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Wehe Dem, Der Gnade Sucht

Wehe Dem, Der Gnade Sucht

Titel: Wehe Dem, Der Gnade Sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. E. Lawrence
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schweren Schritte seines Vaters auf der Treppe.
    Sein Herz hämmerte bis zum Hals, als die Schritte immer näher kamen. Hastig riss er sich das Kleid über den Kopf, warf es in den Schrank und stieg in seine Hose. Dabei spürte er noch immer den weichen Slip an seiner Haut. Ein zufriedenes Lächeln stahl sich auf sein Gesicht, als er hinausging auf den Flur. Jetzt hatte er ein Geheimnis, das nur ihm gehörte.

KAPITEL 20
    »Schau dir das hier mal an.« Chuck lehnte sich über seinen Schreibtisch und reichte Lee ein Blatt.
    Es schien die Kopie einer Seite aus einem Tagebuch zu sein. Die Schrift war schwungvoll, fast ein wenig narzisstisch.
    Muss ihn zur Rede stellen , stand da. Die Worte waren doppelt unterstrichen. Nur Mut – alles andere hat keinen Sinn .
    Lee sah Chuck an. »Anas Tagebuch?«
    »Lag in einem Geheimfach in ihrem Schreibtisch. Den Jungs, die ihr Haus beim ersten Mal durchsucht haben, ist das durchgerutscht, aber der Kollege aus Jersey, der im Haus Wache schiebt, hat sich gelangweilt und deshalb noch einmal alles abgesucht. Dabei hat er das Tagebuch entdeckt.«
    Lee sah in Gedanken vor sich, wie Officer Anderson akribisch das große Farmhaus durchkämmte.
    »Okay, und wo ist der Rest vom Tagebuch?«
    »Wird noch auf Fingerabdrücke überprüft.«
    »Damit könnte jeder gemeint sein«, stellte Lee fest.
    »Vielleicht meinte sie damit denjenigen, der sie sexuell missbraucht hat.«
    »Wenn sie denn wirklich missbraucht wurde.«
    »Glaubst du, das hat sie sich nur ausgedacht?«
    »Nicht unbedingt, kann auch sein, dass es ihr suggeriert wurde. Eine eingepflanzte falsche Erinnerung – durchaus denkbar.«
    »Teufel«, sagte Chuck. »Dann könnte die ganze Geschichte sich als Seifenblase erweisen?«
    »Ja. Es gibt viele bekannte Fälle, bei denen genau das passiert ist. Besonders wenn der Therapeut den Patienten auch noch in diese Richtung drängt. Es ist wie bei erzwungenen Geständnissen. Wenn man einen Menschen hart genug angeht, gibt er fast alles zu.«
    »Na großartig«, sagte Chuck. »Also möglicherweise eine falsche Spur?«
    »Das fürchte ich fast. Falls wir keine stichhaltigen Beweise für die Geschichte finden, führt sie ins Nichts.« Er legte die Fotokopie wieder auf den Schreibtisch. »Wann kommen die beiden anderen?«
    »Die müssten jede Minute hier sein. Du warst früh dran.«
    Lee runzelte die Stirn. »Ich dachte, wir treffen uns um zwei.«
    »Halb drei.«
    »Okay«. Er ließ sich auf einen der Stühle sinken.
    Es klopfte und gleich darauf öffnete sich die Tür. Herein kam Elena Krieger. Sie musterte Lee misstrauisch.
    »Wie lange sind Sie schon da?«
    »Gerade reingekommen.«
    Krieger schaute sich nach einem Stuhl um. Heute trug sie eine enge graue Hose und ein Strickoberteil mit V-Ausschnitt. Sie sah darin nicht nur chic, sondern auch sehr sportlich aus. Sie nahm auf einem der Stühle Platz, wobei ihr Oberteil heruntergezogen wurde. Lee versuchte, nicht auf ihre Brüste zu starren.
    »Na dann«, sagte sie zu Chuck. »Was gibt es?«
    In dem Moment flog die Tür auf und ein schwer atmender Butts erschien.
    »Tschuldigung«, quetschte er heraus. »Verdammter Stau. Komm ich zu spät?«
    »Nein«, sagte Chuck. »Absolut pünktlich.«
    Butts zog eine zerdrückte Papiertüte aus der Tasche und warf sie auf den Schreibtisch. »Bedient euch, hat meine Schwägerin zur Beerdigung gebacken.« Butts’ Blick blieb an Elenas Ausschnitt hängen.
    Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Wollen wir dann endlich mit der Arbeit anfangen?«
    Chuck hielt das Blatt mit dem Tagebucheintrag hoch. Bevor er noch etwas sagen konnte, hatte Elena es sich geschnappt.
    »Stammt das aus Anas Tagebuch?«, fragte sie.
    Chuck nickte.
    Krieger hielt das Blatt in die Höhe. »Das könnte sich auf ihren Verfolger beziehen.«
    »Jedenfalls sofern sie sich das nicht alles nur ausgedacht hat«, entgegnete Lee.
    »Wieso hätte sie das tun sollen?«, wollte sie wissen.
    Lee erklärte ihr, dass er früher Anas Therapeut gewesen war und sie eine narzisstische Störung hatte. »Zumindest ist die Möglichkeit nicht auszuschließen. Vielleicht hat Ana das auch in ihr Tagebuch geschrieben, damit ihr Freund es findet und liest.«
    »Sie sind also der Meinung, dass diese Ana sich so verzweifelt nach Aufmerksamkeit gesehnt hat, dass sie sich die ganze Verfolgung nur ausgedacht hat?«, fragte Krieger stirnrunzelnd.
    »Ja, das vermute ich zumindest«, antwortete Lee. »Sicher bin ich allerdings nicht.«
    »Und wessen Aufmerksamkeit

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