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Wehe Dem, Der Gnade Sucht

Wehe Dem, Der Gnade Sucht

Titel: Wehe Dem, Der Gnade Sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. E. Lawrence
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Scharlatan, und das habe ich ihr auch gesagt …«
    »Wie hat sie darauf reagiert?«, wollte Lee wissen.
    »Sie war nicht gerade begeistert«, sagte Santiago und lachte bitter. »Sie meinte, ich hätte den Arsch … ich hätte keine Ahnung. Ana glaubte, sie hätte endlich jemanden gefunden, der ihr dabei helfen konnte, ihre Vergangenheit zu verstehen. Und ich sollte mich da bitte nicht einmischen. Also habe ich gesagt, okay, wenn du das wirklich machen willst, tu es. Erwarte nur nicht von mir, dass ich alles gut finde, was der Kerl von sich gibt. Ich halte den Typen wirklich für irre.«
    »Dr. Perkins?«, fragte Lee.
    »Ja, genauso heißt er. Warum, kennen Sie ihn?«
    »Nein«, sagte Lee. »Haben Sie ihn mal getroffen?«
    »Ich habe ihn gesehen, als ich Ana bei ihm abgeholt habe. Da stieg er gerade in sein Auto. Komischer Mensch.«
    »Inwiefern?«, wollte Butts wissen.
    Santiago zuckte die Schultern. »Weiß nicht, der wirkt einfach, als wäre er wirklich böse. Er ist groß und dürr und hat einen kleinen spitzen Kinnbart. Als wäre er der Teufel persönlich. Ich weiß, dass man Leute nicht nach ihrem Äußeren beurteilen soll, aber bei dem schüttelt es mich.«
    Butts schaute erst Lee an und dann wieder Santiago. »Dann haben Sie also nie mit ihm gesprochen?«
    »Nein. Das wollte ich erst, aber Ana meinte, ich würde damit das Vertrauensverhältnis zwischen Therapeut und Patient zerstören. Ich glaube, sie wollte diesen Perkins einfach nur in Schutz nehmen. Sie war wie verhext, was diesen Mann anging.«
    »Meinen Sie das wörtlich?«, fragte Butts.
    Santiago riss die Augen auf und erstarrte. »Oh Gott, Sie glauben doch wohl nicht … ich meine, der ist irre, aber glauben Sie, er könnte wirklich …«
    »Das ist sehr unwahrscheinlich«, versicherte Lee. »Wir sind der Auffassung, dass Ana das Opfer eines Täters wurde, der schon vorher gemordet hat.«
    »Tatsächlich? Also wissen Sie möglicherweise, wer sie umgebracht hat?«
    »Nein, wir haben noch keinen konkreten Verdächtigen«, antwortete Butts.
    Santiago sackte in sich zusammen, und sein Blick nahm wieder einen leeren Ausdruck an. »Vielleicht hätte ich das alles verhindern können. Ich fasse es einfach nicht. Wie konnte das ausgerechnet Ana passieren? Was hat sie denn jemals Böses getan?«
    »Sie hatten vorhin erwähnt, dass Ana sich verfolgt fühlte«, erinnerte Butts ihn. »Hat sie mal angedeutet, wer vielleicht dahintersteckt?«
    Santiago fuhr sich durch das lockige schwarze Haar. Es glänzte in der Nachmittagssonne, die durch die Fenster hereinfiel. Lee schaute hinaus. Draußen glitzerte das Wasser des Delaware.
    »Nein, eigentlich nicht. Sie hat nur mal erzählt, sie hätte irgendein altes Kindheitstrauma aufgedeckt. Ich glaube, der Psychologe hat Ana so beeinflusst, dass sie dachte, jemand aus ihrer Vergangenheit würde sie jetzt verfolgen.«
    »Und das haben Sie ihr nicht abgenommen?«, fragte Lee.
    »Nein, ich dachte, das läge alles an diesem bescheuerten Perkins, der ihr irgendwelchen Unsinn einredet. Und das geht ganz schnell bei Ana. Sie hat immer verzweifelt Antworten auf all ihre Fragen gesucht, und wenn sie dann auf jemanden gestoßen ist, der so tat, als wüsste er unheimlich Bescheid, war sie sofort begeistert. Nur leider hat sie sich leicht etwas vormachen lassen und wurde dann oft enttäuscht.« Traurig schüttelte Santiago den Kopf. »Ich habe versucht, sie zu beschützen, und ihr ständig gesagt, sie soll nicht so vertrauensselig sein und die Motive solcher Leute hinterfragen.«
    »Auch im Fall von Dr. Perkins?«, wollte Lee wissen.
    »Genau deshalb haben wir uns am Freitag gestritten – Ana war wütend auf mich, weil ich ihr nicht geglaubt habe«, flüsterte Santiago. »Denken Sie, sie wurde von ihrem Verfolger umgebracht? Ich meine, hat sie wirklich jemand verfolgt?«
    »Das ist durchaus möglich«, sagte Lee. »Aber selbst falls es wirklich so war, kann es sein, dass der Mord an ihr damit gar nichts zu tun hatte.«
    »Gott, ich könnte mir nie verzeihen, wenn das doch kein Hirngespinst von ihr war. Ich dachte, es wäre wieder eine dieser verrückten Sachen, die Dr. Perkins ihr einredet.«
    »Was sind denn das für Sachen?«, erkundigte sich Butts.
    »Ach, nur durchgedrehter Kram. Er glaubt an Wiedergeburt und diesen ganzen esoterischen Unsinn.« Santiago schnaufte verächtlich. »Damit bin ich durch, seitdem ich aus Kalifornien weggezogen bin. Ich kann es einfach nicht fassen, dass ich mir an der Ostküste diesen ganzen Mist

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