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Wehe Dem, Der Gnade Sucht

Wehe Dem, Der Gnade Sucht

Titel: Wehe Dem, Der Gnade Sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. E. Lawrence
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Mensch«, bemerkte Chuck und sah ihm hinterher. »Er ist immer zur Stelle, wenn man gerade etwas braucht. Schon fast unheimlich.«
    »Stimmt«, sagte Lee. »Was wolltest du mir denn nun zeigen?«
    »Das hier.« Chuck drückte seinem Freund die Papiere in die Hand.
    Es war das Verhaftungsprotokoll eines gewissen George Favreau – ein Spanner, den man dabei erwischt hatte, wie er Frauenunterwäsche von der Leine stahl.
    »Könnte das unser Täter sein?«, fragte Chuck.
    Lee studierte das Protokoll. Favreaus Geschichte las sich eher wie eine Komödie mit Ben Stiller und nicht wie die eines Serienmörders.
    Wie aus dem Protokoll hervorging, trieb Favreau sein Unwesen in New Jersey. Als er bei einem seiner Diebstähle die Sprinkleranlage im Garten ausgelöst hatte, erschreckte er sich dermaßen, dass er stolperte und sich den Knöchel verstauchte. Die Hausbesitzer hatten den Schmerzgepeinigten auf dem Rasen entdeckt und die Polizei gerufen. Mit einer 45er am Kopf wurde er abgeführt. Favreau war so in Panik, dass er sich nass machte. Zu allem Überfluss wurden auch noch mehrere frisch gewaschene Damenunterhosen in seiner Tasche gefunden, die noch immer ganz feucht waren. Man erwirkte einen Durchsuchungsbeschluss und entdeckte in seiner Wohnung fein säuberlich gefaltete Unterwäsche, die von diversen Leinen in der Umgebung gestohlen worden war.
    Lee gab Chuck das Protokoll zurück. »Kann nicht schaden, ihn mal zu befragen.«
    »Du glaubst also nicht, dass er unser Mann ist?«
    »Nein, eher nicht.«
    Chuck wirkte enttäuscht. Es klopfte an.
    »Ja!«, rief er. Ruggles schaute herein. »Detective Butts und Detective Krieger sind hier, Sir.«
    »Schicken Sie sie rein«, sagte Morton.
    Chuck und Lee schauten sich an und beide dachten wohl dasselbe: Zumindest hatten die beiden sich nicht auf dem Flur gegenseitig umgebracht.

KAPITEL 23
    Chuck Morton schenkte sich einen Kaffee aus der Kanne auf dem Fensterbrett ein. Eine dicke schwarze Fliege flog halbherzig gegen die Scheibe, weil sie wohl hinaus in die schwüle Augustluft fliehen wollte. Das Wetter war drückend.
    »Okay, was können wir also über diesen Kerl sagen?«, fragte Chuck und ließ sich auf seinen Stuhl sinken. Er war jetzt schon nervös, und Kaffee war da eigentlich nicht das Richtige. Das war ihm aber im Moment egal. Butts saß so weit entfernt von Elena Krieger wie möglich. Lee Campbell lehnte am Türrahmen. Chuck musterte seinen Freund. Er wirkte erschöpft und war ganz grau im Gesicht.
    »Einige Details deuten auf eine gestörte Geschlechtsidentität hin«, sagte Lee.
    »Können Sie das auch so ausdrücken, dass ich es verstehe?«, bat Butts und kratzte sich am Ohr. Seine Ohren waren groß mit langen Ohrläppchen. Sie erinnerten Chuck an seinen Beagle Charlie, den er als Kind gehabt hatte.
    »Er tötet Männer und Frauen«, stellte Lee fest. »Und da es sich wahrscheinlich um sexuell motivierte Taten handelt, würde das entweder bedeuten, dass er sich zu beiden Geschlechtern hingezogen fühlt oder aber nicht sicher ist, wo er sich selbst einordnet – Mann oder Frau.«
    »Woher wollen Sie wissen, dass es sexuell motivierte Morde sind?«, fragte Krieger skeptisch.
    »Dass die Leichen alle im Wasser schwammen, ist in seinem Fall eine Art Verstümmelung der Toten, und die ist fast immer sexuell motiviert«, erklärte Lee.
    »Also ein richtig kranker Scheißkerl«, sagte Butts.
    »Suchen wir also nach einem Mann … der auffallend weiblich ist?«, wollte Krieger wissen.
    »Nicht notwendigerweise«, sagte Lee. »Es kann sich auch um einen inneren Konflikt handeln, obwohl der Täter nach außen vollkommen unauffällig wirkt.«
    »Nur damit ich es richtig verstehe«, schaltete sich Morton ein. »Reden wir über jemanden, der bisexuell ist?«
    »So einfach ist es nicht«, antwortete Lee. »Ich würde sagen, er ist überwiegend heterosexuell, zeigt aber auch eine gewisse feminine Geschlechtsidentifikation.«
    Butts runzelte die Stirn. »Also ein Transsexueller?«
    »Gut möglich«, bestätigte Lee. »Oder auch ein Transvestit. Es gibt eine Menge Männer, die zwar gern Frauenkleidung tragen, sich aber gleichzeitig fast oder tatsächlich ausschließlich zu Frauen hingezogen fühlen.«
    Butts lehnte sich nach vorn, stützte die Ellbogen auf die Knie und runzelte heftig die Stirn. »Dann ist der Kerl hetero, rennt aber gern in Frauenklammotten rum?«
    »Das ist zumindest eine der denkbaren Möglichkeiten.«
    »Gut, das gibt uns einen Anhaltspunkt – worauf warten wir

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