tiefseebojen angelangt«, erklärte Stevie mit dem sicheren Wissen eines Veteranen. »Die Tiefseebojen der Liebe. Du heiratest morgen.«
    »Alle Wetter! Du meinst, das ist der Grund?«
    »Was sonst. Jede Zelle deines Körpers weiß, dass sich jetzt alles ändern wird. Du nimmst Kurs aufs

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