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Wehe Dem, Der Boeses Tut

Wehe Dem, Der Boeses Tut

Titel: Wehe Dem, Der Boeses Tut Kostenlos Bücher Online Lesen
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wurde. Immerhin war Witts Scheidung von seiner ersten Frau, Eunice, Gerüchten zufolge eine äußerst unschöne Angelegenheit gewesen. Es hatte eine ziemliche Schlammschlacht gegeben, ehe letztendlich Witt, mächtig wie immer, die Kinder zugesprochen bekam.
    Doch Adria konnte nicht anders, als sich selbst mit der zweiten Mrs Witt Danvers zu vergleichen. Sie war jetzt ebenso eine Außenstehende wie damals Katherine. Zum ersten Mal fühlte sich Adria der Frau verwandt, die vermutlich ihre Mutter war. Zugleich hegte sie allerdings den Verdacht, dass Zach ihr etwas verheimlichte, ein düsteres Geheimnis, das mit seiner Stiefmutter zu tun hatte. Wann immer das Gespräch auf Katherine LaRouche Danvers kam, verfiel er in grüblerisches Schweigen.
    Er fuhr und fuhr. Die Wolkenkratzer wichen niedrigeren Gebäudekomplexen, die Lichter wurden spärlicher, der Verkehr dünnte aus und irgendwann säumten statt der Bürogebäude nur noch Wohnhäuser die Straßen. Adria hätte gern mehr über Zachs Kindheit gewusst. Witt Danvers war ein machtbesessener, dominanter Mann gewesen. Seine erste Frau war schwach und seine zweite … Wie wenig wusste sie doch von der Frau, die Zachs Stiefmutter geworden war.
    »Inwiefern brachte Katherine Ärger?«, fragte sie, als Zach sich nicht weiter äußerte.
    »In schlimmster Form.« Tiefe Furchen erschienen zwischen Nasenflügel und Mundwinkel. Eine unausgesprochene Emotion – war es Schuldbewusstsein? – drängte für einen Moment an die Oberfläche.
    »Und das bedeutet?«
    »Das bedeutet, dass sie über Leichen ging. Wenn sie etwas wollte, dann setzte sie alles daran, es zu bekommen, und gab nicht auf, bis sie ihr Ziel erreicht hatte.«
    »Und was wollte sie?«
    Er zögerte, den Blick starr geradeaus gerichtet, und schien sich in einem Strudel düsterer Erinnerungen zu verlieren, einen inneren Kampf auszufechten. Die Sekunden verstrichen.
    »Was wollte Katherine?«, wiederholte Adria nach einiger Zeit. Die Straße wurde kurviger und führte nun steil in die Berge.
    Wieder bedachte er sie mit einem unverschämten Blick. Die Reifen quietschten auf der nassen Straße. »Alles.«
    Adria hatte das Gefühl, dass die Unterhaltung sich im Kreise drehte, aber immerhin sprach er mit ihr. Nach den langen Stunden in der Bibliothek, wo sie auf sich allein gestellt recherchierte, war jetzt endlich jemand da, der ihr – wenn auch widerwillig – Auskunft gab. Sie ermahnte sich, behutsam vorzugehen.
    »Und hat sie es bekommen?«, fragte sie. »Alles?«
    Er schnaubte verächtlich. »Weißt du das nicht?«
    »Nein, ich –«
    »Und das nach all den Stunden in der Bibliothek … Kat ist tot, Adria. Sie hat sich umgebracht. Ist von einem verdammten Balkon gesprungen.«
    Vor Verblüffung verschlug es ihr für einen Moment die Sprache. Die Temperatur im Jeep schien um zehn Grad zu sinken und sie fröstelte. »Ich dachte, es war ein Unfall«, flüsterte sie schließlich. »In den Zeitungsartikeln hieß es, sie habe versehentlich zu viele Schlaftabletten genommen – sei gestolpert …«
    »Es war kein Unfall.« Zach riss das Lenkrad herum und bog auf den gekiesten Parkplatz eines Lokals ein. »Kat hat sich das Leben genommen. Sie hat ein ganzes Röhrchen Schlaftabletten geschluckt, dazu eine halbe Flasche hochprozentigen Whiskey getrunken, dann ist sie auf den Balkon gegangen und gesprungen.«
    »Du weißt doch gar nicht –«
    Er bremste, schaltete den Motor aus, packte Adria unsanft an den Schultern und schüttelte sie leicht. »Sie hat Selbstmord begangen, Adria. In den Zeitungen wurde es beschönigt, aber Katherine Danvers war das Opfer ihrer eigenen Fantasiegebilde, ihrer eigenen Träume.«
    Seine Augen wurden schmal bei der Erinnerung, seine Nasenflügel blähten sich. Regen prasselte auf das Autodach, und wenn die Tür des Lokals geöffnet wurde, drang Musik herüber. Adria fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und sah zu ihm auf, zu diesem Mann, der möglicherweise ihr Halbbruder war.
    Sein Atem streifte warm ihr Gesicht, seine Hände waren stark und kräftig, seine Augen dunkel wie die Nacht. Adria spürte einen Kloß im Hals, doch sie vermochte den Blick nicht abzuwenden. Wie gebannt sah sie ihm in die Augen und wusste, dass er sie im nächsten Moment küssen würde. Ihr Herz krampfte sich zusammen. Ungewolltes Verlangen – ungehörig und wollüstig – ergriff von ihr Besitz.
    »Zum Teufel mit dir«, flüsterte er rau, und sein Gesicht war ihrem so nahe, dass sie das Begehren in seinen

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