Wege zu einem humanen, selbstbestimmten Sterben
Injektionen
Schweiz
Bosshard u. a. (2003) erwähnen
22 Fälle im Kanton Zürich, bei denen 10-15 g Pentobarbital intravenös
verabreicht wurden, und zwar durch den Gebrauch eines Tropfes. Ein Arzt hatte
die erforderliche Dosis Pentobarbital verschrieben und ein Assistent der
Sterbehilfe-Gesellschaft hat das Pentobarbital in einer Tropfflasche aufgelöst.
Der schwerkranke Patient, der um Assistenz beim selbstbestimmten Sterben
gebeten hatte, musste nur noch den Hahn des Tropfes öffnen, was diese Handlung
juristisch zu einer (begleiteten) Selbsttötung machte. Auch aus
niederländischer Sicht ist das streng genommen keine ärztliche Tötung auf
Verlangen, sondern ärztliche Beihilfe zur Selbsttötung, da der Patient selbst
die zum Tode führende Handlung ausführt. Die intravenöse Variante mit 10-15 g
Pentobarbital führte nach einer durchschnittlichen Dauer von 16 Minuten
(Bereich: 4 bis 45 Minuten) zum Tod. In zwei weiteren Fällen verabreichte sich
der Patient die gleiche Menge Pentobarbital selbst durch einen PEG-Sonde in den
Magen. In allen 24 Fällen handelte es sich um selbstverantwortliche Patienten.
In den 22 Fällen, bei denen der
Tod mit einer Infusion eingeleitet wurde, löste offensichtlich eine Infusion
von 10-15 g Barbituraten bereits den Tod aus, ohne dass der zusätzliche Einsatz
eines Muskelrelaxans notwendig wurde, wie es in den Niederlanden üblich ist.
Man 105 sollte aber beachten, dass die verwendete Dosis zehn Mal so hoch ist
wie die 1,5 g Thiopental, die in den Niederlanden gegeben werden, um den
Patienten einschlafen zu lassen.
Niederlande
Horikx und Admiraal (2000)
berichten über eine Methode ärztlicher aktiver Sterbehilfe (analog zur
ärztlichen Tötung auf Verlangen, siehe Kapitel 1.4 über die Terminologie), die
durch zwei nacheinander verabreichte Injektionen erfolgte, wie es die Königlich
Niederländische Gesellschaft für Pharmazie empfiehlt.
Zuerst wird eine intravenöse
Injektion von 1,5 g Thiopentalnatrium (Pentothal®), 3 Ampullen à 0,5 g,
verabreicht. Diese 3 Ampullen können in 10 ml physiologischem NaCl aufgelöst
werden. Diese Lösung sollte innerhalb einer Stunde gebraucht werden (nach einer
Stunde könnte sich die Injektionsnadel durch einen Niederschlag verstopfen).
Thiopental-Ampullen sind normalerweise auf ärztliches Rezept in Apotheken
erhältlich. Der Zweck dieser ersten Injektion ist es, den Patienten in einen
tiefen Schlaf oder in ein Koma zu versetzen, sodass der Atemstillstand, den die
zweite Injektion auslöst, nicht bewusst erlebt wird.
In manchen Fällen führt die
erste Spritze bereits zum Tod durch Herzstillstand (in 128 von 463 Fällen,
siehe Tabelle 5-4). In diesen Fällen ist eine zweite Spritze natürlich nicht
notwendig.
Nur wenn der Arzt absolut sicher ist,
dass ein tiefer Schlaf oder ein Koma erreicht worden ist, was normalerweise
innerhalb von fünf Minuten eintritt, wird er eine zweite intravenöse
Injektion mit einem nicht-depolarisierenden Muskelrelaxans geben. Meistens
werden 20 mg Pancuronium Dibromid (Pavulon®) verabreicht, aber manchmal werden
auch andere Medikamente derselben pharmakologischen Gruppe (45 mg Alcuronium
Diclorid oder Alloferin®) gebraucht. Diese Curare-ähnlichen Medikamente lösen
sofortigen Atemstillstand aus. Es kann dann bis zu 10 Minuten dauern, bis auch
das Herz auf hört zu schlagen.
In den 50 Fällen (siehe Tabelle
5-4), in denen das Sterben mehr als 15 Minuten dauerte, ist ernsthaft
anzuzweifeln, ob wirklich eine intravenöse Injektion gegeben wurde, was
bei alten kachektischen Patienten sehr schwierig sein kann. Wir vermuten, dass
in diesen Fällen die Injektion tatsächlich außerhalb der Vene erfolgt war, was
den Eintritt des Atemstillstands verzögert hat.
Achtung:
Die Kombination von Thiopental
und einem nicht depolarisierenden Muskelrelaxans führt zu einer sofortigen
Ausfällung. Ein Arzt sollte deshalb beide Medikamente niemals mit derselben
Spritze oder durch dieselbe Nadel verabreichen.
Tabelle 5-4: Sterbedauer nach
intravenöser Injektion in den Niederlanden (463 Fälle 1998-2000)
Erste Injektion: l,5g
Thiopental intravenös
126 Fälle, fast sofortiger
Tod durch Herzstillstand
12 Fälle, Todeseintritt
innerhalb von 5 Minuten, bevor die zweite Injektion (d. h. Pancuronium)
gegeben wurde
Zweite Injektion: 20 mg
Pancuronium intravenös
136 Fälle, Todeseintritt
nach 1-5 Minuten*
139 Fälle, Todeseintritt
nach 5-15 Minuten*
dto., intramuskulär
43 Fälle,
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