Wegweiser Nahrungsmittel-Intoleranzen
Histaminintoleranz zielt darauf ab, das Gleichgewicht von Histaminzufuhr und Histaminabbau wiederherzustellen. Das bedeutet, dass Histamin nicht unter allen Umständen gemieden werden muss. Man kann entweder
die Histaminzufuhr und die Histaminfreisetzung verringern oder
den Abbau des Histamins beschleunigen oder
die Histaminwir kung mit Medikamenten blockieren oder
die Histamin freisetzung mit Medikamenten blockieren.
Nicht alle Betroffenen sprechen auf jede Maßnahme gleich gut an, sodass jeder Betroffene »seine« Therapie am besten selber herausfindet. Manchmal ist auch eine Kombination von mehreren Maßnahmen notwendig, manchmal hilft leider gar nichts. Dann liegt möglicherweise eine Empfindlichkeit gegen andere biogene Aminen vor, wie zum Beispiel Tyramin, das sich typischerweise im Rotwein befindet. Bevor man mit einer der genannten Therapien beginnt, müssen Krankheiten, die zu einer vermehrten Histaminbildung oder Histaminfreisetzung führen (zum Beispiel Mastozytose, Allergien), durch einen Arzt ausgeschlossen werden.
ZUSATZINFO
Was sind biogene Amine?
Biogene Amine entstehen im Stoffwechsel aus Aminosäuren. Einige von ihnen haben wichtige Aufgaben als Gewebshormone oder Neurotransmitter (Botenstoffe im Nervensystem). Auch Histamin ist ein biogenes Amin.
Beispiele für biogene Amine
Aminosäuren
biogene Amine
Funktion oder Vorkommen
Tyrosin
Tyramin, Dopamin, Noradrenalin, Adrenalin
Neurotransmitter, Gewebshormone
Tryptophan
Tryptamin, Serotonin, Indolamin
Neurotransmitter, Gewebshormone, bakterielles Abbauprodukt
Histidin
Histamin
Neurotransmitter, Gewebshormon
Glutaminsäure
Gamma-Aminobuttersäure
Neurotransmitter
Lysin
Cadaverin
bakterielles Abbauprodukt
Verringern Sie die Histaminzufuhr
Histamin in der Nahrung geht meist auf bakterielle Verunreinigungen von Nahrungsmitteln zurück. Bakterien brauchen Eiweiß (Fisch, Fleisch, Käse etc.), um Histamin produzieren zu können. Jedes Eiweiß enthält unter anderem die Aminosäure Histidin, und aus dieser Substanz stellen die Bakterien das Histamin her. Histamin in Nahrungsmitteln ist so gesehen immer auch Ausdruck von Verderb. Denn je länger ein Fisch oder ein Steak bei Zimmertemperatur liegt, desto länger haben die darauf befindlichen Bakterien Zeit, Histamin zu bilden. Das ist auch der Grund, warum viele Menschen mit Histaminintoleranz so verzweifelt sind: Sie verstehen nicht, warum sie ein bestimmtes Nahrungsmittel manchmal nicht vertragen (zumBeispiel im Restaurant) und manchmal problemlos essen können (zum Beispiel frisch selbst zubereitet).
TIPP
Wann ist Thunfisch problematisch?
Thunfisch wird in den meisten Tabellen als stark histaminhaltiges Nahrungsmittel geführt. Doch es ist nicht der Thunfisch, der viel Histamin enthält, vielmehr hängt der Histamingehalt von der Fangart und der Art der Verarbeitung ab. Thunfisch wird normalerweise auf hoher See gefangen. Dabei sind die Fischkutter oft tagelang unterwegs, und der tote Fisch wird erst in der weiterverarbeitenden Fischfabrik von seinen Gedärmen befreit. Ist der Fisch in der Zwischenzeit nicht ausreichend gekühlt worden, haben die Bakterien tagelang Zeit, vom Darm in das Fischfleisch zu gelangen, dort das Muskeleiweiß zu zersetzen und dabei Histamin zu bilden. Histamin aber wird bei der weiteren Verarbeitung nicht entfernt und kann auch durch Kochen nicht zerstört werden, sodass es in der Konservendose erhalten bleibt, auch wenn die Bakterien in der Zwischenzeit schon längst abgetötet wurden.
Bei manchen Nahrungsmitteln gehört ein Reifungsprozess zum normalen Herstellungsprozess. So müssen Salamis und viele Käsesorten »reifen«, um den charakteristischen Geschmack zu erhalten. Solche Reifungsprozesse laufen ganz ähnlich ab wie der Verderb, sodass auch hier sehr viel Histamin gebildet werden kann, je nachdem welche Bakterien dazu verwendet werden. In gereiften Alkoholsorten, wie etwa Sekt, können so ebenfalls beträchtliche Histaminkonzentrationen entstehen. Manche Sekthersteller haben dies erkannt und versuchen, Histamin im Rahmen des Herstellungsprozesses aus dem Sekt zu entfernen.
ZUSATZINFO
Koscher und helal = histaminarm
Interessanterweise führen die Ernährungsregeln von Juden und Muslimen zu einer histaminarmen Ernährung. Die Bedeutung der Histaminreduktion dürfte den Menschen, die diese religiös begründeten Regeln befolgen, jedoch nicht bekannt sein.
Als man Lebensmittel noch nicht kühlen konnte, war es vor allem in warmen Regionen von überlebenswichtiger
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