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Wehe Dem, Der Boeses Tut

Wehe Dem, Der Boeses Tut

Titel: Wehe Dem, Der Boeses Tut Kostenlos Bücher Online Lesen
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flüsterte Kat und wich zurück.
    »Es tut mir leid. Himmel, Katherine, ich schwöre dir, ich würde dir nie wehtun …«
    Er machte einen Schritt auf sie zu, doch sie streckte abwehrend die Hand aus. »Bleib mir vom Leibe, Witt. Es ist mein Ernst.« Damit drehte sie sich um und rannte hinaus in die graue Dämmerung. Witt ließ die mächtigen Schultern sinken und lehnte sich gegen die Wand. Anklagend wandte er sich an seinen Sohn. »Da siehst du, was du angerichtet hast, Zach«, sagte er atemlos. Mit einem diabolischen Ausdruck in den Augen lockerte er seine Krawatte und griff an seine Gürtelschnalle. Zach erinnerte sich nur zu deutlich der Zeiten, als er mit dem Lederriemen gezüchtigt wurde. Nicht noch einmal. Er würde es nicht wieder erdulden wie damals mit acht Jahren, als er übers Bett gebeugt dastand und sich auf die Unterlippe biss, bis sie blutete, um nicht laut schreien zu müssen, während sein Vater ihn mit dem Leder verprügelte. Ausgeschlossen.
    »Geh jetzt und komm nie wieder …« Witt wurde plötzlich aschfahl, griff in seine Tasche, zog ein Tablettenröhrchen hervor und löste die Kappe. Er legte sich eine Tablette unter die Zunge. »Komm nie wieder hierher zurück.«
    »Bestimmt nicht«, versprach Zach und biss trotzig die Zähne zusammen. »Du siehst mich im Leben nicht wieder.«
    Witts blaue Augen waren kalt, seine Miene versteinert. »Das ist mir nur recht, Junge.« Er ging drohend einen Schritt auf Zach zu. »Falls ich allerdings herausfinden sollte, dass du irgendetwas mit der Entführung deiner Schwester zu tun hast, dann, das schwöre ich dir, werde ich dich persönlich zur Strecke bringen und dich mit bloßen Händen in Stücke reißen.«
    Zach taumelte zur Tür. Sein Kopf dröhnte, sein Kiefer schmerzte, und er funkelte den Mann, den er sein Leben lang Vater genannt hatte, böse an. Er musste fort. Auf der Stelle. So schnell und so weit wie möglich. Und falls er Witt Danvers noch einmal lebend wiedersah, dann bestimmt nicht in absehbarer Zeit.

Fünfter Teil
1993
     

11. Kapitel
    A dria erwachte von Bremsenquietschen und dem Dröhnen eines starken Motors – offenbar hielt draußen auf dem Parkplatz gerade ein Pick-up. Seufzend wälzte sie sich aus dem Bett und sah sich in ihrer schäbigen Unterkunft um. Es war wahrhaftig nicht das Ritz oder das Benson, geschweige denn das Danvers, doch es musste genügen.
    Die Leitungen waren verrostet, der Abfluss der Badewanne fleckig, aber sie verschloss die Augen vor den Unzulänglichkeiten des Riverview Motels und duschte rasch mit lauwarmem Wasser. Sie trocknete ihr Haar nur mit dem Handtuch und band es kurzerhand zu einem Pferdeschwanz. Auf Schminke verzichtete sie gänzlich – sie brauchte nicht strahlend schön zu sein, wenn sie den Tag in der Bibliothek, in der Redaktion des Oregonian und, wenn nötig, auf dem Polizeirevier von Portland verbrachte. Doch als sie einen Blick in den Spiegel warf, erinnerte sie sich an das Familienporträt, und ihr Herz schlug heftiger. Die ganze Nacht lang hatte sie sich im Bett herumgewälzt, hatte an das Bild gedacht und daran, wie eindringlich Zach Katherine angesehen hatte.
    »Völlig zerrüttet«, sagte sie zu sich selbst. »Die gesamte Familie. Und du willst dazugehören. Dummes, dummes Gör.«
    Nach einem Blick auf das Seidenkleid in der Schutzhülle zog sie ein Sweatshirt und abgetragene Jeans an und schlüpfte in ihre uralten Reeboks. Dann nahm sie ihre übergroße Handtasche, die gleichzeitig als Aktenkoffer diente, und verließ das Zimmer.
    Einer veralteten Straßenkarte folgend fuhr sie zum Mc-Donald's Drive-in, und während sie auf ihren Kaffee wartete, machte sie sich mit Portland vertraut.
    Der Fluss teilte die Stadt in zwei Hälften. Der östliche Teil erstreckte sich vom Ufer des Willamette in einem exakten Gittermuster, nur gelegentlich unterbrochen von vereinzelten gewundenen Straßen oder von einer Autobahn. Der Westen war weniger übersichtlich – zwar verliefen die Straßen auch hier im Prinzip von Norden nach Süden und von Osten nach Westen, doch sie waren älter, schmaler und weniger geradlinig, folgten stellenweise dem Verlauf des Willamette River oder schlängelten sich durch die Hügel, die steil vom Flussufer aufragten.
    Adria bezahlte ihren Kaffee, trank einen Schluck und fuhr stetig westwärts, zwischen niedrigen Bürogebäuden und Geschäften hindurch auf den Fluss und die Zwillingstürme des Convention Center zu. Unterwegs fragte sie sich, was ihre Halbbrüder und ihre

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