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Wege zu einem humanen, selbstbestimmten Sterben

Wege zu einem humanen, selbstbestimmten Sterben

Titel: Wege zu einem humanen, selbstbestimmten Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Haut gespritzt.
Dieselbe Erfahrung machte ein hochbetagter Chirurg, der am Leben litt und es
beenden wollte. Er kündigte seinen Kindern an, dass er sich zu Tode fasten und
dursten würde. Zuerst probierte er aus, wie er auf eine niedrige Dosis Morphin
reagieren würde. Danach nahm er dieselbe Dosis während der zweiwöchigen
Sterbephase und konnte so human sterben. Für Patienten, die selbst keine Ärzte
sind, ist es schwer nachzuvollziehen, warum sie nicht dieselbe schmerzlindernde
Behandlung bekommen sollen. Aufgrund der genannten und anderer Erlebnisse
stimmen wir Sidney Wanzer nicht zu, wenn er eine terminale Sedierung
empfiehlt, nachdem der Patient aufgehört hat zu essen und zu trinken. 22 Wir sind der
Meinung, dass die Maßnahmen, die den Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit
erträglich machen (siehe 2.4 und 2.7), nur sehr wenig oder gar kein Morphin
erfordern.
    Es ist nicht beabsichtigt, hier
ausführlicher auf den Einsatz verschiedener palliativer Mittel einzugehen. Es
soll nur verdeutlicht werden, dass ein optimaler Verlauf eine sorgfältige
Vorbereitung und medizinisches Fachwissen erfordert. Dieses jedoch ist unter
Ärzten noch zu wenig verbreitet, weil in ihrer Aus- und Weiterbildung dem
Sterben durch Verzicht auf Essen und Trinken in Eigenregie des Patienten zu
wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. In einem aktuellen niederländischen
Standardwerk über palliative Pflege wird das Thema z. B. überhaupt nicht
berührt. 23 Hausärzte lernen in ihrer Ausbildung zwar, wie sie mit Patienten verfahren
sollen, die unter ihrer Regie sterben, sie lernen aber in der Regel nicht, wie
sie mit einem Patienten umgehen sollen, der selbst die Regie über sein Sterben
führen will.
     
     

2.6 Die Dauer
     
    Wenn jemand innerhalb von
sieben Tage stirbt, ist davon auszugehen, dass für den Tod in hohem Maße eine
Krankheit verantwortlich ist. Diese Fälle sind in der folgenden Tabelle nicht
berücksichtigt.
     
    Tabelle:
    Dauer des Verzichts auf Nahrung
und Flüssigkeit bis zum Eintritt des Todes bei 97 Personen 4 , aufgeschlüsselt nach Schwere der Krankheit:
     
 
tödliche Krankheit
schwere Krankheit
keine tödliche oder schwere
Krankheit
7-9 Tage
10
9
5
10-12 Tage
10
7
4
13-15 Tage
8
4
10
16-18 Tage
3
0
1
19-30 Tage
8
4
3
31-60 Tage
0
6
2
über 60 Tage
0
1
2
Gesamt
39
31
27
     
    Einige Patienten, die
vollständig aufgehört hatten zu essen und zu trinken, waren bereits nach sieben
bis neun Tagen verstorben. Eine schwere Krankheit oder das hohe Alter haben das
vergleichsweise schnelle Sterben befördert. Die Mehrzahl (ca. 70%) verstarb
innerhalb von 16 Tagen, weil sie auch das Trinken ganz eingestellt hatten.
Weitere 20% starben nach 16-30 Tagen: sie hörten von einem auf den anderen Tag
mit Essen auf, aber verringerten die Flüssigkeitszufuhr erst allmählich und
tranken schließlich fast gar nichts mehr. Einige Patienten (ca. 10%) begannen
mit dem Fasten, tranken aber noch lange und unbegrenzt weiter. Erst nach ein
bis zwei Monaten begannen sie auch weniger zu trinken. Wer sich dafür
entscheidet, durch Verzicht auf Essen und Trinken zu sterben, hat also selbst
Einfluss auf die Dauer des gesamten Prozesses: Man kann den Abschied
hinauszögern, indem man hin und wieder etwas trinkt. Man kann ihn
beschleunigen, indem man gar nichts mehr trinkt.
    Bei einigen tödlichen
Krankheiten, besonders bei Krebs, ist es ein bekanntes Symptom, dass das
Bedürfnis nach Nahrung und später auch nach Flüssigkeit spontan abnimmt.
Jemand, der sein Sterben beschleunigen will, wird in diesem Fall nach der
Entscheidung, nicht mehr zu essen und zu trinken, kaum Hunger und Durst leiden.
Ärzte sind oft unsicher, ob sie diese Information an Krebspatienten weitergeben
dürfen, die noch Monate leben könnten, aber ausdrücklich ihren Wunsch zu
sterben artikulieren. Dieses Verlangen braucht nicht unbedingt durch belastende
somatische Symptome verursacht zu sein, sondern kann auch durch den Wunsch des
Patienten, das Ende nicht unnötig hinauszuzögern, entstehen. Das Verlangen,
eher zu sterben, ist für sich genommen kein Grund für einen Hausarzt in den
Niederlanden, Beihilfe zur Selbsttötung zu leisten, denn es handelt sich nicht
um unerträgliches Leiden durch Schmerzen oder andere schwerwiegende Symptome.
    In Gesprächen über Sterben an
Krebs, über Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten herrscht zwischen Ärzten und
Patienten mittlerweile eine weitgehende Offenheit. Es ist jedoch merkwürdig,
dass oft nicht darüber gesprochen wird,

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