Wege im Sand
von …«
»Ja, aber in erster Linie ist sie meine Freundin. Eine meiner besten, ältesten Freundinnen«, unterbrach ihn Stevie hastig.
»Auch das ist Liebe«, sagte Henry, und Stevie musste lächeln.
»Du bist wirklich wie umgewandelt. Ein neugeborener Kommandant.«
»Du hast dich auch verändert. Keine Spur mehr von Luocious, der Sirene, die Männer anlockt.«
»Das würde ich nicht behaupten.« Stevie sah nach Osten, aufs Meer hinaus, während sie den Arm um Henrys Hals schlang und ihn auf den Scheitel küsste. Ihr Blick war in Richtung Schottland gewandt; seltsam, dass wieder einmal ihr Boot zerschellt war, an den schottischen Klippen, auf einer Insel, die sie nie besucht hatte.
An der Küste, wo ihr Herz war. Stevie verbarg ihre Augen, damit Henry nicht sah, dass sie sich mit Tränen füllten.
»Halt die Ohren steif«, sagte er, ihre Hand haltend.
»Aye-aye, Käpt’n.«
Madeleine und Stevie wurde der beste Tisch im Lilly Jane’s zugewiesen, am Rande der Terrasse. Die Wellen brachen sich am Strand zu ihren Füßen, und eine leichte Brise besprühte ihre Gesichter mit einer salzigen Gischt. Die Bedienung reichte ihnen die Karte mit einer Auswahl an Cocktails, die mehrere Seiten füllten und so eingängige Namen wie »Weißer-Hai-Martini« und »Sex am Easton’s Beach« trugen.
»Lilly wird enttäuscht sein, aber ich nehme Mineralwasser.«
»Ich auch.« Maddie bemerkte den überraschten Ausdruck in Stevies Augen. »Ich, ähm, trinke keinen Alkohol mehr.«
»Wirklich?«
»Ja. Als ich bei dir in Hubbard’s Point war, hatte ich ein wenig die Kontrolle verloren. Eigentlich das ganze letzte Jahr.« Die Bedienung brachte eine große blaue Flasche Mineralwasser, und sie prosteten sich zu.
»Schmeckt gut.« Stevie lächelte.
»Finde ich auch.« Sie überflogen die Gerichte und bestellten beide gegrillten Thunfisch. Eine Band spielte Reggae in der Bar. Maddie fühlte sich rundum entspannt und wohl am Strand, in Gesellschaft ihrer langjährigen Freundin. Sie unterhielten sich allgemein über den Sommer, umgingen vorsichtig alle heiklen Themen. Stevie erzählte von ihren Bildern und der bevorstehenden Hochzeit ihres Stiefcousins, Madeleine von Chris, der angefangen hatte, Klavierstunden zu nehmen. Sie genossen das Essen, lauschten der Musik und den Wellen. Die Sonne ging unter, tauchte das Meer in einen goldenen und violetten Schein. Zwei junge Frauen saßen am Nachbartisch, die eine bestellte »Sex on the Beach«. Madeleine verspürte einen Stich, erinnerte sich an Emma.
»Emma hat den gleichen bestellt, in unserem letzten gemeinsamen Urlaub«, erzählte sie. »Sie meinte: ›Erinnerst du dich an die Zeit, als Sex am Strand eine Lebensphilosophie und kein Cocktail war?‹«
»Typisch Emma.«
»Sie lachte und erklärte, wir hätten alle im selben Sommer unsere Unschuld am Strand von Hubbard’s Point verloren – mit siebzehn.«
Stevie neigte den Kopf. »Ich war schon achtzehn. Und es passierte mit Kevin, meinem Ehemann Nummer eins, im College.«
»Und ich war einundzwanzig. Ein anständiges katholisches Mädchen – ich habe gewartet, bis ich wenigstens verlobt war. Geheiratet habe ich ihn allerdings nicht.«
»Ich frage mich, wie Emma auf die Idee kam …«
»Wie mit der Kreis-Zeremonie bei Vollmond – ihr gefiel der Gedanke, dass wir ein Leben lang miteinander verbunden bleiben würden. An der Hüfte zusammengewachsen … wenn schon nicht in Wirklichkeit, so doch zumindest in der Legende von den Beachgirls«, sagte Madeleine, als die Bedienung kam, um abzuräumen. Sie bestellten Kaffee und eine Portion Crème brûlée, die sie sich teilten. Die Musik wurde lauter, und der Wind frischte auf.
»Ist das nicht merkwürdig, dass wir drei als Teenager nie auf die Idee gekommen sind, Newport unsicher zu machen?«, sagte Madeleine. »Das war doch gar nicht weit weg … aber andererseits, warum hätten wir den Wunsch haben sollen, Hubbard’s Point zu verlassen?«
»Das sagt …« Stevie verstummte.
»Sprich weiter – was wolltest du sagen?«
»Das sagt Nell auch immer. Sie klingt genau wie ihre Tante.«
»Hast du noch Kontakt zu ihr?«
»Ja, oft sogar.« Stevie erzählte von ihrem neuen Buch Der Tag, an dem das Meer schwarz wurde und dass Nell ihr regelmäßig Informationen über die Küsten der schottischen Orkney Inseln zuschickte. Ihre Stirn war gerunzelt, als hätte sie Angst, Madeleine könne sich aufregen, wenn sie von dem Briefwechsel erfuhr.
»Das freut mich. Wenigstens hat sie
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