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Wehe Dem, Der Gnade Sucht

Wehe Dem, Der Gnade Sucht

Titel: Wehe Dem, Der Gnade Sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. E. Lawrence
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ihr den Schweiß auf die Stirn. Elena versuchte, sich mit einem Gutenachtgebet aus ihrer Kindheit zu beruhigen, das ihr ihre Mutter beigebracht hatte: Lieber Gott, mach mich fromm, dass ich in den Himmel komm. Besonders der letzte Teil schien der Situation angemessen. Eine einzelne Träne lief ihr über die linke Wange und tropfte auf den kalten Steinboden. Jetzt weinte sie auch noch, was für eine Schande!
    Im Stockwerk über ihr hörte sie Schritte. Es folgte das Quietschen einer sich öffnenden Tür. Verzweifelt versuchte Elena, ihre Fesseln zu zerreißen, aber es war sinnlos. Ein rasselndes Geräusch war zu hören, dann wurde es unter der Tür hell. Jemand hatte das Licht angeschaltet, wahrscheinlich oben am Treppenaufgang. Als sie Schritte die Treppe herunterkommen hörte, hielt sie die Luft an. Irgendetwas polterte auf die Stufen. Es folgte ein leiser Fluch. Offensichtlich war etwas heruntergefallen – möglicherweise eine Taschenlampe oder auch etwas weniger Harmloses.
    Die schwere Holztür gegenüber schwang auf und eine Gestalt wurde sichtbar, von der sie im Gegenlicht nur die Silhouette erkennen konnte. Elena versuchte blinzelnd, das Gesicht der Gestalt zu erkennen.
    »Hallo«, sagte eine überraschend sanfte Stimme. Die Gestalt betrat den Raum, schaltete die Deckenlampe an und nun konnte Elena das Gesicht deutlich erkennen. Letzte Nacht hatte sie den Fahrer der Limousine nicht gut sehen können, aber sie war sich sicher, dass es dieser Mann gewesen war. Er hatte feine Gesichtszüge, nicht übermäßig schön aber … hübsch. Genau, das war er: hübsch. Es kam ihr vor, als hätte sie ihn schon einmal irgendwo getroffen, aber sie konnte sich nicht genau erinnern. Er beugte sich zu ihr herunter und entfernte den Knebel.
    »Was wollen Sie von mir?«, fragte sie mit belegter Stimme.
    »Ich bin hier, um es dir ein bisschen angenehmer zu machen«, sagte er und hielt ihr eine Wasserflasche hin.
    Krieger warf einen begehrlichen Blick darauf. Aber sie schüttelte den Kopf. Obwohl sie so durstig war, wollte sie kein Risiko eingehen.
    »Keine Angst – es sind keine Betäubungsmittel drin«, versicherte er lächelnd. »Das ist nicht mehr notwendig.«
    Sie gab keine Antwort.
    »Siehst du? Der Verschluss wurde noch nicht geöffnet.« Er hielt ihr die Flasche vors Gesicht. »Weißt du was? Ich trinke zuerst davon, okay?« Er öffnete die Flasche, nahm einen tiefen Schluck und hielt sie dann seiner Gefangenen hin.
    Kriegers Hals brannte vor Trockenheit.
    »Na komm schon«, ermutigte er sie und hielt ihr den Flaschenhals an die Lippen. Sie beugte sich vor und trank, saugte das herrliche Wasser förmlich in sich hinein, bis die Flasche leer war.
    »Geht doch. War gar nicht so schwer, oder?«, plauderte er. »Ich bin an sich kein übler Bursche – das wirst du noch feststellen.«
    »Werden Sie mich töten?«
    Er sah sie an, als müsste er erst überlegen.
    »Jedenfalls nicht sofort«, antwortete er. »Ich mag dich. Natürlich nicht so sehr wie Matt dich mochte, aber Matt ist ja auch ein Flittchen.«
    Matt… Matt? Wo hatte sie diesen Namen schon gehört? Und dann fiel es ihr ein: Matt war der junge Mann aus der Bar. Elena musterte ihren Entführer. Plötzlich wurde ihr klar, dass er der junge Transvestit war, der auf sie losgegangen war, weil sie mit Matt geflirtet hatte! Der Mörder ist also tatsächlich ein Transvestit, dachte sie.
    »Um es kurz zu machen, ich habe noch keine Ahnung, was ich mit dir anstellen will«, erklärte er. »Ich hatte ja nicht einmal vor, mir dich zu schnappen. Ich war auf dem Nachhauseweg, fuhr die Sixth Avenue entlang – und da hab ich dich auf einmal gesehen. Kam mir vor wie ein Wink des Schicksals.«
    »Ich bin Polizistin«, platzte es aus ihr heraus.
    Er sah sie mit einem mitleidigen Blick an.
    »Wie schade. Jetzt muss ich dich auf alle Fälle umbringen.«
    Er machte einen Schritt auf sie zu.
    Vor Kriegers Augen wallte ein schwarzer Nebel auf, aber sie kämpfte die Panik nieder. »Nein – warten Sie!«
    Er hielt inne und sah sie an. »Was ist?«
    »Wenn man meine Leiche findet, sind Sie erledigt.«
    Er lachte leise. »Ich bin deinen Kollegen bisher nicht ins Netz gegangen. Glaubst du, dass du so etwas Besonderes bist?«
    »Nein, Sie missverstehen mich«, sagte sie und versuchte, sich ihre Angst nicht anmerken zu lassen. »Es gibt eine kleine Spezialeinheit, die Ihnen auf der Spur ist. Wenn Sie eine Polizistin töten, holen sie …«
    »… die Nationalgarde?« Er schnaubte verächtlich.

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