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Wege zu einem humanen, selbstbestimmten Sterben

Wege zu einem humanen, selbstbestimmten Sterben

Titel: Wege zu einem humanen, selbstbestimmten Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Selbsttötung noch
die unterlassene Verhinderung als Tötungsdelikt strafbar sind, wenn eine
freiverantwortliche Willensentscheidung des Lebensmüden zu Grunde liegt.
Umstritten ist und wird immer bleiben, wann im Einzelfall ein
Selbsttötungsentschluss als freiverantwortlich zu bezeichnen ist und nach
welchen Maßstäben diese Frage zu beurteilen ist. 54 Dies ist aber keine Rechtsfrage. Dies muss bei
der Begleitung einer Selbsttötung im Voraus verantwortlich abgeklärt werden. Im
Falle einer strafrechtlichen Überprüfung muss die Feststellung, dass der
Entschluß freiverantwortlich getroffen worden ist, die in aller Regel nur
ein Arzt treffen kann, zur Einstellung des Verfahrens führen. Fehlt es an
einer freiverantwortlichen Entscheidung des Sterbewilligen, so ist schon das
Nichtverhindern des Todeseintritts und erst recht aber die Beihilfe zur
Selbsttötung immer strafbar (Unterlassene Hilfeleistung nach § 323 c StGB oder
sogar Tötung durch Unterlassen nach § 212 StGB).
    Wo klar auf der Hand liegt,
dass der Sterbewillige am Selbsttötungswillen festhält, keine Rettung wünscht
und sich zur Wiederholung der Tat veranlasst sähe, falls man seinen
eigenverantwortlich ins Werk gesetzten Willen nicht respektiert, ist die
Zumutbarkeit von Rettungsbemühungen zu verneinen. Bedeutung hat das insbesondere
gegenüber hoffnungslos Leidenden, die mit ihrem Entschluss dem weiteren
Krankheitsfall ein Ende setzen wollten und für solche Personen, die ihnen bei
der Realisierung des Selbsttötungswillens bereits aktiv Hilfe geleistet haben. 55
     
    3. Das Zulassen des Sterbens in
der neuen Rechtsprechung
    Von der Rechtsprechung wurde
längst das pflichtgemäße Zulassen des Sterbens nach dem freien Willen des
Patienten 56 festgestellt, nämlich nach den Kriterien des Medizinrechts, die wiederum direkt
nach den verfassungsmäßig garantierten Grundrechten auf individuelle
Menschenwürde, Integritätsschutz und Selbstbestimmung beruhen.
     
    Erstmals hat in 1994 in der
sog. Kemptener Entscheidung der Bundesgerichtshof als das höchste deutsche
Strafgericht an tragender Stelle einer Urteilsbegründung in
unmissverständlicher Deutlichkeit auf die Verbindlichkeit des Patientenwillens
hingewiesen. Der mutmaßliche Wille, eine Behandlung abzulehnen, wurde als verbindlicher
Patientenwille festgestellt. Während der Verzicht auf lebenserhaltende
Maßnahmen bis zu dieser Entscheidung nach den bis damals gültigen Richtlinien
zur ärztlichen Sterbehilfe nur in der Sterbephase erlaubt schien, stellte der
Bundesgerichtshof hier klar, dass der Patientenwille ohne Rücksicht auf
Art und Stadium einer Erkrankung zu beachten ist. Steht er einer
lebensverlängernden Behandlung entgegen, muss man den Patienten nach seinem
Willen sterben lassen. Verstand man in allen Zeiten unter der Garantenpflicht
immer eine Pflicht zur Rettung des Lebens, so heißt in solchen Situationen ‚Garantenpflicht’
nach heutigem Verständnis ‚Garant zu sein für die Umsetzung des
Patientenwillens nach Bewußtseinsverlust’.
    Gerne wird übersehen, dass
inzwischen das Bundesverfassungsgericht zur Patientenverfügung der Zeugen
Jehovas klargestellt hat, 57 dass in einer Patientenverfügung (und erst recht natürlich in einem aktuell vom
Patienten geäußerten Behandlungsverbot) ein Patient in jeder Lebenslage und
auch bei Aussicht auf jahrelanges gesundes Weiterleben eine lebenserhaltende
Behandlung oder deren Fortsetzung verbieten kann. Es wird von niemandem
ernsthaft bezweifelt, dass das Grundgesetz mit den Artikeln 2 und 4 die
Selbstbestimmung in gleicher Weise schützt, gleich ob sie religiös motiviert
ist oder aus der sonstigen Wertewelt des Menschen entspringt. 58 Damit hat jeder
das Recht, sein Leben zu verwerfen, auch wenn er dieses völlig gesund und auf
unabsehbare Dauer fortsetzen könnte.
    Der freiverantwortliche
Patientenwille ist also beim Behandlungsabbruch ebenso maßgeblich wie bei
Selbsttötungshandlungen. Eine sog. Reichweitenbeschränkung gibt es weder beim
Behandlungsabbruch noch bei der Unterstützung einer Selbsttötungshandlung.
     
    4. Vergleichende Betrachtung
der Rechtsprechung zur Begleitung einer Selbsttötung und zur sonstigen
Sterbehilfe Im
Folgenden wird die Rechtsprechung zur Beihilfe bei Selbsttötung und die
Rechtsprechung zum tödlichen Behandlungsabbruch und zur Patientenverfügung
gegenübergestellt, wobei ebenso von einer freiverantwortlichen
Selbsttötungshandlung wie von einer freiverantwortlichen

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